Verkehrsrecht / Autorecht

Ordnungswidrigkeiten/Verkehrsstraftaten

Trunkenheit/Drogen im Straßenverkehr

Alkoholmessungen mit dem Atemmessgerät Alcotest 7110 Evidential – das am häufigsten verwendete Gerät – können fehlerhaft sein; die Messgenauigkeit hängt u.a. davon ab, mit welcher Software das Gerät arbeitet.

– Eine wichtige Entscheidung zur Atemalkoholmessung hat nunmehr der BGH getroffen: Der bei einer Atemalkoholmessung gewonnene Messwert ist ohne Sicherheitsabschläge verwertbar, wenn das Atemalkoholmessgerät die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat, es unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind (BGH, Beschluss vom 03.04.2001 – 4 StR 507/00).

– Bei der mit dem Messgerät Alkotest 7110 Evidential der Fa. Dräger durchgeführten Atemalkoholanalyse handelt es sich um ein standardisiertes beweiskräftiges Messverfahren , bei dessen Anwendung die Mitteilung des Messverfahrens und des Messergebnisses in den Urteilsgründen genügt (KG, Beschluss vom 29.01.2001 – 2 Ss 183/00 – in: NZV 20011, 388).

Atemalkoholgeräte für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs müssen geeicht sein; die Gültigkeitsdauer der Eichung beträgt ein halbes Jahr (KG, Beschluss vom 16. 1.2001 – 2 Ss 249/01 – 3 Ws (B) 569/01 -, in: NZV 2002, 471).

– Das Führen eines Kraftfahrzeugs im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit lässt in der Regel eine bedenkliche Charakterschwäche erkennen, die den Schluss auf die Gefahr weiterer Verkehrsstraftaten rechtfertigt. Kann nach den Umständen des Einzelfalls ein solcher Schluss nicht gezogen werden, so ist von der Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen ( LG Potsdam, Beschluss vom 14.03.201 – 24 Qs 40/01 -, in: NZV 2001, 360).

Keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn die Blutalkoholbestimmung die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 ‰) nicht erreicht hat und kein dringender Verdacht besteht, dass der Unfall durch einen alkoholbedingten Fahrfehler des Beschuldigten (mit-)verursacht wurde (LG Kaiserslautern, Beschluss vom 20.09.2001 – 8 Qs 9/01).

– Bei einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 24 a StVG auf Grund einer Atemalkoholmessung muss den getroffenen tatrichterlichen Feststellungen ggf. auch hinreichend deutlich zu entnehmen sein, dass der Zeitablauf seit Trinkende mindestens 20 Minuten betragen hat (OLG Hamm, Beschluss vom 03.06.2002 – 2 Ss Owi 316/02 -, in: NZV 2002, 414).

– Auf eine vorsätzlich begangene Trunkenheitsfahrt kann nicht bereits aus einer hohen Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit geschlossen werden (OLG Hamm, Beschluss vom 05.08.2002 – 2 Ss Owi 498/02 -, in: NZV 2003, 47).

– Die Ahndung einer Verkehrsordnungswidrigkeit gem. § 24 a Abs. 2 StVG setzt voraus, dass der Nachweis durch eine Blutuntersuchung geführt wird (OLG Hamm, Beschluss vom 09.05.2000 – 5 Ss Owi 137/2000 -, in: NZV 2001, 484).

– Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung (BGH, Urteil vom 17.08.2004 – 5 StR 93/04 -).

– Die Nichteinhaltung der „Wartezeit“ von (mindestens) 20 Minuten zwischen (gesichertem) Trinkende und der Durchführung der Atemalkoholmessung hat grundsätzlich die Nichtverwertbarkeit des Ergebnisses zur Folge (BayObLG, Beschluss vom 02.11.2004 – 2 ObOWi 471/04 – , in: NZV 2005, 53).

– Ist bei einer Atemalkoholmessung die Kontrollzeit von mindestens 10 Minuten, bei der es sich gegenüber der 20-minütigen Wartezeit seit Trinkende um das wesentliche bedeutendere Kriterium handelt, eingehalten worden, kann die ermittelte Messung ohne Sicherheitsabschläge zur Feststellung der zur Tatzeit vorliegenden Atemalkoholkonzentration zu Grunde gelegt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 23.08.2004 – 2 Ss 357/04 -, in: NZV 2005, 109).

Auf vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr kann in der Regel nicht bereits aus einer hohen Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit geschlossen werden (OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2004 – 2 Ss 178/04 – , in: NZV 2005, 161).

– 1. Die von polizeilichen Angaben abweichende Einlassung eines Betroffenen in der Hauptverhandlung, kurz vor Fahrtantritt noch Alkohol getrunken zu haben, kann nicht ohne nähere Auseinandersetzung hiermit als bloße Schutzbehauptung angesehen werden. 2. Wird die Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und Beginn der ersten Atemalkoholmessung nicht eingehalten, so kann bei deutlicher Überschreitung (hier: 20 %) des Gefahrengrenzwertes des § 24 a I StVG von 0,25 mg/l durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden, ob die mit der Nichteinhaltung verbundenen Schwankungen der Messwerte durch einen Sicherheitszuschlag ausgeglichen werden können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.05.2006 – 1 Ss 32/06 -, in: NJW 2006, 1988; NZV 2006, 438).

– 1. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft lässt sich allein durch die Messtechnik des Atemalkoholmessgeräts Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III im Grenzwertbereich von 0,25 mg/l eine i.S. von § 24 a I StVG entscheidungserhebliche Beeinflussung durch Hypoventilation (Luftanhalten vor Atmung) nicht sicher ausschließen (insoweit abweichend von BayObLG, BayObLGSt 2000, 51 [59] = NZV 2000, 295 [298]). 2. Ob die behauptete Hypoventilation als zutreffend oder als Schutzbehauptung angesehen wird, obliegt der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung etwaiger Besonderheiten des Messvorgangs (Atemtemperatur, Atemvolumen, Expirationsdauer, Atemfluss) und der einzelnen Messergebnisse (OLG Bamberg. Beschluss vom 12.12.2005 – 2 Ss OWi 319/05 -, in: NJW 2006, 2197, NZV 2006, 490).

– 1. Bei Fehlen der charakterlichen Zuverlässigkeit des Angeklagten kommt eine Ausnahme gem. § 69 II StGB in der Regel nicht in Betracht, namentlich nicht für solche Fahrzeuge, deren Führen wegen der von ihnen ausgehenden höheren Betriebsgefahr ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein erfordert. 2. Besondere Umstände i.S. des § 69 a StGB liegen aber vor, wenn es sich um eine erstmalige Trunkenheitsfahrt eines bisher verkehrsrechtlich unbelasteten Berufskraftfahrers mit seinem Privatfahrzeug handelt, bei dem die Wahrscheinlichkeit einer Trunkenheitsfahrt mit seinem Dienstfahrzeug als äußerst gering zu veranschlagen ist (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 25.10.2006 – 920 Cs – 213 Js 23993/06 -, in: NJW 2007, 312; NZV 2007, 159; NZV 2007, 264).

– Eine kurze Fahrtunterbrechung von 5 bis 10 Minuten unterbricht eine einheitliche Trunkenheitsfahrt jedenfalls dann nicht, wenn der Täter von Anfang an vorhatte, nach der Unterbrechung seine Fahrt zu Ende zu führen. Dies gilt auch dann, wenn der Täter sein Fahrzeug während der Fahrtunterbrechung verlässt (AG Lüdinghausen, Urteil vom 22.05.2007 – 16 Cs 82 Js 9045/06 – 70/07 -, in: NZV 2007, 485).

Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls in objektiver und subjektiver Hinsicht kann bereits dann vorliegen, wenn der Versicherungsnehmer 5 Stunden nach Trinkende mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,65 %o mit seinem PKW von der Fahrbahn abkommt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.02.2002 – 19 U 167/01 -, in: NZV 2002, 227).

– Ein Fußgänger, der mit 1,8 Promille unterwegs ist und in einen Unfall verwickelt wird, setzt seinen Unfallversicherungsschutz aufs Spiel. Existieren nämlich Anzeichen für eine erhebliche Bewusstseinstörung, wird die Versicherung von ihrer Einstandspflicht frei (OLG Hamm, Urteil vom 02.10.2002 – 20 U 140/01 -).

Alkoholabhängige sind zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Von der Wiedererlangung ihrer Kraftfahreignung kann grundsätzlich erst nach einjähriger Alkoholabstinenz ausgegangen werden (Verwaltungsgericht Mainz – 3 L 1076/04 -).

– 1. Die summengemäße auf 10.000,00 DM begrenzte Leistungsfreiheit des Kfz-Haftpflichtversicherers im Verhältnis zu dem Fahrer, der im Zustand der Trunkenheit einen Unfall verursacht hat und bei dem der Versicherer Rückgriff nehmen will, setzt keine Kündigung des Versicherungsvertrags nach § 6 I 3 VVG voraus. 2. Beim Zusammentreffen von Obliegenheitsverletzungen vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls – durch eine unfallursächliche Trunkenheitsfahrt und durch Unfallflucht – sind die Leistungsfreiheitsbeträge gem. § 2b Abs. 1 lit. e, Abs. 2 und § 7 I Abs. 2, V Abs. 2 AKB zusammenzurechnen. 3. Zur Frage, ob Unfallflucht ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit i. S. von § 6 III KfzPflVV ist mit der Folge einer über 5.000,00 DM hinausgehenden Leistungsfreiheit bis zu 10.000,00 DM (im konkreten Fall verneint) (OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2003 – 4 U 71/03 – , in: NZV 2005, 153).

– 1. Nach Nr. 8.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist die gefestigte Änderung des Trinkverhaltens dann Voraussetzung zur Wiedererlangung der Kraftfahreignung, wenn der Kraftfahrer bereits (Alkohol-)Missbrauch begangen hat. 2. Da nach Nr. 8.1 der Anlage 4 „Missbrauch“ (nur) vorliegt, „wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann“, kann von einem Kraftfahrer, der durch eine Alkoholfahrt mit einem Fahrrad Anlass zu Eignungszweifeln i.S.v. § 13 Nr. 2 Buchst. c FeV gegeben hat, nicht schon aufgrund seiner übermäßigen Alkoholgewöhnung die Änderung seines Trinkverhaltens verlangt. 3. In einem solchen Fall hat der Gutachter in dem von der Behörde anzufordernden medizinisch-psychologischen Gutachten anhand der Verkehrsvorgeschichte und den Alkoholkonsumgewohnheiten des Kraftfahrers zu überprüfen, ob über die bloße Alkoholgewöhnung hinaus Umstände dafür ersichtlich sind, der Kraftfahrer werde künftig mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch mit einem Kraftfahrzeug im Straßenverkehr versagen. 4. Eine gesteigerte Alkoholgewöhnung schließt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände die Kraftfahreignung nur aus, wenn sie den Grad der „Alkoholabhängigkeit“ (Nr. 8.3 der Anlage 4) erreicht (VG Potsdam, Beschluss vom 08.07.2005 – 10 L 279/05 -, in: NZV 2006, 331, NJW 2006, 2793).

– 1. Zur Klärung von Eignungszweifeln hat die Fahrerlaubnisbehörde bei Führen eines Fahrzeuges mit 1,6 Promille oder mehr auch dann zwingend die Einholung eines MPU-Gutachtens anzufordern, wenn die Alkoholfahrt mit einem Fahrrad erfolgt. 2. Das Vorliegen von 1,62 Promille bei der Alkoholfahrt stellt keinen besonderen entlastenden Umstand dar. Feststellungen, damit sei die „unterste Grenze … lediglich .. nur knapp“ überschritten, relativieren in unzulässiger Weise die von der Fahrerlaubsnisverordnung aufgegriffenen gesicherten Kenntnisse der Alkoholforschung. 3. Der sog. „Herrentag“ bzw. eine „Herrentagsfeier“ ist kein hinreichendes, gutachterlich zu berücksichtigendes Trinkmotiv (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01.02.2006 – 1 M 124/05 -, in: NZV 2007, 53).

– Die Schadensersatzverbindlichkeiten desjenigen, der vorsätzlich im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt hat, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet hat, sind von der Restschuldbefreiung nicht ausgenommen (BGH, Urteil vom 21.06.2007 – IX ZR 29/06 -, in: NZV-aktuell 8/2007, IV).

– 1. Wird gegenüber dem Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt nach § 24 a I StVG geltend gemacht, dass ein in einer Zahnfleischtasche verbliebener Rest eines Hustenlösers das Ergebnis der zweiten Messung mit dem Gerät Dräger 7110 Evidential verfälscht haben könnte, kann sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens aufdrängen. 2. Die Einhaltung der Kontrollzeit von 10 Minuten vor Beginn der Messung, Während derer der Proband keinerlei Substanzen zu sich nehmen darf, ist erforderlich, um Verfälschungen des Messergebnisses durch evtl. vorhandenen Restalkohol oder andere Restsubstanzen im Mund auszuschließen (OLG Hamm, Beschluss vom 24.01.2008 – 2 Ss OWi 37/08 -; in: NZV-aktuell 4/2008, VI; NZV 2008, 260).

– Hat ein Fahrerlaubnisinhaber als Radfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen, darf die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug in fahruntüchtigen Zustand führen wird. Wurde in dem medizinisch-psychologischen Gutachten beim Betroffenen ein chronisch überhöhter Alkoholgenuss und eine damit einhergehende Unfähigkeit zu einer realistischen Einschätzung der bei einer Teilnahme am Straßenverkehr drohenden Gefahren festgestellt, setzt die Bejahung der Kraftfahreignung regelmäßig eine gefestigte Änderung seines Trinkverhaltens voraus (BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 – 3 C 32/07 -; in: NJW-aktuell 24/2008, XII und NJW 2008, 2601).

– 1. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft kann ein allgemein gesicherter Grenzwert, ab dem Drogenkonsum die Annahme absoluter Fahruntüchtigkeit rechtfertigt, nicht begründet werden. Bei einem Alkoholwert unter 1,1 %o ergibt auch eine Addition des Alkohol- und des Drogenwerts keine absolute Fahruntüchtigkeit. 2. Ein Leistungsausschluss nach § 2 I (1) Abs. 1 AUB 94 kommt somit nur in Betracht, wenn Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler festgestellt werden können

– Wer unter Missachtung der im Beipackzettel enthaltenen Warnhinweise hochdosiert ein Medikament zur Gewichtsabnahme (so genannter Appetitzügler) einnimmt und zeitlich große Mengen koffeinhaltiger Getränke wie Kaffee und/oder Cola konsumiert, macht sich wegen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB strafbar, wenn er trotz Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit durch das Eintreten der im Beipackzettel beschriebenen Nebenwirkungen wie Konzentrationsstörungen und Veränderung des Reaktionsvermögens als Führer eines Kraftfahrzeuges am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt (LG Freiburg, Urteil vom 02.08.2006 – 7 Ns 550 Js 179/05 – AK 38/06 -, in: NZV 2007, 378).

– Der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit beim Fahrer eines Elektrorollstuhls ist entsprechend dem Grenzwert bei einem Fahrradfahrer zu bestimmen. Auch gegenüber dem Fahrer eines Elektrorollstuhls kann ein Fahrverbot verhängt werden, jedoch nur dann, wenn er in der Lage ist, sich mit einem handbetriebenen Rollstuhl fortzubewegen (AG Löbau, Urteil vom 07.06.2007 – 5 Ds 430 Js 17736/06 -, in: NJW-aktuell 1-2/2008, XII; NJW 2008, 530; NZV 2008, 370).

– 1. Aus dem Umstand, dass sich ein Kraftfahrer bis zur absoluten Fahruntüchtigkeit betrinkt, kann darauf geschlossen werden, dass er seine Fahruntüchtigkeit billigend in Kauf nimmt. 2. Liegt zwischen Trinkende und Fahrt eine nicht unerhebliche Zeit bedarf die Annahme eines Vorsatzes dagegen einer sorgfältigen Prüfung und Begründung, weil die Wirkung des Restalkohols von Betroffenen häufig verkannt wird. 3. Die aus Vorverurteilung resultierende Warnwirkung ermöglicht nur dann einen Schluss auf vorsätzliches Handeln, wenn der aktuelle Sachverhalt mit dem früheren vergleichbar ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 27.02.2008 – 2 Ss 23/08 -; in: NZV-aktuell 5/2008, VI; NZV 2008, 304).

– Ein Angeklagter, der zum Zeitpunkt der Tat 2,12 Promille Alkohol im Blut hatte und damit fahruntüchtig war, muss trotz der Verwirklichung des Regelbeispieles des § 69 Abs. 2 Ziff. 2 StGB zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mit der erforderlichen Gewissheit als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sein. Im Rahmen der Gefahrenprognose ist insbesondere der Umstand zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits vor der gerichtlichen Entscheidung begonnen hat, regelmäßig an einer verkehrstherapeutischen Rehabilitationsmaßnahme bei der IVT-Hö teilzunehmen (AG Düsseldorf, Urteil vom 31.08.2007 – 113 Cs-110 Js 2148/07-(501/07) -).

– Einem Angeklagten darf nicht zum Nachteil gereichen, dass er die Tat bestreitet, weil er Zweifel an der festgestellten Blutalkoholkonzentration hat und infolge dessen auch keine Schuldeinsicht zeigt (OLG Koblenz, Urteil vom 19.12.2007 – 1 Ss 339/07 -; in: NZV-aktuell 6/2008, VI).

– 1. Ein Kraftfahrer, der Kokain konsumiert hat, ist im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, solange er nicht den Nachweis seiner Entgiftung und Entwöhnung durch mindestens einjährige Drogenabstinenz erbracht hat. 2. Anlass, von dieser Grundregel eine Ausnahme zuzulassen, wird nur dann bestehen, wenn es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nahe liegt, dass bereits eine kürzere Dauer der Drogenabstinenz ausreichen wird, um den Betroffenen zu entgiften und zu entwöhnen (hier verneint) (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.05.2002 – 10 S 2699/01 -, in: NZV 2003, 56).

– Der Konsum von harten Drogen führt nicht zwangsläufig zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und damit nicht immer zum sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis (OVG Brandenburg, Beschluss vom 22.07.2004 – 4 B 37/04 – , in: SVR 2004, 437).

– Zwischen dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln (§ 29 I 1 Nr. 3 BtMG) und der zeitgleich begangenen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung von berauschenden Mitteln (§ 24a II StVG) besteht verfahrensrechtlich keine Tatidentität i. S. d. § 264 StPO, wenn das Mitsichführen der Betäubungsmittel im Kraftfahrzeug in keinem inneren Beziehungs- bzw. Bedingungszusammenhang mit dem Fahrvorgang steht (BGH, Beschluss vom 27.04.2004 – 1 StR 466/03 – , in: NZV 2005, 52).

– 1. Relative Fahruntüchtigkeit liegt nach dem Konsum von Betäubungsmitteln erst vor, wenn Umstände erkennbar sind, die über die allgemeine Drogenwirkung hinaus den sicheren Schluss zulassen, dass der Konsument in der konkreten Verkehrssituation fahrunsicher gewesen ist. 2. Die Anforderung an Art und Ausmaß drogenbedingter Ausfallerscheinungen sind umso geringer, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration ist. 3. Bei einem hohen Wirkstoffwert kann ein einzelnes weiteres Beweisanzeichen zur Feststellung der relativen Fahruntüchtigkeit genügen. In diesem Fall sind aber hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit der festgestellten Ausfallerscheinung zu stellen. Auch muss die Ausfallerscheinung so gravierend sein, dass ein sicheres Fahren ohne Weiteres ausgeschlossen werden kann (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10.05.2004 – 1 Ss 26/04 – , in: NZV 2005, 164).

– 1. Zum objektiven Tatbestand des § 24 a II StVG gehört lediglich das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines der in der Anlage zu § 24 a StVG genannten berauschenden Mittels. Wird im Blut des Betroffenen eine Wirkstoffkonzentration von 1 ng/ml THC gemessen, ist der sichere Nachweis erbracht, dass der Betroffene noch unter der Wirkung zuvor genossenen Cannabis steht. 2. Vorsatz und Fahrlässigkeit müssen sich dabei nicht lediglich auf den Konsumvorgang, sondern auch auf die Wirkungen des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt beziehen. An der Erkennbarkeit der Wirkung zum Tatzeitpunkt kann es fehlen, wenn zwischen der Einnahme des Rauschmittels und der Fahrt längere Zeit vergeht. Bei einem mehr als 28 Stunden zurückliegenden Einnahmezeitpunkt bedarf es deshalb näherer Ausführungen dazu, auf Grund welcher Umstände sich der Betroffene hätte bewusst machen können, dass der Haschischkonsum nach mehr als einem Tag noch hätte Auswirkungen haben können (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 16.03.2007 – Ss (B) 5/2007 (18/07) -, in: NJW 2007, 1373; NZV 2007, 320).

– 1. Bei einer Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 2 StVG nach Kokainkonsum gehört zu den notwendigen tatrichterlichen Feststellungen auch die Mitteilung der Benzoylecgonin-Konzentration im Blut des Betroffenen. 2. Bei einem Benzoylecgonin-Wert ab 75 ng/ml besteht die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit (OLG Hamm, Beschluss vom 19.03.2007 – 2 Ss OWi 91/07 -, in: NZV 2007, 248).

– Für die Feststellung des Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis reicht es aus, dass bei einer Blutuntersuchung auf Tetrahydrocannabinol im Blutserum, welche den von der Grenzwertkommission vorausgesetzten Qualitätsstandards genügt, ein Messergebnis ermittelt wird, das den von der Grenzwertkommission empfohlenen analytischen Grenzwert von 1 ng/ml Tetrahydrocannabinol im Serum erreicht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.01.2007 – 3 Ss 205/06 -, in: NZV 2007, 248).

– Fehlendes Trennungsvermögen zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen ist unabhängig von der beim Fahrerlaubnisinhaber ermittelten THC-Konzentration (hier: 1,4 ng/ml) jedenfalls dann zu bejahen, wenn in nahem zeitlichem Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs drogenbedingte Auffälligkeiten oder Ausfallerscheinungen festgestellt werden, die einen Bezug zur aktuellen Fahrtüchtigkeit aufweisen (OVG Münster, Beschluss vom 09.07.2007 – 16 B 907/07 -, in: NJW 2007, 3085).

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Verdachts des Betäubungsmittelkonsums: Ein Fahrerlaubnisinhaber ist erst dann verpflichtet, sich auf Anforderung der Fahrerlaubnisbehörde untersuchen zu lassen und das entsprechende Gutachten beizubringen, wenn diese einen durch Tatsachen getragenen „Anfangsverdacht“ für die Einnahme von Betäubungsmitteln belegen kann (OVG Beschluss vom 23.05.2002 – 7 B 10 756/02 -, in: NJW 2002, 2581).

– Wer sich kurz nach dem Konsum von Cannabis-Produkten ans Steuer setzt, muss mit dem sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Dies gilt insbesondere, wenn der Betroffene als „gelegentlicher“ Cannabis-Konsument einzustufen ist (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.03.2003 – 10 S 323/03 -).

– Ein einmaliger Konsum von Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) rechtfertigt im Regelfalls die Entziehung der Fahrerlaubnis (OVG NRW, Beschluss vom 06.03.2007 – 16 B 332/07 -, in: NZV-aktuell 4/2007, VI).

– § 24a StVG ist – ebenso wie eine Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB – Dauerdelikt. Kehrt der Betroffene nach einer Alkoholkontrolle zu seinem Pkw zurück und begibt sich anschließend damit auf den Heimweg, liegt in der Alkoholkontrolle eine – die Dauerstraftat „Trunkenheitsfahrt“ beendende – Zäsur; der anschließenden Heimfahrt liegt ein neuer Tatentschluss zu Grunde (OLG Hamm, Beschluss vom 08.08.2008 – 2 Ss OWi 565/08 -; in: NZV 2008, 532).

– Hat ein Fahrerlaubnisinhaber als Radfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,6 ‰ oder mehr am Straßenverkehr teilgenommen, darf ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn zu erwarten ist, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug in fahruntüchtigem Zustand führen wird. Bei chronisch überhöhtem Alkoholkonsum und damit einhergehender Unfähigkeit zu einer realistischen Einschätzung der bei einer Teilnahme am Straßenverkehr drohenden Gefahren setzt die Bejahung der Kraftfahreignung regelmäßig eine stabile Änderung des Trinkverhaltens voraus (BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 – 3 C 32/07 (VG Potsdam) -; in: NZV 2008, 646).

– 1. An der Erkennbarkeit der fortdauernden Wirkung von Cannabis kann es bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a II 2 StVG fehlen, wenn zwischen Rauschmittelkonsum und Fahrtantritt eine größere Zeitspanne liegt. Eine solche liegt bei einem Zeitraum von etwa 23 Stunden jedenfalls vor. 2. In einem solchen Fall bedarf es nach Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel näherer Ausführungen dazu, aufgrund welcher Umstände sich der Betroffene hätte bewusst machen können, dass der zurückliegende Cannabiskonsum noch Auswirkungen haben konnte. Neben Ausfallerscheinungen im engeren Sinn können insoweit u. a. die Menge und Qualität des konsumierten Cannabis, die Häufigkeit des Cannabiskonsums und die Einlassung des Betroffenen zu seinem Vorstellungsbild Rückschlüsse zulassen (OLG Celle, Beschluss vom 9.12.2008 – 322 SsBs 247/08 -; in: NZV aktuell 1/2009, VI).

– 1. An der Erkennbarkeit der fortdauernden Wirkung von Cannabis kann es bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG fehlen, wenn zwischen Rauschmittelkonsum und Fahrtantritt eine größere Zeitspanne liegt. Eine solche liegt bei einem Zeitraum von etwa 23 Stunden jedenfalls vor. 2. In einem solchen Fall bedarf es nach Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel näherer Ausführungen dazu, auf Grund welcher Umstände sich der Betr. hätte bewusst machen können, dass der zurückliegende Cannabiskonsum noch Auswirkungen haben konnte. Neben Ausfallerscheinungen im engeren Sinn können insoweit u. a. die Menge und Qualität des konsumierten Cannabis, die Häufigkeit des Cannabiskonsums und die Einlassung des Betr. zu seinem Vorstellungsbild Rückschlüsse zulassen (OLG Celle, Beschluss vom 9.12.2008 – 322 SsBs 247/08 -; in: NZV 2009, 89 und NZV und NZV 2009, 353).

– 1. Die „Gelegentlichkeit“ der Einnahme von Cannabis ist eine Tatbestandsvoraussetzung. Von ihrem Vorliegen hängt es ab, ob das in Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung genannte Regelbeispiel für die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegt. Es obliegt daher der anordnenden Behörde, darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass der betroffene Fahrerlaubnisinhaber mehr als einmal Cannabis konsumiert hat. 2. Von einem gelegentlichen Cannabiskonsum kann dann zweifelsfrei ausgegangen werden, wenn ein solches Verhalten von dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber selbst eingeräumt wird. Ist dies jedoch nicht der Fall, darf eine Fahrerlaubnis ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts nur dann entzogen werden, wenn die Behörde den gelegentlichen Konsum von Cannabis zweifelsfrei nachweisen kann. 3. Als Nachweis für die „Gelegentlichkeit“ des Konsums von Cannabis eignet sich die Menge des in einer Blutprobe vorgefundenen Abbauprodukts THC-Carbonsäure nur dann, wenn die festgestellte Konzentration die Größenordnung überschreitet, die bei einmaliger Aufnahme des Rauschmittels Cannabis im Höchstfall erreicht werden kann. Dies ist erst bei einer THC-Carbonsäure-Konzentration von über 100 ng/ml der Fall (VGH Kassel, Beschluss vom 24.9.2008 – 2 B 1365/08 -; in: NZV-aktuell 3/2009, VI und NZV 2009, 312).

– 1. Die Erreichung des analytischen Grenzwertes ist keine objektive Bedingung der Ahndbarkeit einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a II u. III StVG. 2. Wird der analytische Grenzwert nicht erreicht, kommt eine Verurteilung nach § 24a II u. III StVG nur in Betracht, wenn Umstände festgestellt werden, aus denen sich ergibt, dass die Fahrtüchtigkeit trotz der relativ geringen Betäubungsmittelkonzentration beeinträchtigt sein kann (OLG Celle, Beschluss vom 30.3.2009 – 322 SsBs 57/09 -; in: NZV 2009, 300).

– Bei täglichem oder nahezu täglichem Cannabiskonsum ist die Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu entziehen (BVerwG, Urteil vom 26.02.2009 – 3 C 1/08 -; in: NZV 2009, 357 und NJW 2151).

– § 13 Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV ist ein Auffangtatbestand. Mit ihm soll sichergestellt werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei Fällen eines greifbaren Gefahrenverdachts nicht „sehenden Auges“ untätig bleiben muss, bis noch weitere Verdachtsmomente hinzutreten, die einen unmittelbaren Verkehrsbezug aufweisen. Aus diesem rund vermag auch eine außerhalb des Straßenverkehrs aufgetretene Alkoholauffälligkeit eine Begutachtung jedenfalls dann zu rechfertigen, wenn sie in einer Weise zu Tage getreten ist, die zu der begründeten Annahme Anlass gibt, der Betreffende werde angesichts der bei ihm erkennbar gewordenen Alkoholgewohnheiten voraussichtlich schon in überschaubarer Zukunft auch nach dem Genuss von Alkohol ein Kraftfahrzeug führen und so zu einer konkreten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer werden (OVG Magdeburg, Beschluss vom 12.11.2008 – 3 M 503/08 -; in: NZV 2009, 359).

– Ist das krisenhafte Geschehen, das zu einem Drogenmissbrauch beim Fahrerlaubnisinhaber geführt hat, beendet, so kann im Einzelfall eine bedingte Fahreignung wiedererlangt sein. Auch wenn es neben einem ausreichenden Abstinenzzeitraum noch einer intensiven verkehrspsychologischen Aufarbeitung des Persönlichkeitsproblems bedarf, so kann dies im Wege von Auflagen zur Fahrerlaubnis angeordnet werden und folglich ein milderes Mittel als die Entziehung nach § 46 I FeV sein (VG Freiburg, Beschluss vom 19.06.2008 – 1 K 1008/08 -; in: NZV 2009, 359).

– 1. Hatte ein Betroffener Betäubungsmittel mit unterschiedlichen Wirkungsqualitäten konsumiert und liegen die Blutkonzentrationen für alle Substanzen jeweils unter den Grenzwerten, die einer verfassungskonformen Anwendung des § 24 a II StVG zu Grunde zu legen sind, verbietet es sich, die festgestellten Werte zu addieren. 2. In solchen Fällen ist im Ansatz zu Gunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass alle Substanzen in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit wirkungslos waren und somit auch keine relevante Kombinationswirkung auftreten konnte. 3. Die Feststellung einer bestimmten Substanzkonzentration im Blutserum ist keine „objektive Bedingung der Ahndbarkeit“ für die Anwendung des § 24 a II StVG. Hatte der Betroffene eine der in der Anlage zu § 24 a II StVG aufgeführten Substanzen im Blut, kann eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit auch auf andere Weise festgestellt werden (OLG Koblenz, Beschluss vom 25.08.2008 – 1 Ss Bs 19/08 -, in: NJW 2009, 1222).

– 1. Der Tatbestand des § 24a II StVG wird dann fahrlässig verwirklicht, wenn der Fahrer in zeitlicher Nähe zum Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat und sich dennoch an das Steuer setzt, ohne sich bewusst zu machen, dass der Rauschmittelstoff noch nicht vollständig unter den Grenzwert abgebaut ist. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Betroffene einen spürbaren oder messbaren Wirkstoffeffekt vorstellt. Andererseits kann es an der Erkennbarkeit der Wirkung des Rauschmittels fehlen, wenn zwischen Drogenkonsum und Fahrtantritt längere Zeit vergeht. 2. Die im Rahmen einer verdachtsunabhängigen Verkehrskontrolle nach § 36 V 1 StVO durchgeführte informatorische Befragung des Betroffenen (hier: allgemeine Frage nach Alkohol- und/oder Drogenkonsum) zwingt noch nicht zu einer Belehrung (KG, Beschluss vom 05.06.2009 – 2 Ss 131/09 – 3 Ws (B) 323/09 -; in: NZV aktuell 9/2009, VI und NZV 2009, 572).

– Der bloße Rückschluss von Fahrfehlern auf eine Fahruntüchtigkeit ist nicht zulässig, weil immer die Möglichkeit besteht, dass die Fahrfehler auf einer momentanen Unachtsamkeit, auf Ablenkung durch Nebenbeschäftigungen oder bewusster Missachtung von Verkehrsvorschriften beruhen (LG Braunschweig, Beschluss vom 03.12.2008 – 8 Qs 369/08 -; in: NZV aktuell 9/2009, VI).

– 1. Eine Atemalkoholmessung mittels Alkohol-Vortests Alco-Quant 6020 vermittelt keine tragfähigen Erkenntnisse über den Grand der Alkoholisierung; der Nachweis alkoholbedingter Fahrunsicherheit hierüber ist nicht möglich. 2. Eine Atemalkoholmessung mittels Draeger Evidential unterliegt einem Beweisverwertungsverbot, wenn sie ohne Belehrung über die Freiwilligkeit und Nichterzwingbarkeit der Teilnahme durchgeführt wurde (KG, Urteil vom 21.09.2009 – 9 Ss 550 Js 11 375/09 – AG 92/09 -; in: NZV-aktuell 11/2009, VIII und LG Freiburg, Urteil vom 21.09.2009 – 9 Ns 550 Js 11375/09 – AK 92/09 -; in: NZV 2009, 614).

– 1. Die Strafverfolgungsbehörden müssen zur Tagzeit grundsätzlich versuchen, die Anordnung des zuständigen Richters einzuholen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen. Die Annahme der Gefährdung des Untersuchungserfolgs gem. § 81 a II StPO ist mit Tatsachen zu begründen, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind. Bei hohen Atemalkoholwerten (hier: 3,08 g‰) ist in der Regel hinreichend zeit zur Einholung einer zumindest fernmündlichen richterlichen Anordnung. 2. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Eilanordnungskompetenz des § 81a II StPO kann im Einzelfall zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Dies ist insbesondere bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder dem Vorliegen eines besonders schweren Fehlers zu bejahen (OLG Celle, Beschluss vom 06.08.2009 – 32 Ss 94/09 -; in: NJW 2009, 3524 und NZV 2009, 611).

– Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu den veröffentlichten Entscheidungen des BVerfG und mehrerer Oberlandesgerichte zur Verletzung des Richtervorbehalts aus § 81 a II StPO bei der Anordnung der Blutprobenentnahme durch ermittelnde Polizeibeamte dürfte die Annahme, die anordnenden Polizeibeamten hätten in schlichter Unkenntnis ihrer Pflichten und daher nicht willkürlich gehandelt, nicht mehr ohne Weiteres aufrechtzuerhalten sein (KG, Beschluss vom 01.07.2009 – (3) 1 Ss 204/09 (71/09) -; in: NJW 2009, 3527).

– Es führt zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn Polizeibeamten die generelle Befugnis erteilt worden ist, bei der Entnahme von Blutproben gem. § 81 a StPO auf die Einschaltung einer Richters zu verzichten (OLG Oldenburg, Beschluss vom 12.10.2009 – 2 SsBs 149/09 -; in: NJW 2009, 3591).

– 1. Von der Regelfahrerlaubnisentziehung nach einer Trunkenheitsfahrt kann jedenfalls dann abgesehen werden, wenn seit der Tat und der Führerscheinsicherstellung 10 Monate vergangen sind und er Angekl. in dieser Zeit durch intensive verkehrspsychologische Maßnahmen (hier: IVT-Hö) seine Fahreignung wiederhergestellt hat. 2. In einem solchen Fall ist jedoch ein „deklaratorisches“ Fahrverbot nach § 44 I 2 StGB festzusetzen (AG Lüdinghausen, Urteil vom 2.3.2010 – 9 Ds-82 Js 3375/09-111/09 -; in: NZV 2010, 272).

– Der bloße Rückschluss von Fahrfehlern auf eine Fahruntüchtigkeit ist nicht zulässig, weil immer die Möglichkeit besteht, dass die Fahrfehler auf einer momentanen Unachtsamkeit, auf Ablenkung durch Nebenbeschäftigung oder bewusster Missachtung von Verkehrsvorschriften beruhen (LG Braunschweig, Beschluss vom 03.12.2008 – 8 Qs 369/08 -; in: NZV 2010, 419).

– Ein Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung nach § 72 II OWiG kann noch zu Beginn der Hauptverhandlung gestellt werden (OLG Celle, Beschluss vom 12.06.2009 – 311 SsRs 54/09 -; in: NZV 2010, 420).

– 1. Der Vorwurf der schuldhaften Tatbegehung einer Rauschmittelfahrt bezieht sich nicht allein auf den Konsumvorgang, sondern auch auf die Wirkung des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt. Andererseits ist nicht erforderlich, dass sich der Betroffene einen spürbaren oder messbaren Wirkstoffeffekt vorgestellt hat (KG, Beschluss vom 05.06.2009 – 2 Ss 131/09 – 3 Ws 323/09 -; in: NZV 2010, 422).

– Für ein fahrlässiges Führen eines Kfz unter berauschenden Mitteln gem. § 24a II StVG reicht es aus, wenn der Kraftfahrer das Fahren unter Wirkung des Rauschgiftes für möglich hält. 2. Eine verhältnismäßig geringe Überschreitung von 4,6 ng/mg THC kann eine Voraussehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung nicht stützen. 3. Erscheinungen wie „zittriger Eindruck“ und „auffällige Pupillen“ beim Betroffenen belegen keinen zeitnahen Konsum (OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.08.2010 – 2 Ss OWi 166/10 -; in: NZV-aktuell 9/2010, VI).

– Fehlt einem Verkehrsteilnehmer wegen gelegentlichen Cannabiskonsums sowie der fehlenden Fähigkeit, Konsum und Fahren zu trennen, die Kraftfahreignung, ist die Teilnahme an einem Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger für sich genommen nicht geeignet, die negative Beurteilung in Zweifel zu ziehen (OVG Bremen, Beschluss vom 20.04.2010 – 1 B 23/10 -; in: NZV 2010, 477).

– 1. Für ein fahrlässiges Führen eines Kfz unter berauschenden Mitteln gem. § 24a II StVG reicht es aus, wenn der Kraftfahrer das Fahren unter Wirkung des Rauschgiftes für möglich hält. 2. Eine verhältnismäßig geringe Überschreitung von 4,6 ng/mg THC kann eine Voraussehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung nicht stützen. 3. Erscheinungen wie „zittriger Eindruck“ und „auffällige Pupillen“ beim Betroffenen belegen keinen zeitnahen Konsum (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 20.08.2010 – 2 Ss OWi 166/10 -; in: NZV 2010, 530).

– Bei einer Konzentration von mehr als 1 ng/ml THC im Blutserum ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren regelmäßig von fehlendem Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2009 – 1 S 17/09 -; in: NZV 2010, 531).

– Ist anzunehmen, dass sich die Blutalkoholkonzentration im Grenzbereich von Ordnungswidrigkeit und Straftat bewegt, können die Polizeibeamten berechtigt sein, auf Grund ihrer Eilanordnungskompetenz die sofortige Entnahme einer Blutprobe zu veranlassen (OLG Koblenz, Beschluss vom 02.12.2010 – 2 SsBs 140/10 -; in: NZV aktuell 6/2011, VI).

– Der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von Fahrern motorisierter Krankenfahrstühle (§ 4 I 2 Nr. 2 FeV) die nach dem Pflichtversicherungsgesetz zu versichern und mit einem Versicherungskennzeichen gem. § 26 I 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV – i. d. F. vom 16.07.2009) zu versehen sind, beträgt 1,1 ‰ (OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.12.2010 – 2 St OLG Ss 230/10 –; in: NZV aktuell 6/2011, VI).

– 1. Der innere Tatbestand des § 24a StVG erfordert, dass sich Vorsatz oder Fahrlässigkeit auch auf die fortbestehende Wirksamkeit des konsumierten Rauschmittels im Tatzeitpunkt bezieht. 2. An der Erkennbarkeit der Rauschmittelwirkung kann es fehlen, wen zwischen Drogenkonsum und Fahrauftritt längere Zeit vergeht. Es bedarf dann – insbesondere bei nur unerheblicher Überschreitung des Grenzwertes – näherer Ausführungen des Tatrichters, aufgrund welcher Umstände sich der Fahrzeugführer dennoch Auswirkungen des Konsums hätte bewusst machen können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.09.2010 – 3 (7) SsBs 541/10 – AK 189/10 -; in: NZV aktuell 6/2011, VI).

– Das Vorliegen von Vorsatz im Rahmen des § 316 StGB kann nicht allein aus der deutlich über dem Grenzwert von 1,1 Promille liegenden Blutalkoholkonzentration geschlossen werden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2010 – 5 Ss 198/10 -; in: NZV 2011, 412).

– 1. Der innere Tatbestand des § 24a StVG erfordert, dass sich Vorsatz oder Fahrlässigkeit auch auf die fortbestehende Wirksamkeit des konsumierten Rauschmittels im Tatzeitpunkt bezieht. 2. An der Erkennbarkeit der Rauschmittelwirkung kann es fehlen, wenn zwischen Drogenkonsum und Fahrtantritt längere Zeit vergeht. Es bedarf dann – insbesondere bei nur unerheblicher Überschreitung des Grenzwertes – näherer Ausführungen des Tatrichters, aufgrund welcher Umstände sich der Fahrzeugführer dennoch Auswirkungen des Konsums hätte bewusst machen können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.09.2010 – 3 (7) SsBs 541/10 – AK 189/10 -; in: NZV 2011, 413).

– Der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von Fahrern motorisierter Krankenfahrstühle (§ 4 I 2 Nr. 2 FeV), die nach dem Pflichtversicherungsgesetz zu versichern und mit einem Versicherungskennzeichen gem. § 26 I 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV – i. d. F. v. 16.07.2009) zu versehen sind, beträgt 1,1 Promille (OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.12.2010 – 2 St OLG Ss 230/10 -; in: NZV 2011, 358).

– Ist anzunehmen, dass sich die Blutalkoholkonzentration im Grenzbereich von Ordnungswidrigkeit und Straftat bewegt, können die Polizeibeamten berechtigt sein, auf Grund ihrer Eilanordnungskompetenz die sofortige Entnahme einer Blutprobe zu veranlassen (OLG Koblenz, Beschluss vom 02.12.2010 – 2 SsBs 140/10 -; in: NZV 2012, 355).

– Ein Fahrerlaubnisinhaber kann sich für die Frage des einmaligen Konsums von „harten Drogen“ im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren grundsätzlich nicht allein mit dem pauschalen Vorbringen entlasten, die Drogen seien ihm ohne sein Wissen von Dritten verabreicht worden oder es habe eine Verwechslung von Trinkgläsern stattgefunden (OVG Greifswald, Beschluss vom 04.10.2011 – 1 M 19/11 – (rk.); in: NZV 2012, 358).

– 1. Ist die polizeiliche Eilanordnungskompetenz berechtigt in Anspruch genommen und deshalb bereits nicht gegen die Beweiserhebungsvorschrift des § 81a StPO verstoßen worden, folgt ein Beweisverwertungsverbot auch nicht daarus, dass kein Versuch zur Erlangung einer Entnahmeanordnung durch einen fernmündlich errechbaren (Ermittlung-)Richter unternommen wurde. 2. Ausserhalb der zur konkreten Umsetzung einer nach § 81a II StPO getroffenen Massnahmeanordnung shet § 81 a StPO kein eigenständiges Festhalte- oder Festnahmerecht der polizeilichen Ermittlungsperson nicht vor (OLG Bamberg, Urteil vom 22.03.2011 – 3 Ss 14/11 -; in: NZV 2012, 97).

– Das Ergebnis einer Messung der Atemalkoholkonzentration mit einem Atemalkoholmessgerät unterliegt nicht dehalb einem Beweisverwertungsverbot, weil der Betroffene vor der Messung nicht darüber belehrt wurde, dass die Teilnahme an dieser Messung freiwillig und nicht erzwingbar ist (entgegen AG Frankfurt a. M., NZV 2010, 266) (AG Michelstadt, Urteil vom 22.11.2011 – 2 OWi 1400 Js 22301/11 -; in: NZV 2012, 97).

– Nach einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss bedarf es der ausdrücklichen Berufung des Fahrerlaubnisinhabers auf einen Erstkonsum und der substanzierten und glaubhaften Darlegung der Einzelumstände dieses Konsums, um nicht von einem jedenfalls gelegentlichen Cannabiskonsum ausgehen zu können (OVG Koblenz, Beschluss vom 02.03.2011 – 10 B 11400/10 -; in: NZV 2011, 573).

– Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis und Verhängung einer Sperrfrist gem. §§ 69, 69 a StGB i. V. mit § 7 I JGG gegen eine Jugendlichen kommt es allein auf dessen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und nicht auf erzieherische Erwägungen an. Die Regelvermutung des § 69 II StGB findet daher auch im Rahmen des § 7 I JGG uneingeschränkt Anwendung (OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.08.2011 – 1 St OLG Ss 156/11 -; in: NZV 2012, 48).

– Die THC-Carbonsäure ist ein Metabolit, d. h. ein rauschunwirksames Abbauprodukt von THC, das bei daeurndem oder gewohnheitsmäßigem Konsum von Cannabis im Blut angereicht und nur sehr langsam abgebaut wird. Dieser Wert lässt lediglich Rückschlüsse darauf zu, inwieweit der Betroffene dauerhaft Cannabis konsumiert, nicht aber darauf, ob er zum Zeitpunkt der fahrt unter der Wirkung von Cannabis gestanden hat (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 02.03.2011 – 2 SS Owi 23/11 -; in: NZV 2012, 49).

– 1. Die Verwertbarkeit einer Haaranalyse zum (positiven oder negativen) Nachweis eines Drogenkonsums setzt in formeller Hinsicht unter anderem die sichere Identifizierung des Probanden und den Ausschluss einer Manipulation der Haarprobe von der Probennahme bis zur Analyse voraus. 2. Die Feststellung eines Kokainkonsums durch eine methodisch einwandfreie Blutuntersuchung kann, soweit es um die Fragestellung einmaligen Konsums geht, beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht durch eine Haarprobe mit Negativbefund widerlegt werden (VGH Mannheim, Beschluss vom 25.11.2010 – 10 S 2162/10 -; in: NZV 2012, 608).

– 1. Nach Kokainkonsum führt auch die Überschreitung der Grenzwerte nach dem Tatbestandskatalog der „Grenzwertkommission“ nicht zur Annahme einer absoluten Fahruntüchtigkeit, weil es sich um analytische und nicht um normative Grenzwerte handelt. Eine Rückrechnung ist hier – anders als bei Alkohol – nicht möglich. 2. Da Kokain in unterschiedlicher Konzentration bei unterschiedlichen Personen zu ganz unterschiedlichen Folgen führen kann, ist ein normativer Grenzwert (mit der Folge des Schlusses auf absolute Fahruntauglichkeit) derzeit nicht in Sicht (LG Berlin, Urteil vom 10.04.2012 – (524) 11 JU Js 1853/10 Ns (36/11) -; in: NZV 2012, 397).

– Bei Cannabiskonsum liegt absolute Fahruntauglichkeit vor, wenn eine Konzentration von 20 ng/ml THC zur Tatzeit ermittelt wird (AG Berlin-Tiergarten, Urteil vom 06.04.2011 – (310 Ds) 3012 PLs 11869/10 (32/10) -; in: NZV 2012, 398).

– 1. Bei der Einnahme von Arztneimitteln, die Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz enthalten, kann die fehlende Fahreignung nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 (ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln) hergeleitet werden, weil insoweit die in Nummer 9.4 und 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren. 2. Bei ärztlich verordneter Therapie mit Opiaten ist eine einzelfallorientierte Beurteilung unter Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht die Erkrankung, ihre Symptome und die medikamentenspezifischen Auswirkungen bewertet als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Compliance des Patienten bezüglich der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und die Fähigkeit zur Kompensation von ggf. festgestellten Leistungseinschränkungen, aber auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme überprüft (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013 – 10 S 243/12 -; in: NZV 2013, 261).

– 1. Bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis fehlt es regelmäßig an der Fahreignung; bei gelegentlicher Einnahme kommt es darauf an, ob der Betreffende Konsum und Fahren trennen kann und zudem kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. 2. Bei psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen ist von fehlender Fahreignung dagegen nur auszugehen, wenn diese missbräuchlich (also regelmäßig und übermäßig) eingenommen werden. Eine tatsächliche Einnahme des Betäubungsmittels genügt; eine rechtsmissbräuchliche Einnahme ist dagegen nicht erforderlich (Niederländisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.01.2013 – 12 ME 289/12 -; in: NZV 2013, 263).

– Zumindest fahrlässig handelt derjenige, der sich bei einer Fahrt im Straßenverkehr unabhängig vom Zeitpunkt des Drogenkonsums nicht der Gefahrlosigkeit der Fahrt gewiss sein kann. Dies setzt voraus, dass der Fahrzeugführer sich vorher hinreichend über die mögliche Wirkdauer der zuvor eingenommenen Drogen erkundigt hat. Denn noch weniger als beim Alkohol kann der Wirkverlauf von Drogen von dem Betroffenen selbst eingeschätzt werden (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 26.10.2012 – 2 Ss-Owi 672712 -; in: NZV 2013, 406).

– Ein Verstoß gegen das Alkoholverbot für Fahranfänger liegt regelmäßig ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,15 ‰ vor (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.03.2013 -; in: NZV 2013, 563).

– Das Fahrradfahren im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr rechtfertigt nach § 3 II i. V. mit § 13 S. 1 Nr. 2 lit. c FeV in Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 – 3 B 10/12 -; in: NZV 2013, 566).

– 1. Zur Fahrerlaubnisentziehung bei einem Konsumenten harter Drogen. 2. Der Konsum von Red Bull Cola kann nicht zu Benzoylecgoninkonzentration im Blut von 21 ng/ml führen. 3. Eine Kontaminierung des Untersuchungsmaterials durch die behauptete Nichteinhaltung hygienischer Standards bei der Blutentnahme ist als unwahrscheinlich zu bewerten. Eine abschließende Aufklärung wäre insoweit nur in einem Hauptsacheverfahren möglich (VG Bremen, Beschluss vom 06.03.2013 – 5 V 98/13 -; in: NZV 2013, 568).

– 1. Bei der Beurteilung der Beeinträchtiugng der Fahruntüchtigkeit nach der Einnahme von Drogen existieren bislang noch keine festgelegten Wirkstoffgrenzen. 2. Die Angabe eines Polizeibeamten, der Beschludigte sei „mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit“ gefahren, genügt ohne weiteres nicht, um dies auch dringend wahrscheinlich erscheinen zu lassen. 3. Körperliche Auffälligkeiten wie Schweißausbrüche, Zittern, Unruhe, eine verlangsamte Aussprache, wässrige/glasige Augen oder ein provokantes Verhalten sind lediglich allgemeine Merkmale des Drogenkonsums und begründen nicht die dringende Wahrscheinlichkeit, dass diese Mängel auch unmittelbar zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit geführt haben (LG Mühlhausen, Beschluss vom 29.11.201 – 1 Qs 217/12 -; in: NZV 2014, 97).

– 1. Die mangelnde Trennung zwischen dem (gelegentlich) Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen leigt bei einem THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum vor. 2. Zum Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich der Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit oder der Verkehrssicherheit bei gelegentlichem Konsum von Cannabis (OVG München, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 -; in: NZV 2014, 102).

– Der objektiv Tatbestand des § 24a II StVG ist in kinem Fall erfüllt, wenn die festgestellte Konzentration der Substanz eines berauschenden Mittels im Blut des Betroffenn deren jeweiligen analytischen Grenzwert unterschreitet. Das gilt selbst beim (vermeintlichen) Vorliegen rauschmitteltypischer (Ausfall-)Erscheinungen (OLG Jena, Beschluss vom 23.02.2012 – 1 Ss Bs 92/11 -; in: NZV 2014, 138).

Behauptet der Inhaber einer Fahrerlaubnis, dem diese wegen Drogenkonsums nach § 11 VII FeV entzogen werden soll, der Fahrerlaubnisbehörde gegenüber hinreichend substanziiert seine langfristig bestehende Drogenabstinenz, ist es dieser spätestens nach Ablauf eines Jahres ab dem behaupteten Beginn der Abstinenz nicht mehr möglich, die Annahme fortbestehender Fahruntauglichkeit ohne weitere Ermittlungen allein auf die Drogenfahrt zu stützen (verfahrensrechtliche Ein-Jahres-Frist) (OVG Magdeburg, Beschluss vom 14.06.2013 – 3 M 8/13 -; in: NZV 2014; 140).

– 1. Die Verwertbarkeit einer Haaranalyse zum (positiven oder negativen) Nachweis eines Drogenkonsums setzt in formeller Hinsicht unter anderem die sichere Identifizierung des Probanden und den Ausschluss einer Manipulation der Haarprobe von der Probennahme bis zur Analyse voraus. 2. Die Feststellung eines Kokainkonsums durch eine methodisch einwandfreie Blutuntersuchung kann, soweit es um die Fragestellung einmaligen Konsums geht, beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht durch eine Haarprobe mit Negativbefund widerlegt werden (VGH Mannheim, Beschluss vom 25.11.2010 – 10 S 2162/10 -; in: NZV 2014, 192).

– Ein Berufskraftfahrer weiß um die besonderen Gefahren einer Alkoholaufnahme vor Fahrtantritt und nimmt deshalb in der Regel seine Fahruntrauglichkeit in Kauf, wenn er trotz Alkoholkonsums eine Fahrt antritt (OLG Celle, Beschluss vom 25.10.2013 – 32 Ss 169/13 -; in: NZV 2014, 283).

– 1. Für die Annahme eines Mischkonsums von Alkohol und Cannabis kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Einnahme, sondern auf die Wirkungskumulation an. 2. Bestreitet ein Fahrerlaubnisinhaber den sich aus einer Blutprobe und dem sonstigen Akteninhalt aufdrängenden Verdacht, er habe unter der Wirkung eines Mischkonsums von Alkohol und Cannabis ein Fahrzeug geführt, so trifft ihn zur Ausräumung des Verdachts eine gesteigerte Darlegungsobliegenheit. 3. Ob gelegentlicher Cannabiskonsum und Beigebrauch von Alkohol in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Tatsachen die Annahme mangelnder Fahreignung rechtfertigen (so VGH München, NZV 2013, 415 L = BeckRS 2012, 59068), bleibt offen (verneint in VGH Mannheim, VBIBW 2006, 253 = BeckRS 2006, 16686) (VGH Mannheim, Beschluss vom 19.08.2013 – 10 S 206/13 -; in: NZV 2014, 286).

Allein aus der Menge des getrunkenen Alkohols und der Höhe der Blutalkoholkonzentration darf nicht ohne weiteres eine vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung gefolgert werden. Denn es gibt keinen Erfahrungssatz, dass derjenige, der in erhebliehn Mengen Alkohol getrunken hat, seine Fahruntüchtigkeit auch erkennt. Zwar liegt bei einer die Grenze der absoluten Alkoholisierung (hier: BAK – Entnahmewert 2,24 ‰) die Annahme nahe, der Täter habe die Auswirkungen seines Trinkens zumindest billigend in Kauf genommen. Allerdings verringert sich auch bei steigender Alkoholisierung die Kritik- und Erkenntnisfähigkeit. Deswegen kann die Tatrichterliche Überzeugung von einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt nur auf eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gestützt werden, insbesondere der Täterpersönlichkeit, des Trinkverlaufs, seinen Zusammenhang mit dem Fahrtantritt sowie das Verhalten des Täters während und nach der Fahrt (KG, Beschluss vom 03.03.2014 – (3) 161 Ss 41/14 (29/14) -).

– 1. Allein der Umstand, dass auf den Betroffenen Alkohol oder illegale Drogen einwirken, stellt seine Einwilligungsfähigkeit in eien Blutentnahme nicht grundsätzlich in Frage. DEnn es reicht aus, dass der Tatrichter davon überzeut ist, dass der Betroffene den mit der Blutentnahme verbundenen körperlichen Eingriff und dessen Risiken überblicken konnte. 2. Ein Erfordernis, dass die Einwilligung des Betroffenen schriftlich zu erfolgen hat, ist weder § 81a StPO noch allgemeinen Grundsätzen des Strafprozessrechts zu entnehmen. Ob eine solche vorliegt, unterliegt der freien Beweiswürdigung. 3. Ein Verstoß der Ermittlungsbehörden gegen die Dokumentations- und Begründungspflicht im Falle der Anordnung einer Blutentnahme unter der Annahme von Gefahr im Verzug nach § 81a II StPO begründet kein Beweisverwertungsverbot (KG, Beschluss vom 09.10.2014 – 3 Ws (B) 507/14 – 122 Ss 147/14 -; in: NZV 2015, 97).

– 1. Der Konsum von so genannten harten Drogen (das heißt von Betäubungsmitteln mit Ausnahme von Cannabis) führt nach der Regelannahme gem. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zum Verlust der Kraftfahreignung, ohne dass es darauf ankommt, ob eine regelmäßige Einnahme von Betäubungsmitteln vorliegt oder ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln geführt worden ist (Bestätigung der ständigen Senatsrechtsprechung, vgl. etwa NJW 2011, 1303. 2. Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Sachverhaltsprüfung können die gegenüber einer staatlichen Stelle erfolgten eigenen Bekundungen des Betroffenen, er habe Betäubungsmittel konsumiert, einen hinreichenden Grund für die Annahme der Einnahme eines anderen Betäubungsmittels im Sinne der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordung darstellen. 3. Ist die Kraftfahreignung wegen Drogenkonsums nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung verloren gegangen, entfällt nicht allein durch die Behauptung einer nachfolgenden Drogenabstinenz und den Ablauf eines Jahres seit Beginn der behaupteten Abstinenz die Befugnis der Fahrerlaubnisbehörde, wegen fortbgestehender Fahrungeeignetheit die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung von dem Betroffenen nicht erbracht worden ist. Vielmehr ist ohne bindung an starre zeitliche Grenzen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob sich der Betroffene trotz des Ablaufs einer längeren Zeitspanne weiterhin als fahrungeeignet erweist (entgegen VGH München, BayVBl 2006, 18 = BeckRS 2005, 26983) (VGH Mannheim, Beschluss vom 07.04.2014 – 10 S 404/14 -; in: NZV 2015, 101).

– Zwar gibt es keinen gesicherten Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ab einer bestimmten Höhe der Blutalkoholkonzentration ohne Rücksicht auf psychodiagnostische Beurteilungskriterien regelmäßig vom Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung auszugehen ist. Bei einem Wert von über 2 % ist eine erhebliche Herabsetzung der Hemmungsfähigkeit aber je nach den Umständen des Einzelfalles in Betracht zu ziehen, nachliegend oder gar in hohem Maße wahrscheinlich (BGH, Beschluss von 07.10.2014 – 4 StR 397/14 -; in: NZV aktuell 2015).

1. Die unterbliebene Belehrung des Betroffenen über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung führt nicht zur Unverwertbarkeit der Messung, da eine entsprechende Belehrungspflicht nicht besteht. 2. Nur bei konkreten Anhaltspunkten über ein Vorspiegeln der Mitwirkungspflicht oder das bewusste Ausnutzen eines Irrtums des Betroffenen über eine solche Pflicht seitens der Ermittlungsbehörde kommt eine Unverwertbarkeit der Messung in Betracht. (KG, Beschluss vom 30.07.2014 – 3 Ws (B) 356/14 – 122 Ss 106/14 -; in: NZV 4/2015, 204).

1. Auch bei einer sechs Jahre zurückliegenden erstmaligen und einzigen Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,42 Promille ist die behördliche Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch psychologischen Gutachtens nicht unverhältnismäßig. 2. Anlass für die Eignungszweifel ist nicht (bloß) die einmalige in der Vergangenheit lang zurückliegende Tat, sondern die sich in der Trunkenheitsfahrt manifestierende Alkoholproblematik des Fahrers, dessen Blutalkoholkonzentration über 1,6 Promille lag. Ein solcher Alkoholmissbrauch ist keine einmalige Handlung, sondern setzt eine Phase der Alkoholgewöhnung voraus. Ob dieses Verhalten auch noch aktuell vorhanden ist, bedarf der Aufklärung durch das (grundsätzlich) einzuholende medizinisch psychologische Gutachten. ( OVG Greifswald, Beschluss vom 01.09.2014 – 1 M 89/14 -; in: NZV 4/2015, 204).

Ein mangelndes Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen, das bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten gemäß Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur FeV zum Verlust der Fahreignung führt, ist gegeben, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr ein THC-Gehalt von 1,0 ng/ml im Blutserum festgestellt wird (std. Senatsrechtsprechung, vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 -, NJW 2013, 2841 = Blutalkohol 50 (2013), 146 und 196 = NZV 2014, 102 = NWVBl. 2013, 329 = juris). Der Berücksichtigung etwaiger Messungenauigkeiten durch einen zusätzlichen Sicherheitsabschlag bedarf es nicht. (OVG NRW, Urteil vom 01.08.2014 – 16 A 2806/13 -; in: NZV 4/2015, 206).

– Die bewusste Umgehung des für die Blutentnahme vorgesehenen Richtervorbehalts führt zu einem Beweisverwertungsverbot. Eine solcherart bewusste Umgehung liegt auch vor, wenn es dem anordnenden Polizeibeamten gleichgültig ist, ob ein richterlicher Bereitschaftsdienst eingerichtet ist. (OLG Naumbur, Beschl. vom 05.11.2015 – 2 Ws 201/15 -; in: NZV 5/2106, 242).

– Die Mitwirkung des Betroffenen an einer Atemalkoholmessung ist freiwillig und kann nicht erzwungen werden. Über die Freiwilligkeit seiner Mitwirkung muss der Betroffene nicht belehrt werden. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.04.2013 – (2 B) 53 Ss-Owi 58/13 (55/13) -; in: NZV 5/2015, 254).

Allein aus der Menge des getrunkenen Alkohols und der Höhe der Blutalkoholkonzentration darf nicht ohne weiteres eine vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung gefolgert werden. Denn es gibt keinen Erfahrungssatz, dass derjenige, der in erheblichen Mengen Alkohol getrunken hat, seine Fahruntüchtigkeit auch erkennt. Zwar liegt bei einer die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit weit übersteigenden Alkoholisierung (hier: BAK-Entnahmewert 2,24 Promille die Annahme nahe, der Täter habe die Auswirkungen seines Trinkens zumindest billigend in Kauf genommen. Allerdings verringert sich auch bei steigender Alkoholisierung die Kritik- und Erkenntnisfähigkeit. Deswegen kann die tatrichterliche Überzeugung von einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt nurauf eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles gestützt werden, insbesondere der Täterpersönlichkeit, des Trinkverlaufs, seinen Zusammenhang mit dem Fahrtantritt sowie das Verhalten des Täters während und nach der Fahrt. (KG, Beschluss vom 03.03.2014 – (3) 161 Ss 41/14 (29/14) -; in: NZV 5/2015, 255).

– 1. Gelegentlicher Konsum von Cannabis iSv Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung liegt dann vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen. 2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl eine durch den Drogenkonsum bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. 3. Wird dder THC-Gehalt in einer Blutprobe lege artis nach den Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie ermittelt, ist ein „Sicherheitsabschlag“ vom gemessenen Wert für unvermeidbare Messungenauigkeiten nicht erforderlich. (BwerwG, Urteil vom 23.10.2014 – 3 C 3.13 -; in: NZV 5/2015, 256).

1. Die nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP 47, 497-C8-Homologes beginnt bei zwei Gramm. 2. Die nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide JWH-073 und CP 47, 497 beginnt bei sechs Gramm. ( BGH, Urteil vom 14.01.2015 – 1 StR 302/13 -; in: NZV 6/2015, 309).

1. Ob der Täter des § 316 StGB bedingten Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit hat, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen (Festhaltung BGH, 09.05.1990, 3 StR 112/90). Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt daher voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet. Maßgeblich ist, ob der Fahrzeugführer eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügt. Absolute Grenzwerte müssen vom Vorsatz nicht umfasst sein, da es sich bei ihnen nicht um Tatbestandsmerkmale, sondern um Beweisregeln handelt. 2. Vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes muss sich der Tatrichter – wie vom Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale auch – auf der Grundlage einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände überzeugen (§ 261 StPO). Dabei hat er in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einzubeziehen, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes in Frage stellen können (Festhaltung 22.03.2012, 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183). Andererseits ist er in diesem Zusammenhang auch durch den Zweifelssatz nicht gehalten, zu Gunsten des Täters Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind (Festhaltung GBH, 24.01.2008, 5 StR 253/07, NStZ 2008, 575). Unter welchen Voraussetzungen er zu welcher Schlussfolgerung und Überzeugung kommen muss, kann ihm nicht vorgeschrieben werden; an Beweisregeln ist er insofern nicht gebunden. Der Tatrichter hat aber den Grad der Alkoholisierung mit dem ihm zukommenden Gewicht – für sich genommen oder zusammen mit anderen Indizien – in seine Überzeugungsbildung vom Vorliegen bedingt vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns einzubeziehen. (BGH, Urteil vom 09.04.2015 – 4 StR 401/14 -; in: NZV 8/2015, 400,401).

– 1. Der ein- bzw. erstmalige Cannabiskonsum kann mit einem gelegentlichen Cannabiskonsum im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11,13 und 14 FeV nicht gleichgesetzt werden (Änderung der Rechtsprechung). 2. Die in einem Fall festgestellte Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss von Cannabis rechtfertigt es nicht bereits, auf eine mehr als einmalige Cannabisaufnahme zu schließen, auch wenn es der Betroffene unterlässt, sich ausdrücklich auf einen Erstkonsum zu berufen und die Einzelheiten der fraglichen Drogeneinnahme glaubhaft zu erklären. (OVG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2014 – 4 Bs 26/14 -; in: NZV 8/2015, 407).

– Auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommision vom September 2015 kann weiterhin ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blutserum von fehlenden Trennungsvermögen zwischen gelegentlichen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs ausgegangen werden. (VGH München, Beschluss vom 2305.2016 – 11 CS 16.690 -; in: NZV 11/2016, 543).

-Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfällt bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabieinfluss ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml im Blutserum. ( OVG Schleswig, Beschluss vom 27.06.2018 – 4 MB 45/18, BeckRS 2018, 13819; in NZV 9/2018, 439).

Geschwindigkeitsverstoß

Geschwindigkeitsüberschreitungen und Rotlichtverstöße sind nicht nur teuer, sondern können auch zu einem Fahrverbot führen. Nach der Rechtsprechung sind jedoch viele Möglichkeiten denkbar, von einem Fahrverbot abzusehen, auch wenn nach dem Bußgeldkatalog eigentlich ein Fahrverbot fällig wäre.

– 1. Uneinsichtigkeit ist kein hinreichender Grund zur Erhöhung der Geldbuße. 2. Der Vorwurf einer beharrlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ist bei der ersten Wiederholung nicht gerechtfertigt, wenn das Verschulden bei der früheren Begehung gering war. Liegt die wegen eines früher begangenen Verkehrsverstoßes verhängte Geldbuße unter dem Regelsatz, so spricht alles dafür, dass das damals erkennende Gericht nur ein geringes Verschulden des Betroffenen festgestellt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2001 – 2 b Ss (Owi) 348/00 – (Owi) 122/00 I -, in: NZV 2001, 488).

– Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs können sich aus der erheblichen oder wiederholten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergeben. Die Fahrerlaubnisbehörde kann in einem solchen Fall gem. § 11 III 1 Nr. 4 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen, auch wenn die Verkehrsverstöße mit (nur) sieben Punkten im Verkehrszentralregister eingetragen sind und deshalb Maßnahmen nach dem Punktsystem des § 4 III StVG (noch) nicht ergriffen werden können (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.11.2006 – 12 ME 354/06 -, in: NJW 2007, 313; NZV 2007, 327).

– Mehrere Geschwindigkeitsüberschreitungen im Verlaufe einer Fahrt stehen auch dann zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, wenn sie zwar in einem engen zeitlichen Rahmen stehen, jedoch jeweils in unterschiedlichen Verkehrssituationen begangen worden sind, so dass die einzelnen Verstöße unschwer voneinander abzugrenzen sind (OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.05.2005 – 1 Ss (OWi) 87 B/05 -, in: NZV 2006, 109).

Mehrere fahrlässige im Messabstand von 1 Minute auf demselben Autobahnabschnitt begangene Geschwindigkeitsüberschreitungen sind als natürliche Handlungseinheit zu werten (OLG Köln, Beschluss vom 17.08.2004 – Ss 259/04 (B) – , in: NZV 2004, 536).

Allein aus der Höhe der in einer Autobahnbaustelle begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung kann nicht auf einen groben Verstoß geschlossen und ein Fahrverbot verhängt werden (OLG Saarbrücken, in: NZV 1993, 38).

– Die Überschreitung der auf einer Autobahn festgesetzten Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h stellt einen wesentlichen Verkehrsverstoß dar, der die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage rechtfertigen kann (OVG Bremen, Beschluss vom 01.08.2007 – OVG 1 A 465/06 -, in: NZV 2007, 644).

– Wird eine Messung unmittelbar hinter dem Ortseingangsschild durchgeführt, kann nicht ohne weiteres ein grober Verstoß bejaht und ein Fahrverbot verhängt werden BayerOBLG, in: ZFS 1995, 43).

– Erfolgt die Geschwindigkeitsmessung unmittelbar (hier: 50 bis 60 m) vor der das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit markierenden Ortstafel (Zeichen 311), so ist dies ein besonderer Tatumstand, der die Annahme eines Ausnahmefalls rechtfertigen kann. Will der Tatrichter dennoch ein Regelfahrverbot verhängen, muss er in den Urteilsgründen darlegen, welche Umstände ein Unterschreiten des Mindestabstands von ca. 200 m rechtfertigen oder warum trotz Nichteinhaltens der Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung die Verhängung eines Fahrverbots gerechtfertigt ist (BayObLG, Beschluss vom 27.06.2002 – 1 ObOWi 221/02 -, in: NZV 2002, 576).

– 1 Eine Beschränkung der innerörtlich zulässigen Geschwindigkeit durch das Verkehrszeichen 274 zur StVO gilt auch für den Geradeausverkehr nur bis zur nächsten Straßeneinmündung, sofern nicht das Verkehrszeichen nach der Einmündung wiederholt oder die Geschwindigkeitsbeschränkung anderweitig angeordnet wird. 2. Soll eine Geschwindigkeitsbeschränkung innerorts auf 30 km/h über eine längere Strecke mit einmündenden Straßen angeordnet werden, muss dies durch Einrichtung einer Tempo 30-Zone gemäß Zeichen 274.1 zur StVO erfolgen (LG Bonn, Urteil vom 19.05.2003 – 2 O 567/02 – , in: NZV 2004, 98).

– 1. Im Rahmen der Frage, ob bei einer innerörtlichen Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzliche Handlungsweise anzunehmen ist, kommt es nicht auf die absolute, sondern die relative (prozentuale) Geschwindigkeitsüberschreitung an. 2. Bei einer Überschreitung der innerörtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 46 % ist nicht der Vorsatz näher zu begründen; vielmehr bedarf die Annahme eines nur fahrlässigen Handelns der Feststellung besonderer Umstände (KG, Beschluss vom 21.06.2004 – 3 Ws (B) 186/04 – , in: NZV 2004, 598).

– 1. Wer innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um fast 100 % überschreitet, handelt regelmäßig vorsätzlich. Um noch von fahrlässigem Handeln ausgehen zu können, bedarf es der Darlegung besonderer Umstände. 2. Eine Geldbuße von 250 Euro und ein Fahrverbot von 2 Monaten sind in einem solchen Fall angemessen (KG, Beschluss vom 21.04.2004 – 3 Ws (B) 83/04 – , in: NZV 2005, 159).

– In einer Fahrradstraße ist eine Geschwindigkeit als mäßig anzusehen, die derjenigen des Fahrradverkehrs angepasst ist. Schneller als 30 km/h darf nicht gefahren werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.11.2006 – 2 Ss 24/05 -, in: NZV 2007, 47; NJW 2007, 1299).

– Bei einer innerorts erfolgten Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 116 % und einer zusätzlich erfolgten absoluten Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h innerorts in einer Tempo-30-Zone, bedarf die Annahme ggf. vorliegenden fahrlässigen Handelns der Feststellung besonderer Umstände (OLG Hamm, Beschluss vom 31.07.2006 – 2 Ss OWi 401/06 -, in: NZV 2007, 263).

Geschwindigkeitsüberschreitungen auf einer Stadtautobahn (hier: Berlin) sind wegen der höheren abstrakten Gefährlichkeit als innerörtliche Verstöße zu behandeln (KG, Beschluss vom 28.03.2001 – 2 Ss 34/01 – 3 Ws (B) 88/01 -, in: NZV 2002, 47).

– 1. Geschwindigkeitsüberschreitungen auf innerstädtischen Autobahnen sind als innerörtliche Verstöße zu behandeln. 2. Eine spätere Aufhebung eines kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verwaltungsaktes lässt die Ahndung bereits begangener Zuwiderhandlungen unberührt (KG, Beschluss vom 21.04.2004 – 3 Ws (B) 158/04 – , in: NZV 2005, 160).

– Bei einer dreispurig autobahnmäßig ausgebauten Landstraße mit Mittelleitplanke braucht ein auswärtiger Verkehrsteilnehmer außerhalb geschlossener Ortschaften nicht mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h zu rechnen, wenn keine Gründe für eine solche Einschränkung, wie z.B. Baustelle, Belagsmängel oder ähnliches vorhanden sind (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 Ss 120/05 -, in: NZV 2006, 325).

– Bei einer Überschreitung der außerorts zulässigen Geschwindigkeit um beinahe 50 % liegt das Bewusstsein einer Geschwindigkeitsüberschreitung nahe, weshalb bei Hinzutreten weiterer Umstände von einer vorsätzlichen Tatbegehung ausgegangen werden kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.2006 – 1 Ss 25/06 -, in: NZA 2006, 437).

– Einem Kfz-Führer kann das für die Verhängung eines Fahrverbots erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten nicht vorgeworfen werden, wenn der Grund einer von ihm begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung darin liegt, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen infolge eines „Augenblickversagens“ nicht wahrgenommen hat und ihm insofern allenfalls einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt (hier: Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit zur Nachzeit und bei fehlender Straßenbeleuchtung nach Passieren eines Ortsausgangsschilds auf der linken Straßenseite und des auf gleicher Höhe auf der rechten Seite der Fahrbahn aufgestellten Ortseingangsschildes einer sich unmittelbar anschließenden Ortschaft) (OLG Rostock, Beschluss vom 21.06.2004 – 2 Ss (Owi) 117/04 I 90/04 – , in: NJW 2004, 2320).

– Kann der Kraftfahrer infolge Überholvorgangs ein nur am rechten Straßenrand angebrachtes Verkehrszeichen optisch nicht wahrnehmen, kann ihm ein fahrlässiger Geschwindigkeitsverstoß nicht zur Last gelegt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.03.2002 – 2 a Ss (Owi) 69/02 -, in: NZV 2002, 409).

– 1. Eine grobe Pflichtwidrigkeit liegt bei einer Überschreitung der durch Vorschriftszeichen 274 gemäß § 41 II Nr. 7 StVO beschränkten Geschwindigkeit nicht vor, wenn der Betr. lediglich in Folge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat. 2. Die Grundsätze, die der BGH zum Augenblicksversagen bei „groben“ Pflichtwidrigkeiten entwickelt hat (BGHSt 43, 241), gelten entsprechend auch für Fälle „beharrlicher“ Pflichtwidrigkeiten, da die Grundkonstellationen in beiden Fallgruppen einander entsprechen (OLG Köln, Beschluss vom 28.01.2003 – Ss 14/03 (B) – 12 B -, in: NZV 2003, 397).

– Auf ein sog. Augenblicksversagen wegen bloßen Übersehens eines Verkehrszeichens kann sich derjenige nicht berufen, der durch sein vorheriges sorgfaltswidriges Verhalten selbst in grob nachlässiger Weise zu seiner eigenen Unaufmerksamkeit beigetragen hat. Das gilt auch für den Fall einer beharrlichen Geschwindigkeitsbegrenzung auf 39 km/h die an sich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in erheblicher Weise (hier: 9 km/h) überschritten wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2003 – 1 Ss 167/02 – in: NZV 2004, 211).

– 1. Übersieht der Betroffene im Rahmen eines lange andauernden Überholvorganges mehrere geschwindigkeitsbeschränkende Schilder infolge eines Verdeckens der Schilder durch das überholte Fahrzeug, so rechtfertigt dies nicht das Absehen von der Anordnung eines Regelfahrverbotes aus dem Gesichtspunkt sogenannten Augenblicksversagens, wenn der Überholvorgang deshalb so lange gedauert hat, weil das Fahrzeug des Betroffenen an einem ihm bekannten technischen Defekt leidet. 2. Ein Absehen von der Anordnung eines Regelfahrverbotes aus beruflichen Gründen kommt bei einem selbständigen Fleischermeister nicht in Betracht, wenn der Fleischereibetrieb weitere zwei Angestellte hat, die über eine Fahrerlaubnis verfügen und lediglich zwei Mal pro Woche Fahrten zum Schlachthof von dem Betroffenen zu erledigen sind (AG Lüdinghausen, Urteil vom 04.03.2005 – 10 Owi 82 Js 8256/04 – 234/04 -, in: NZV 2006, 103).

– Die Anordnung eines Fahrverbots gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers kommt auch bei einer die Voraussetzungen des § 4 II 2 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, auf Grund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen musste (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 26.10.2006 – 903 OWi – 434 Js 13759/06 -, in: NZV 2007, 379).

– 1. Ein grober Pflichtenverstoß liegt auch dann vor, wenn ein Betroffener infolge greller Sonne und gleißenden Schnees eine geschwindigkeitsbeschränkende Beschilderung nicht wahrnimmt. 2. Zur groben Pflichtwidrigkeit bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung wegen eines defekten Tempomaten. 3. Erfüllt ein Verhalten mehrere in der Bußgeldkatalogverordnung aufgeführte Tatbestände, die ein Fahrverbot indizieren, so sind die in der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Verbotsfristen im Regelfall nicht zu addieren. 4. Bei mehreren einschlägigen Vorbelastungen in kurzer Zeit steigen die mit einem Fahrverbot verbundenen Belastungen, die ein Betroffener hinzunehmen hat (OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2006 – 4 Ss OWi 758/06 -, in: NJW 2007, 2198).

– 1. Auch wenn mehr als zwei Jahre zwischen der Tat und der Entscheidung liegen, ist nicht in jedem Fall von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen. 2. Auch wenn dem Fahrzeugführer seine Einlassung, er habe ein Geschwindigkeitszeichen schlicht übersehen, nicht widerlegt werden kann, scheidet ein Fahrverbot nicht in jedem Fall aus (z. B. bei „Geschwindigkeitsrichter“ oder mehrfacher Wiederholung des Zeichens) (Thüringer OLG, Beschluss vom 10.10.2007 – 1 Ss 356/06 -, in: NZV-aktuell 12 /2007, VI; NZV 2008, 165).

– In allen Bundesländern gibt es polizeiinterne Richtlinien, nach denen Geschwindigkeitsmessungen grundsätzlich erst in genau festgelegten Entfernungen hinter einem eine Höchstgeschwindigkeit vorschreibenden Verkehrsschild zulässig sind. Stellt die Polizei eine Geschwindigkeitsüberschreitung fest, ohne bei der Messung diesen Abstand einzuhalten, dann ist ein auf dieser Messung beruhender Bußgeldbescheid in der Regel rechtswidrig und aufzuheben.

Bei Nachfahren der Polizei zur Geschwindigkeitsmessung bei Nacht ist ein Toleranzabzug von 20 % ausreichend, aber auch erforderlich (OLG Celle, Beschluss vom 16.03.2004 – 211 Ss 34/04 – , in: NZV 2004, 419).

– 1. Bei der Geschwindigkeitsmessung durch Hinterherfahren mit einem Fahrzeug, dessen Tachometer nicht geeicht ist, ist grundsätzlich ein Sicherheitsabschlag von 20 % des Messwertes ausreichend und erforderlich, um alle denkbaren Fehlerquellen und Ungenauigkeiten der Messung auszugleichen. 2. Weicht das Tatgericht von diesem anerkannten Toleranzabzug ab, bedarf es einer eingehenden auf Tatsachen gestützten Begründung, anhand derer das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehen kann, dass der abweichende Sicherheitsabschlag im konkreten Einzelfall zum Ausgleich sämtlicher Fehlerquellen ausreichend und erforderlich ist (OLG Celle, Beschluss vom 25.10.2004 – 222 Ss 81/04 – , in: NZV 2005, 158).

– Bei einer durch eine Messung durch Nachfahren zur Nachtzeit festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung muss das tatrichterliche Urteil u.a. auch Feststellungen enthalten, wie die Beleuchtungsverhältnisse waren, ob der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug durch Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs oder durch andere Sichtquellen aufgehellt war und damit ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte (OLG Hamm, Beschluss vom 29.12.2006 – 2 Ss OWi 797/06 -, in: NZV 3/2007, VI; NJW 2007, 1298; NZV 2007, 257).

– 1. Bei der Messung mit dem ProViDa-System bedarf es regelmäßig der Angabe, welches der Messverfahren zum Einsatz gebracht worden ist. 2. Die Umstände des Messvorgangs und die Richtigkeit der vom Messgerät angezeigten Geschwindigkeit können vom Betroffenen nicht zugestanden werden, weil dieser hiervon keine Kenntnis hat. 3. Der Betroffene vermag nur in dem – noch vorhandenen – Wissen um sein eigenes Fahrverhalten einzuräumen, eine bestimmte Geschwindigkeit gefahren zu sein. 4. Dies schließt nicht aus, auch bei fahrlässiger Begehung die Geschwindigkeitsüberschreitung in einer bestimmten Höhe einzuräumen. Näherer Darlegung in den Urteilsgründen bedarf es dabei allerdings, wenn der Betroffene im Verfahren einwendet, seine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit übersehen zu haben (OLG Jena, Beschluss vom 11.08.2005 – 1 Ss 216/05 -, in: NJW 2006, 1075).

– Derzeit ist unklar, wie im Rahmen der Ahndung gemessener Geschwindigkeitsverstöße zu verfahren ist, wenn formal richtig, materiell aber falsch geeichte Messgeräte (hier: Provida 2000) genutzt worden sind. Steht die grundsätzlich erforderliche sachverständige Klärung in keinem Verhältnis zur Wertigkeit des Verstoßes, und besteht die Vermutung, dass nach Einholung eines sachverständigen Gutachtens eine zusätzliche Toleranz zu gewähren wäre, die zur Festsetzung einer Geldbuße nur im nicht eintragungsfähigen Bereich führen könnte, kommt eine Einstellung des Verfahrens in Betracht (AG Lüdinghausen, Beschluss vom 27.03.2007 – 10 OWi 89 Js 18/07 – 5/07 -, in: NZV 2007, 432).

– 1. Ein Geschwindigkeitsüberschuss von 9,8 km/h stellt beim Überholen eines LKW auf einer Bundesautobahn jedenfalls bei hohem Verkehrsaufkommen nicht eine „wesentlich höhere Geschwindigkeit“ dar. 2. Zu den Besonderheiten der Messung der Differenzgeschwindigkeit durch ein Messverfahren (hier: VAMA), das durch in dem Verfahren selbst enthaltene Toleranzen das überholende und das überholte Fahrzeug „verlangsamt“ (AG Lüdinghausen, Urteil vom 19.12.2005 – 10 Owi 89 Js 2124/05-248/05 -, in: NZV 2006, 492).

– Bei der Lichtschrankenmessung mit einem Gerät der Marke ESO Typ ES 1.0 mittels passiver Messung ohne Lichtsender handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.10.2007 – 4 Ss 264/07 -, in: NZV-aktuell 12/2007, IV; NZV 2008, 43).

– 1. Bei dem Video-Brücken-Abstandsmessverfahren ViBrAM-BAMAS handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren i.S. der Rechtsprechung des BGH. 2. Ist der Betroffene einer Ordnungswidrigkeit des Nichteinhaltens des vorgeschriebenen Abstandes schuldig, welche mit dem genannten Verfahren nachgewiesen wurde, muss der Tatrichter in den schriftlichen Urteilsgründen in der Regel nur das angewendete Messverfahren (ViBrAM-BAMAS), die Geschwindigkeit des Betroffenen sowie die Länge des Abstandes zwischen den Fahrzeugen des Betroffenen und des Vorausfahrenden feststellen. Toleranzen brauchen weder zur Geschwindigkeit noch zum Abstand mitgeteilt zu werden. 3. Beträgt die festgestellte Unterschreitung des Abstandes zwischen den beiden Fahrzeugen weniger als einen Meter bezogen auf den Abstand, der für die Bemessung der Rechtsfolgen nach Nr. 12.4 bis Nr. 12.6.5 der Anlage und des Anhanges zur BkatV maßgeblich ist, bedarf es unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls der zu Recht erhoben ist. In diesen Fällen ist in den schriftlichen Urteilsgründen über die vorstehend genannten Punkte hinaus mitzuteilen, auf Grund welcher Umstände der Betroffene gleichwohl einer Unterschreitung des Abstandes im vorgegebenen Umfang schuldig ist. Der Mitteilung des gesamten Rechenwerkes des Verfahrens ViBrAM-BAMAS bedarf es auch in diesen Fällen nicht. 4. Vorbehaltlich der Aufklärungspflicht kann die vom ermittelnden Polizeibeamten mit Hilfe der EDV erstellte Auswertung, in der insbesondere die Geschwindigkeit des Betroffenen und die Länge des Abstandes errechnet wurden, in der Hauptverhandlung verlesen werden. Einer Vernehmung des Polizeibeamten bedarf es dann nicht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.08.2007 – 4 Ss 23/07 -, in: NZV 2008, 40).

– 1. Die Abstandsmessung mit dem Messsystem VAMA ist noch immer standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH. 2. Neben den systemimmanenten Toleranzen sind Zusatztoleranzabzüge beim VAMA-Verfahren auch trotz neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu dem System nicht vorzunehmen. 3. Ein Berufsfeuerwehrmann kann aus seiner beruflichen Situation keinerlei fahrverbotsrelevante Härten herleiten (AG Lüdinghausen, Urteil vom 12.11.2007 – 19 OWi-89 Js 1800/07-191/07 -; in: NZV 2008, 109).

– Bei einem standardisierten Messverfahren drängt sich eine weitere Beweisaufnahme auf bzw. liegt diese nahe, wenn konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes behauptet werden (OLG Hamm, Beschluss vom 11.12.2006 – 2 Ss OWi 598/06 -, in: NZV 2007, 155).

– 1. Die Auswertung des Schaublattes eines Fahrtenschreibers i.S.v. § 57 a I StVO oder eines EG Kontrollgerätes gem. Art. 3 I VO EWG Nr. 3821/85 zum Zwecke der Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen kann das Gericht im Regelfall ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen vornehmen. 2. Zum Ausgleich von Fehlerquellen ist ein Toleranzwert von 6 km/h von der festgestellten Geschwindigkeit in Abzug zu bringen. Dieser Toleranzwert wird aus Anhang 1 Ziff. 3 f Nr. 3 b zur Verordnung EWG Nr. 3821/85 hergeleitet (OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2007 – 2 Ss OWi 843/07 -, in: NZV-aktuell 12/2007, VI; NZV 2008, 45).

– Da die Bauweise einer Abgasanlage Einfluss auf die Motorleistung eines Kfz haben kann, ist nicht auszuschließen, dass ein defekter Katalysator die Motorleistung beeinträchtigt. Insoweit liegt ein schlüssiger Einwand im Rahmen der Rechtsverteidigung gegen den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung vor (KG, Beschluss vom 08.01.2007 – 2 Ss 292/06 – 3 Ws (B) 603/06 -, in: NZV 2007, 323).

– Wird der Betroffene vom Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung freigesprochen und benennt er nicht den tatsächlichen Fahrzeugführer, so sind die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen dennoch der Staatskasse aufzuerlegen, wenn der Name des tatsächlichen Fahrzeugführers für Gang und Dauer der weiteren Ermittlungen irrelevant war (LG Cottbus, Beschluss vom 25.04.2007 – 24 Qs 66/07 -, in: NZV-aktuell 8/2007, VI; NJW 2007, 3299).

– 1. Dem Halter eines Kraftfahrzeuges, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, obliegt es gegenüber der Bußgeldbehörde, die sachdienlichen Angaben zur Ermittlung der fahrenden Person zu machen, die ihm möglich und zumutbar sind. Dazu gehört in erster Linie eine vollständige Offenlegung des Kreises der Personen, die für den Tatzeitpunkt als Führer/in des Fahrzeugs in Betracht kommen. 2. Unterlässt er dies oder kommt er dieser Obliegenheit nur unvollständig nach, ist regelmäßig die Täterermittlung i. S. d. § 31a StVZO nicht möglich und kann die Führung eines Fahrtenbuches angeordnet werden. 3. Auf fehlendes Erinnerungsvermögen kann sich ein Inhaber eines kaufmännisch geführten Betriebs nicht berufen; ihm obliegt es, hinreichend aussagekräftige Geschäftsunterlagen zu führen. 4. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch 12 Monate lang führen zu müssen, ist bei einem Geschwindigkeitsverstoß von mehr als 30 km/h nicht unverhältnismäßig (VG Braunschweig, Urteil vom 30.06.2004 – 6 A 493/03 – , in: NZV 2005, 164).

– Der zweite Verstoß, der ein Regelfahrverbot auslöst, muss subjektiv grob pflichtwidrig sein. Dies ist bei einem Augenblicksversagen nicht der Fall (AG Frankfurt/Main, Urteil vom 26.10.2006 – 903 OWi 434 Js 13759/06 -; in: Mitteilungsbl. der ARGE Verkehrsrecht 2007, 128).

– 1. Ein Verkehrsverstoß kann im Einzelfall durch einen Notstand, § 16 OWiG, gerechtfertigt sein, wenn der oder die Betroffene ihn begangen hat, um einem plötzlich aufgetretenen und „unabweisbaren“ Stuhldrang (Durchfall) nachzukommen. 2. Wird der Betroffene verurteilt, weil er die zulässige Geschwindigkeit überschritten habe, müssen die Feststellungen belegen, dass er vorwerfbar schneller als erlaubt gefahren ist. 3. Voreintragungen die zum Nachteil des Betroffenen berücksichtigt werden, sind im Urteil festzustellen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.12.2007 – IV-5 SS-OWi 218/07 – (OWi) 150/07 -; in: NZV-aktuell 6/2008, VI).

– Ein standardisiertes Verfahren i.S.d. Rechtsprechung erfordert eine standardmäßige Verwendung nicht nur im Rahmen der eigentlichen Messvorgänge, sondern auch bei den vorausgehenden Gerätetests. Kommt es zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung des Herstellers, liegt kein standardisiertes Messverfahren mehr vor. 2. Es widerspricht Sinn und Zweck des beschleunigten Charakters des Bußgeldverfahrens in Verkehrssachen, auch individuelle Messverfahren zuzulassen, die nicht der Gebrauchsanweisung des Herstellers entsprechen (AG Rathenow, Beschluss vom 02.04.2008 – 9 Owi 451 Js – Owi 6383/08 (37/08) -; in: NZV-aktuell 7/2008, VI).

– 1. Alle Ordnungswidrigkeitenverfahren, die mit Dienstfahrzeugen aus einer Liste ermittelt und verfolgt worden sind, sind gem. § 47 I 2 OWiG durch die Verfolgungsbehörde einzustellen, da die Verwertbarkeit der gewonnenen Messergebnisse mit dem Videonachfahrsystem ProViDa 2000 wegen eines formalen Mangels der Nichteichbarkeit der Fahrzeuge zumindest ernsthaft in Frage gestellt ist. 2. Zur Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen bei Verfahrenseinstellungen gem. § 467 IV i. V. m. § 46 I OWiG (OLG Bamberg, Beschluss vom 11.04.2008 – 2 Ss OWi 423/08 -; in: NZV 2008, Heft 8, VI).

– Die von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für sogenannte standardisierte Maßnahmen gelten nur dann, wenn das jeweilige Messgerät vom Bedienungspersonal auch standardmäßig, d. h. in geeichtem Zustand, seiner Bauartzulassung entsprechend und gemäß der vom Hersteller mitgegebenen Bedienungs-/ Gebrauchsanweisung verwendet worden ist, und zwar nicht nur beim eigentlichen Messvorgang, sondern auch und gerade bei den ihm vorausgehenden Gerätetest (OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2008 – 2 Ss OWi 229/08 -; in: NZV 2008, Heft 8, VI).

– 1. In Fällen der Identifizierung eines Betr. Anhand von Lichtbildern müssen die Urteilsgründe so gefasst werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob die Beweisfotos überhaupt zur Identifizierung eines Person geeignet sind. Diese Forderung kann der Tatrichter dadurch erfüllen, dass er in den Urteilsgründen auf die in den Akten befindlichen Beweisfotos Bezug nimmt; die Lichtbilder werden dann Bestandteil der Urteilsgründe, so dass es im Regelfall keiner weiteren Ausführungen bedarf. Verzichtet der Tatrichter dagegen auf diese Verweisung, muss das Urteil Ausführungen zu Bildqualität, -schärfe und –inhalt enthalten und die abgebildete Person (oder jedenfalls mehrere Identifizierungsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenarten) so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei Betrachtung der Fotos die Prüfung von deren Ergiebigkeit ermöglicht wird. 2. In Fällen der Geschwindigkeitsprüfung mittels Videoaufnahmen müssen die Urteilsgründe Feststellungen zu Fahrzeugabstand und Geschwindigkeit des Tatfahrzeugs enthalten; auch insoweit genügt die bloße Mitteilung des Ergebnisses der Überzeugungsbildung des Tatrichters nicht (OLG Bamberg, Beschluss vom 21.04.2008 – 2 Ss OWi 499/08 -; in: NZV 2008, 469).

– 1. Ein Verkehrsverstoß kann im Einzelfall durch einen Notstand, § 16 OWiG, gerechtfertigt sein, wenn der oder die Betr. ihn begangen hat, um einem plötzlich aufgetretenen und „unabweisbaren“ Stuhldrang (Durchfall) nachzukommen. 2. Wird der Betr. verurteilt, weil er die zulässige Geschwindigkeit überschritten habe, müssen die Feststellungen belegen, dass er vorwerfbar schneller als erlaubt gefahren ist. 3. Voreintragungen, die zum Nachteil des Betr. berücksichtigt werden, sind im Urteil festzustellen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.12.2007 – IV-5 Ss-OWi 218/07 -; in: NZV 2008, 470).

– 1. Der Schätzung der Geschwindigkeit durch einen Zeugen kommt dann besonderes Gewicht zu, wenn sie von einem in der Verkehrsüberwachung erfahrenen Beamten durchgeführt wurde. Handelt es sich nicht um einen regelmäßig mit der Überwachung des fließenden Verkehrs befassten Gemeindevollzugsbeamten, so bedarf es im Urteil Feststellungen dazu, welche Schulungen der Zeuge absolviert hat und in welchem Umfang und in welchen Zeiträumen er mit Geschwindigkeitsmessungen beauftragt war. 2. Das Urteil muss ferner ein nähere Beschreibung der Bezugstatsachen für die Schätzung enthalten, insbesondere der konkreten Örtlichkeit, an welcher der Verkehrsverstoß begangen wurde, des Blickwinkels, aus welchem der Schätzende das Fahrzeug wahrgenommen hat, der gefahrenen Wegstrecke und etwaigen Zeitdauer des Verstoßes und gegebenenfalls der Lichtverhältnisse. 3. Solche detaillierten Feststellungen sind insbesondere dann veranlasst, wenn gegen den Betroffenen neben der Geldbuße auch ein Fahrverbot verhängt wurde (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.06.2008 – 1 Ss 25/08 -; in: NJW 2008, 3156).

– 1. Die Geschwindigkeitsmessung mittels des Messgerätes ES 3.0 des Herstellers eso ist standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081. 2. Ein Absehen von einem Regelfahrverbot nach einem grob pflichtwidrigen Geschwindigkeitsverstoß ist selbst bei Vorliegen etwaiger Härten dann nicht möglich, wenn zugleich ein Fall der Beharrlichkeit vorlag (AG Lüdinghausen, Urteil vom 27.10.2008 – 10 OWi-89 Js 1585/08-146/08 -; in: NZV 2009, 205).

– Die von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für sogenannte standardisierte Messverfahren gelten nur dann, wenn das jeweilige Messgerät vom Bedienungspersonal auch standardmäßig, d. h. in geeichtem Zustand, seiner Bauartzulassung entsprechend und gemäß de vom Hersteller mitgegebenen Bedienungs-/Gebrauchsanweisung verwendet worden ist, und zwar nicht nur beim eigentlichen Messvorgang, sondern auch und gerade bei den ihm vorausgegangenen Gerätetests (OLG Hamm, Beschluss vom 15.5.2008 – 2 Ss OWi 229/08 -; in: NZV 2009, 248).

– 1. Alle Ordnungswidrigkeitenverfahren, die mit Dienstfahrzeugen aus einer Liste ermittelt und verfolgt worden sind, sind gem. § 47 I 2 OWiG durch die Verfolgungsbehörde einzustellen, da die Verwertbarkeit der gewonnenen Messergebnisse mit dem Videonachfahrsystem ProViDa 2000 wegen eines formalen Mangels der Nichteichbarkeit der Fahrzeuge zumindest ernsthaft in Frage gestellt sind (OLG Bamberg, Beschluss vom 11.04.2008 – 2 Ss OWi 423/08; in: NZA 2009, 249).

– 1. Ein standardisiertes Verfahren i.S.d. Rechtsprechung erfordert eine standardmäßige Verwendung nicht nur im Rahmen des eigentlichen Messvorgangs, sondern auch bei den vorausgehenden Gerätetests. Kommt es zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung des Herstellers, liegt kein standardisiertes Messverfahren mehr vor. 2. Es widerspricht Sinn noch Zweck des beschleunigten Charakters des Bußgeldverfahrens in Verkehrssachen, auch individuelle Messverfahren zuzulassen, die nicht der Gebrauchsanweisung des Herstellers entsprechen (AG Rathenow, Beschluss vom 02.04.2008 – 9 OWi 451 Js – Owi 63 383/08 (37/08) -; in: NZA 2009, 249).

– Die von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für sogenannte standardisierte Messverfahren erfordern eine standardmäßige Verwendung nicht nur im Rahmen des eigentlichen Messvorgangs, sondern auch bei den vorausgehenden Gerätetests. Kommt es zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung des Herstellers, liegt kein standardisiertes Messverfahren mehr vor (OLG Celle, Beschluss vom 26.06.2009 – 311 SsBs 58/09 -; in: NZV aktuell 8/2009, VIII).

– Erhebt der Betroffene substantiierte Einwendungen gegen das standardisierte Messergebnis, so existieren unter Umständen in diesem Bereich Fehlerquellen; diese Umstände hat der Tatrichter auf entsprechenden Beweisantrag des Betroffenen nachzuprüfen, wobei er sich – mangels eigener Sachkunde – der Hilfe eines technischen Sachverständigen bedienen muss (OLG Celle, Beschluss vom 16.07.2009 – 311 SsBs 67/09 -; in: NZV aktuell 9/2009, VI).

– Die Rechtsauffassung, die in Mecklenburg-Vorpommern mittels einer Videoaufzeichnung vorgenommene Geschwindigkeitsmessung auf einer Bundesautobahn könne auf den Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstands nach § 4 StVO des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 01.07.1999 als Rechtsgrundlage für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gestützt werden, ist unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar und daher willkürlich (BVerfG, Beschluss vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 -; in: NJW-aktuell 44/2009, VI; NJW 2009, 3293 und NZV 2009, 618).

– 1. Ob aus einem Beweiserhebungs- auch ein Beweisverwertungsverbot folgt, ist regelmäßig im Einzelfall zu entscheiden. Je gravierender die Rechtsverletzung bei der Beweisgewinnung ist, umso eher kommt ein Beweisverwertungsverbot in Betracht. 2. Die Abstandsüberwachung mittels Videokamera unterliegt einem Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot. 3. Über den vom Bundesverfassungsgericht (NJW 2009, 3293) entschiedenen Fall der Videoüberwachung hinaus gilt das Verwertungsverbot für jede Art von Verkehrsverstößen, bei welchen eine Identifizierung des Fahrers nur mittels des Tatbildes möglich ist, als auch für Geschwindigkeitsmessungen (stationär und mobil, außer Lasermessungen) und stationäre Rotlichtüberwachung (AG Grimma, Urteil vom 27.08.2009 – 3 OWi 154 Js 1964/09 -; in: NZV aktuell 12/2009, VI).

– Es besteht kein Beweiserhebungsverbot bei Geschwindigkeitsmessungen durch Angestellte eines Landkreises (OLG Oldenburg, Beschluss vom 11.03.2009 – 2 Ss Bs 42/09 -; in: NZV 2010, 163).

– Bei Verwendung eines Geschwindigkeitsmeßgerätes PoliScan Speed der Firma Vitronic handelt es sich um ein amtlich anerkanntes, standardisiertes Messverfahren, so dass der konkrete Messvorgang einer sachverständigen Begutachtung nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlmessung unterzogen werden muss (KG, Beschluss vom 26.02.2010 – 2 Ws (B) 94/10 – 2 Ss 349/09 -; in: NZV 2010, 311).

– 1. Gesetzliche Grundlage für die verdachtsabhängige Herstellung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen zur Verfolgung von Geschwindigkeitsüberschreitungen in Bußgeldsachen ist § 100 h I 1 Nr. 1 StPO i. V. mit § 46 I OWiG. 2. Der Anfangsverdacht für die Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Auslösung des Messfotos nicht für jedes betroffene Fahrzeug durch den Messbeamten gesondert veranlasst wird, sondern auf einer vorab erfolgten Programmierung des Geschwindigkeitsmessgeräts auf einen bestimmten Grenzwert beruht. 3. Die Herstellung von Messfotos zur Identitätsfeststellung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten verstößt grundsätzlich nicht gegen den Subsidiaritätsgrundsatz (§ 100 h I 1 a. E. StPO), weil die Geschwindigkeitsmessung und lichtbildgestützte Tatfeststellung im standardisierten Verfahren eine bewährte und besonders zuverlässige Möglichkeit zur Ermittlung der Identität der Tatverdächtigen bietet, die durch andere Maßnahmen nicht gleichermaßen gewährleistet und ersetzt werden kann (OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2010 – 1 Ss (OWi) 23 Z/10 -; in: NZV 2010, 318; NJW 2010, 1471).

– 1. Verdachtsabhängig veranlasste Bildaufzeichnungen (Video oder Foto) bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen haben ihre Ermächtigungsgrundlage in §§ 100h I StPO (Video), 163b I StPO (Foto) i. V. mit § 46 I OWiG. 2. Dies gilt auch bei automatisch veranlassten Bildaufzeichnungen (stationäre und mobile anlagen mit automatischem „Blitzer“, hier: „Traffipax Traffiphot S“) (AG Meißen, Urteil vom 14.10.2009 – 13 OWi 705 Js 30975/09 -; in: NZV 2010, 320).

– Die von der obergerichtlichen Rechtssprechung aufgestellten Grundsätze für sogenannte standardisierte Messverfahren erfordern eine standardmäßige Verwendung nicht nur im Rahmen des eigentlichen Messvorgangs, sondern auch bei den vorausgehenden Gerätetests. Kommt es zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung des Herstellers liegt kein standardisiertes Messverfahren mehr vor (OLG Celle, Beschluss vom 26.06.2009 – 311 SsBs 58/09 -; in: NZV 2010, 414).

– 1. Ein Beweisbild einer Messung mit dem Geschwindigkeitsmessgerät ES 3.0 mit der Softwareversion 1.001 muss so ausgestattet sein, dass alle fahrbaren Teile im Beweisbild abgebildet sein müssen, auf denen sich den Messwert beeinflussende Fahrabläufe ereignen können. 2. Sofern ein Teil der rechten Fahrspur (Lastspur) und die gesamte Standspur von der Fotoeinrichtung nicht erfasst werden, kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sich auf dem nicht erfassten Bereich ein Fahrzeug befunden hat, welches den Messwert beeinflusst haben könnte. Die vorgenommene Spurselektion ändert daran nichts, sofern die Seitenabstandsmessung nicht zuverlässig funktioniert (AG Zerbst, Beschluss vom 17.05.2010 – 8 OWi 467/10 -; in: NZV 2010, 475).

– 1. Die Heranziehung des § 100 h I 1 Nr. 1 StPO i. V. mit § 46 I OWiG als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, wenn der Verdacht eines Verkehrsverstoßes gegeben ist, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Beschränkung dieser Rechtsgrundlage auf Observationszwecke ist mithin verfassungsrechtlich nicht geboten. 2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bei der Anwendung von § 100h I Nr. 1 StPO i. V. mit § 46 I OWiG einen Tatverdacht bereits ab dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem das Messgerät eine Geschwindigkeitsüberschreitung registriert, und dass die Auslösung des Fotos nicht für jedes betroffene Fahrzeug durch den Messbeamten gesondert erfolgt. 3. Die Anfertigung von Bildaufnahmen zum Beweis von Verkehrsverstößen ist bei Beachtung der Subsidiaritätsklausel des § 100 h 1 Halbs. 2 StPO (i. V. mit § 48 I OWiG) ein zur Erreichung ihres Zwecks, die Sicherheit des Straßenverkehrs aufrechtzuerhalten und damit dem aus Art. 2 II 1 GG folgendes Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben zu dienen, geeigneter, erforderlicher und zumutbarer Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerFG (2. Kammer des Zweiten Senats), Beschluss vom 05.07.2010 – 2 BvR 759/10 -; in: NZV 2010, 582).

– Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät PoliScanSpeed handelt es sich um ein amtlich anerkanntes, standardisiertes Messverfahren (KG, Beschluss vom 26.02.2010 – 3 Ws (B) 94/10 -; in: NZV 2010, 636).

– Die systembedingten Unmöglichkeit der nachträglichen Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung mit dem PoliScanSpeed-Messsystem führt nicht zur Unverwertbarkeit der Messung (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 01.03.2010 – 2 Ss OWi 577/09 -; in: NZV 2010, 636).

– Ist auf Grund besonderer Umstände (hier: eindeutige Messwertzuordnung infolge Überholens eines zweiten Motorrads mit sehr geringem Seitenabstand zum Motorrad des Betroffenen im Messbereich) nicht von einem standardisierten Messverfahren auszugehen, so hat das Urteil neben dem vorgenommenen Toleranzabzug auch die Bekundungen der Messbeamten zu den Einzelheiten der Messung darzulegen. Mitzuteilen sind z. B. der Messwinkel, der am Messobjekt anvisierte Punkt, der Schulungsstand der Beamten sowie die gerätebezogene Justierungspraxis (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.01.2010 – IV RBs 149/09 -; in: NZV 2011, 99).

– 1. In durchschnittlichen Fällen, in denen die Geschwindigkeitsmessung konkret nicht angezweifelt wird, reich es zur Akteneinsicht aus, wenn der Akte das Messprotokoll, der Eichschein und der Schulungsnachweis beigefügt sind. 2. Sofern der Verteidiger aber konkret die Vorlage bestimmter Beweismittel beantragt, u. a. Lebensakte des Geräts, Schulungsnachweis des Messbeamten, Bedienungsanleitung des Messgeräts, sind auch diese Unterlagen dem Verteidiger zugänglich zu machen, weil ansonsten das Recht auf rechtliches Gehör verletzt wäre. 3. Dies gilt auch, wenn diese Gegenstände noch nicht Teil der Gerichtsakte sind, sondern sich in behördlicher Hand befinden. 4. Der Verteidiger kann nicht darauf verwiesen werden, die Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung in Räumen der Polizeidienststelle vorzunehmen (Beschluss vom 25.10.2010 – 5 Owi 146/10 -; in: NZV-aktuell 5/2011, VI).

– Bei Verkehrsüberwaschungen mittels Messungen durch das ProviDa-System 2000 im Betrieb mit Motorrädern ist (zurzeit) nur bei Geradeausfahrten mit aufrechter Position von einem standardisierten Messverfahren auszugehen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.08.2010 – 3 RBs 226/10 -; in: NZV 2011, 267).

– 1. Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem als standardisiertes Messverfahren anerkannten Police-Pilot-System reicht bei Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h ein Toleranzabzug von 5 %, bei Geschwindigkeiten von weniger als 100 km/h ein solcher von 5 km/h aus, um sämtliche Fehlerquellen zu berücksichtigen. 2. Will das Tatgericht von diesen Toleranzwerten zu Lasten des Betroffenen abweichen, bedarf es eingehender Darlegungen, warum im konkreten Fall ausnahmsweise in geringerer Toleranzabzug ausreichend erscheint. 3. Unabhängig davon bedarf es in jedem Fall auch der Angabe, welche Messeinstellung („man“ oder „auto 2“) im konkreten Fall verwendet worden ist (OLG Celle, Beschluss vom 10.06.2010 – 322 SsBs 161/10 -; in: NZV 2011, 411).

– Der Verteidiger des Betroffenen hat im Rahmen des Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, ein Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Sachverständigen zu Verfügung gestellt werden. Die Akteneinsicht wird in den Räumen der Verwaltungsbehörde gewährt. Dem steht nicht entgegen, dass der Verteidiger nicht ortsansässig ist. Der Fertigung von Kopien derselben stehen urheberrechtliche Bestimmungen zum Schutz dieser Aufzeichnungen entgegen (AG Gelnhausen, Beschluss vom 14.09.2010 – 44 OWi 2945 Js 13 251/10 -; in: NZV 2011, 362).

– 1. In durchschnittlichen Fällen, in denen die Geschwindigkeitsmessung konkret nicht angezweifelt wird, reicht es zur Akteneinsicht aus, wenn der Akte das Messprotokoll, der Eichschein und der Schulungsnachweis beigefügt sind. 2. Sofern der Verteidiger aber konkret die Vorlage bestimmter Beweismittel beantragt, u. a. Lebensakte des Gerätes, Schulungsnachweis des Messbeamten, Bedienungsanleitung des Messgerätes, sind auch diese Unterlagen dem Verteidiger zugänglich zu machen, weil ansonsten das Recht auf rechtliches Gehör verletzt wäre. 3. Dies gilt auch, wenn diese Gegenstände noch nicht Teile der Gerichtsakte sind, sondern sich in behördlicher Hand befinden. 4. Der Verteidiger kann nicht darauf verwiesen werden, die Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung in Räumen der Polizeidienststelle vorzunehmen (AG Ellwangen, Beschluss vom 25.10.2010 – 5 OWi 146/10 -; in: NZV 2011, 363).

– Wer als Fahrer eines Kraftfahrzeugs vor dem Erreichen eines Parkplatzes ein die Höchstgeschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeigen passiert, kann sich nach dem Verlassen des Parkplatzes und Weiterfahrt in die ursprüngliche Richtung nicht damit entlasten, dass sich nicht unmittelbar nach der Ausfahrt des Parkplatzes erneut ein entsprechendes Verkehrszeichen befunden und er die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung mittlerweile vergessen habe (OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.09.2011 – 2 SsRs 214/11 -; in: NZV 2012, 193).

– Stellt der Tatrichter bei der Geschwindigkeitsmessung mit dem System VKS 3.0 – Softwareversion 3.1 – einen Eingabefehler bei der manuellen Auswertung fest (hier: Eingabe eines offensichtlich falschen Datums), so müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, warum der Tatrichter dennoch von der Richtigkeit des Messergebnisses überzeugt ist. Es reicht nicht aus, die Geschwindigkeit anhand einer eigenen Wegzeitberechnung aus den Wegmarken der Videostandbilder abzuleiten (OLG Celle, Beschluss vom 10.01.2013 – 322 SsBs 356/12 -; in: NZV 2013, 201).

– Neben dem Messfoto und dem Foto der Fotolinie bedarf es bei der Messung mit dem Verfahren eso ES3.0 keiner weiteren „Erfassung des Messbereichs“ (AG Lüdinghausen, Urteil vom 14.01.2013 – 19 OWi 89 Js-OWi 1805/12 – 221/12 -; in: NZV 2013, 309).

– Angesichts der immer komplexer (und nicht fehlerfreien) Überwachungstechnik im Straßenverkehr entspricht es einem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, dem Betr. die behördeninternen Unterlagen über das verwendete Messgerät zur Verfügung zu stellen (AG Menden, Beschluss vom 17.04.2013 – 8 OWi 44/13 -; in: NZV 2013, 356).

Bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen kann in der Regel von vorsätzlicher Begehungsweise ausgegangen werden, wobei dies nach der Rechtsprechung ab Überschreitungen von ca. 40 % angenommen wird. Bei niedrigeren Überschreitungen müssen weitere Indizien herangezogen werden, wie etwa das Vorliegen von mehreren Geschwindigkeitsüberschreitungen in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang (OLG Celle, Beschluss vom 28.10.2013 – 322 SsRs 280/13 -; in: NZV 2014, 232).

– Wird einem Betroffenen vom Tatrichter die Einsicht in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgeräts versagt, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren regelmäßig vorzutragen, welche Tatsachen sich aus der Bedienungsanleitung hätten ableiten lassen und welche Konsequenzen sich für die Verteidigung hieraus ergeben hätten (§ 79 III OwiG i. V. mit § 344 II 2 StPO). Sofern eine konkrete Benennung dieser Tatsachen mangels Zugriffs auf die Bedienungsanleitung nicht möglich ist, muss sich der Rechtsbeschwerdebegründung jedenfalls entnehmen lassen, welche Anstrengungen der Verteidiger bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge (= Rechtsbeschwerdebegründungsfrist) unternommen hat, um sich Einsicht in die Bedienungsanleitung zu verschaffen (Anschluss an OLG Hamm, NStZ-RR 2013, 53 [Ls] = BeckRS 2012, 22839 sowie OLG Celle, NZV 2013, 307 = ZfS 2013, 412 und ZfS 2013, 652) (OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.05.2014 – 1 Ss (OWi) 34/14 -).

– Das eine Schneeflocke (vgl. § 39 VIII StVO) darstellende Zusatzschild i. S. von § 39 III StVO zum die Geschwindigkeit begrenzenden Schild enthält bei sinn- und zweckorientierter Betrachtungsweise lediglich einen – entbehrlichen – Hinweis darauf, dass die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Gefahrenabwehr wegen möglicher winterlicher Straßenverhältnisse dient (OLG Hamm, Beschluss vom 04.09.2014 – III-1 RBs 125/14 -; in: NZV 2014, 534).

– Überschreitet ein Pkw-Führer außerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 40 km/h, handelt er bedingt vorsätzlich (OLG Koblenz, Beschluss vom 26.08.2013 – 2 SsBs 128/12 -; in: NZV 2014, 589).

– 1. Die Feststelllung, dass der Betroffene vor der Messstelle bereits mehrere die Geschwindigkeit begrenzende Verkehrsschilder passiert hat, ist zur Begründung vorsätzlicher Begehungsweise regelmäßig nicht ausreichend, weil nicht auszuschließen ist, dass der Betroffene die Geschwindigkeitsbegrenzungen beachtet und nur die letzte (vor der Messung) missachtet hat. 2. Es wird daran festgehalten (OLG Braunschweig, DAR 2011, 406), dass eine vorsätzliche Begehungsweise nicht angenommen werden kann, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung weniger als 40 % beträgt und weitere Tatsachen, aus denen auf Vorsatz geschlossen werden kann, nicht feststellbar sind (OLG Braunschweig, Beschluss vom 13.05.2013 – 1 Ss (OWiZ) 85/13 -; in: NZV 2015, 98).

– Wird einem Betroffenen vom Tatrichter die Einsicht in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgeräts versagt, ist im Rechtsbeschwedeverfahren regelmäßig vorzutragen, welche Tatsachen sich aus der Bedienungsanleitung hätten ableiten lassen und welche Konsequenzen sich für die Verteidigung hieraus ergeben hätten (§ 79 III OWiG i. V. mit § 344 II 2 StPO). Sofern eine konkrete Benennung dieser Tatsachen mangels Zugriffs auf die Bedienungsanleitung nicht möglich ist, muss sich der Rechtsbeschwerdebegründung jedenfalls entnehmen lassen, welche Anstrengungen der Verteidiger bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge (= Rechtsbeschwerdebegründungsfrist) unternommen hat, um sich Einsicht in die Bedienungsanleitung zu verschaffen (Anschluss an OLG Hamm, NStZ-RR 2013, 53 [Ls] = BeckRS 2012, 22839 sowie OLG Celle, NZV 2013, 307 = ZfS 2013, 412 und ZfS 2013, 652) (OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.05.2014 – 1 Ss (OWi) 34/14 -; in: 46).

– Es besteht ein Beweisverwertungsverbot, wenn entgegen des einschlägigen Erlasses die Inhaberin einer privaten Messfirma – ohne von der örtlichen Ordnungsbehörde angestellt zu sein – an der Auswertung der Geschwindigkeitsmessungen beteiligt ist. Gleiches gilt auch, wenn die Messung von einem im Wege der Arbeitnehmerüberlassung der Ordnungsbehörde zur Verfügung gestellten Mitarbeiter vorgenommen wird und dieser wirtschaftlich und persönlich eng mit der Messfirma verbunden ist, welche wiederum bzgl. der Messungen rein erfolgsabhängig vergütet wird (AG Gelnhausen, Urteil vom 26.03.2014 – 44 OWi-2255 Js 3061/14 -; NZV 2015, 46).

– Eine Geschwindigkeitsbeschränkung (§ 41 I StVO i. V. mit Zeichen 274 der Anlage 2), die lediglich für die linke Fahrspur angeordnet ist, regelt die zulässige Geschwindigkeit nicht auf den benachbarten Fahrspuren, für die ein Fahrstreifenbenutzungsverbot i. S. des § 37 III 2 StVO („rote gekreuzte Schrägbalken“) gilt (OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.05.2014 – 1 Ss (OWi) 26/14 -; in: NZV 2015, 47).

– Einen bloßen Bei- und Mitfahrer in einem Kraftfahrzeug trifft währen der Fahrt grundsätzlich keine Pflicht, hinsichtlich der Beschilderung Aufmerksamkeit walten zu lassen. Eine Erkundigungspflicht nach einem Fahrerwechsel hinsichtlich etwaiger geltender durch Beschilderung gesetzter Geschwindigkeitsbeschränkungen trifft ihn im Regelfall nicht. (OLG Hamm, Beschluss vom 18.06.2014 – 1 RBs 89/14 -; in: NZV 9/2015, 457).

– Der Grad der Überschreitung der zulässigen Höchtsgeschwindigkeit kann ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein, wobei es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit ankommt. Es ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird. (OLG Hamm, Beschluss vom 10.05.2016 – 162 Ss 4/15 -; in: NZV 9/2016, 439).

– 1. Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät PoliScan Speed setzt die Verwertung der Messung als Ergebnis eines sogenannten standardisierten Messverfahrens voraus, dass sowohl die Messung selbst als auch die Auswertung der Messdaten entsprechend den Vorgaben der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt (PTB) erfolgen muss. 2. Danach muss die Auswertung der Messdaten jeweils mit dem aktuellen, von der PTB zugelassenen Auswerteprogramm erfolgen. 3. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist eine originär hoheitliche Aufgabe und obliegt der Verwaltungsbehörde (§ 35 OwiG). Deshalb muss sowohl die Messung selbst als auch die Auswertung der Messdaten von der Verwaltungsbehörde verantwortet werden. 4. Eine Übertragung der Auswertung der Messdaten auf eine private Firma (Vermieterin des Messgeräts) ist unzulässig. So gewonnene Messdaten unterliegen einem Beweisverwertungsverbot. ( AG Michelstadt, Urteil vom 16.04.2015 – 2 Owi-8200 Js 17495/14) -; in: NZV 12/2015, 607).

Rotlichtverstoß

Geschwindigkeitsüberschreitungen und Rotlichtverstöße sind nicht nur teuer, sondern können auch zu einem Fahrverbot führen. Nach der Rechtsprechung sind jedoch viele Möglichkeiten denkbar, von einem Fahrverbot abzusehen, auch wenn nach dem Bußgeldkatalog eigentlich ein Fahrverbot fällig wäre.

– War die Ampel schon mindestens eine Sekunde rot („Qualifizierter Rotlichtverstoß“), dann ist im Regelfall ein Fahrverbot fällig. Dies gilt jedoch nicht bei einem sogenannten Augenblicksversagen, auch dann nicht, wenn die Ampelsituation für einen Laien verwirrend ist (z.B mehrere Ampeln nebeneinander und nur für ein Fahrstreifen ist rot). Nach der Rechtsprechung gibt es noch andere Möglichkeiten, bei denen von einem Fahrverbot abgesehen werden kann.

– Das in Nr. 34.2 BKat vorgesehene Fahrverbot von 1 Monat ist nicht bereits bei jedem Rotlichtverstoß indiziert, denn die Regelung will den Kraftfahrer erfassen, der das Lichtzeichen missachtet und die Haltelinie passiert, obwohl sich bereits Querverkehr in dem durch Rotlicht gesperrten Fahrbahnbereich befindet. Eine abstrakte Gefährdung ist ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Rotlichtverstoßes andere Verkehrsteilnehmer ebenfalls nicht in den geschützten Bereich der Kreuzung eindringen durften, weil die Fahrspuren für den Querverkehr bzw. auch die Fußgängerfurten gesperrt waren (KG, Urteil v. 22.11.2000 – 3 Ws B 559/00).

– Die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes erfordert die Feststellung, mit welcher Geschwindigkeit sich der Betroffene der Ampel genähert und in welcher Entfernung von der Haltelinie er das dem Rotlicht vorausgehende Gelblicht bemerkt hat. Denn anderenfalls kann nicht entschieden werden, ob er zum Zeitpunkt des Tatentschlusses zum rechtzeitigen Anhalten in der Lage gewesen wäre (KG, Beschluss vom 1.07.201 – 2 Ss 106/01 3 Ws (B) 260/01 -, in: NZA 201, 441)

– Ein Autofahrer, der im Straßenverkehr ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nimmt in Kauf, dadurch so abgelenkt zu sein, dass es zu Verkehrsverstößen kommt. Das Nichtbeachten eines Rotlichtes wird dann i.d.R. als vorsätzlich begangen bewertet, was zur Erhöhung der Geldbuße und evtl. zur Verhängung eines Fahrverbotes führt (OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2001 – 333 Ss 38/01 (Owi) -, in: NZV 2001, 354).

– Ein Rotlichtverstoß muss dann nicht zu einem Fahrverbot führen, wenn z.B. eine Baustellenampel bei rot passiert wird (OLG Oldenburg, in: ZFS 1995, 75) oder bei einem im Schritttempo zur nächtlichen verkehrsarmen Zeit begangenen Verstoß (OLG Düsseldorf, in: ZFS 1995, 394).

– Missachtet ein Autofahrer ein Rotlicht und besteht dabei nicht einmal eine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, liegt kein besonders schwerwiegender Verkehrsverstoß vor; ein solcher Verstoß rechtfertigt kein Fahrverbot (OLG Dresden, in: DAR 2002, 522).

– 1. Ein rechts neben dem Signalgeber einer Lichtzeichenanlage angebrachtes grünes Pfeilschild berechtigt nur Fahrzeuge auf dem rechten Fahrstreifen zum Abbiegen bei Rot. 2. Befindet sich die Lichtzeichenanlage vor einem Kreisverkehr, erlaubt die Grünpfeilregelung nur das sofortige Ausfahren bei der ersten Möglichkeit, nicht aber die Weiterfahrt im Kreis (KG, Beschluss vom 20.08.2001 – 2 Ss 143/01 – 3 Ws (B) 353/01 -, in: NZV 2002, 49).

– Von einem Kraftfahrzeugführer, der in den durch Wechsellichtzeichen geschützten Bereich einer belebten innerstädtischen Kreuzung mit mehreren Fahrspuren einfährt, muss eine gesteigerte Aufmerksamkeit verlangt werden; missachtet er dennoch das Rotlicht, so kommt in aller Regel die Annahme nur leichter Fahrlässigkeit im Sinne eines sog. Augenblicksversagens nicht in Betracht (BayObLG, Beschluss vom 27.06.200 – 1 ObOWi 244/02 -, in: NZV 2002, 517).

– 1. Der „qualifizierte“ Rotlichtverstoß nach § 2 I 1 Nr. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung, Nr. 34.2 Bußgeldkatalog indiziert zwar als Regelbeispiel eine grobe Pflichtverletzung i. S. des § 25 I 1 StVG. Ein die Verhängung eines Fahrverbots begründeter Regelfall ist aber gleichwohl zu verneinen, wenn die gesamten Tatumstände so weit von dem typischen, vom Verordnungsgeber ins Auge gefassten Fall des Verkehrsverstoßes abweichen, dass eine grobe Pflichtverletzung im Ergebnis nicht festgestellt werden kann (hier: Losfahren des zunächst ordnungsgemäß bei Rot haltenden Betroffenen nach 37 Sekunden Rotlichtdauer auf Grund eines Fehlschlusses, erneutes Stehenbleiben nach wenigen Metern, keine abstrakte Gefährdung des mit der Lichtzeichenanlage geschützten Quer- bzw. Fußgängerverkehrs). 2. Der subjektive Tatbestand einer beharrlichen Pflichtwidrigkeit i. S. des § 25 I StVG entfällt dann, wenn der dem Kraftfahrzeugführer vorgeworfene Verstoß, der die Beharrlichkeit begründen soll, auf eine so genanntes „Augenblicksversagen“ zurückgeht, das auch ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrer nicht immer vermeiden kann. Wie viele Wiederholungen von vergleichbaren Zuwiderhandlungen bereits vorliegen, ist demgegenüber für den subjektiven Tatbestand der Beharrlichkeit nicht entscheidend (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.06.2002 – 2 Ss 94/01 – , in: NZV 2004, 47).

– 1. Die Gelbphase bei Ampelanlagen muss bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h 4 Sekunden umfassen. Die Gelbphase von 3 Sekunden ist zu kurz bemessen. 2. Die Verwaltungsvorschriften zu § 37 StVO haben für die Gerichte mittelbare Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer. 3. Der Betroffene muss behandelt werden, als hätte er einen einfachen Rotlichtverstoß begangen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 21.10.2005 – Ss (OWi) 81/05 – in: NZV 2006, 220).

– Ein Augenblicksversagen liegt nicht vor, wenn sich ein Fahrzeugführer in seiner Aufmerksamkeit von einem wegen eines Defektes liegen gebliebenen Fahrzeug derart ablenken lässt, dass er dass Rotlicht einer Lichtzeichenanlage übersieht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.10.2006 – 1 Ss 69/06 -, in: NZV 2007, 213).

– Ein Regelfall des Rotlichtverstoßes mit Gefährdung oder Sachbeschädigung (Nr. 132.1 BKat) liegt nicht vor, wenn es an dem erforderlichen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen dem fahrlässigen Verkehrsverstoß und der eingetretenen Unfallfolge fehlt (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.08.2007 – 1 Ss 115/07 -, in: NZV-aktuell 10/2007, VI; NZV 2007, 589).

– Ein einfacher Rotlichtverstoß, der durch bloße Schätzung eines Zeugen festgestellt worden ist, kann die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, rechtfertigen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.2003 – 12 LA 416/03 – , in: NZV 2004, 431).

– Ein qualifizierter Rotlicht-Verstoß kann nicht durch bloßes Zählen der Zahlen 21, 22 festgestellt werden. Selbst gegen die – wesentlich genauere – Messmethode des Ablesens der Zeit von einer Armbanduhr bestehen im Messbereich bis zu zwei Sekunden Bedenken (OLG Hamm, Beschluss v. 10.02.2000 – 5 Ss Owi 1342/99, in: NVZ 2001, 177).

– Bei Messung der Rotlichtdauer mit geeichter Stoppuhr ist zum Ausgleich der Reaktionsverzögerung bei Bedienung der Stoppuhr ein Toleranzabzug von 0,3 sec. vom gemessenen Wert vorzunehmen (KG, Beschluss vom 17.12.2001 – 2 Ss 195/01 – 3 Ws (B) 626/01 -, in: NVZ 2002, 334).

– 1. Eine gefühlsmäßig geschätzte Dauer der Rotlichtphase rechtfertigt regelmäßig nicht die Annahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes. 2. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die festgestellte Verkehrssituation konkrete, einer gerichtlichen Prüfung zugängliche Tatsachen aufweist, auf denen die Schätzung der Dauer der Rotphase zum Zeitpunkt der Überfahrens der Haltelinie beruht (KG, Beschluss vom 05.09.2001 – 3 Ws (B) 418/01 -, in: NZV 2002, 50).

– Die Annahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes allein auf Grund freier (gefühlsmäßiger) Sekundenschätzung eines Polizeibeamten ist rechtsfehlerhaft (OLG Köln, Beschluss vom 07.09.2004 – 8 Ss-Owi 12/04 B – , in: NZV 2004, 651; NJW 2004, 3439).

– 1. Die Annahme eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes setzt die Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit ebenso voraus wie die Feststellung, worauf die Angabe der Geschwindigkeit beruht. Notwendig ist zusätzlich die Feststellung, wann der Betroffene das – dem Rotlicht vorausgehende – Gelblicht bemerkt hat. 2. Auch wenn eine mittels Armbanduhr vorgenommene Zeitmessung nicht schon wegen fehlender Eichung der Uhr nicht unverwertbar ist, müssen die Urteilsgründe ausreichende Anhaltspunkte für die Zuverlässigkeit einer solchen Messung enthalten (KG, Beschluss vom 31.03.2004 – 3 Ws (B) 116/04 – , in: NZV 2004, 652).

– 1. Die Schätzung eines Zeitablaufs ist schon allgemein mit hoher Unsicherheit behaftet. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Polizeibeamter den das Rotlicht überfahrenden Autofahrer nicht gezielt, sondern zufällig beobachtet. 2. Die im Urteil in derartigen Fällen festgestellte Verkehrssituation muss konkrete Tatsachen aufweisen, auf denen die Schätzung der Dauer der Rotlichtphase beruht und die einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind (z. B. Methode der Schätzung, Sicherheitsabschlag, Geschwindigkeit, Abstand und Bremsverzögerung des Zeugen, Strecke bis zum Stillstand) (Hanseatisches OLG, Beschluss vom 29.12.2004 – 3 Ss 114/04 Owi – , in: NZV 2005, 211).

– Alle spätestens seit Januar 2004 von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassenen Rotlichtüberwachungsanlagen müssen die dem Betroffenen vorwerfbare Rotzeit automatisch ermitteln, ohne dass vom angezeigten Messwert Toleranzen zu subtrahieren sind. Dies gilt für folgende Anlagen (Stand 24.04.2006): MULTANOVA MultaStar RLÜ, MULTANOVA MultaStar-Kombi, MULTANOVA MultaStarC (Zulassungsinhaber jeweils: ROBOT Visual Systems GmbH), TCRG-1 (GatsometerBV), DiVAR (TRAFCOM COMMERCIAL ENTERPRISES INC). Bei allen anderen (früher zugelassenen) Geräten ist diejenige Fahrzeit von der angezeigten Rotzeit zu subtrahieren, die das gemessene Fahrzeug vom Überfahren der Haltelinie bis zu der Position benötigte, die auf dem (ersten) Messfoto abgebildet ist (mit Möglichkeiten zur Berechnung der zu subtrahierenden Fahrzeit). Nur bei den nachfolgenden drei Geräten ist zusätzlich zu dem beschriebenen Abzug noch eine weitere – gerätespezifische – Toleranz von 0,2 Sek. zu berücksichtigen: TRAFFIPAX TraffiPhotII (ROBOT Visual Systems GmbH), Rotlicht-Überwachungsanlage von TRUVELO Deutschland, MULTAFOT (MultanovaAG) (OLG Braunschweig, Beschluss vom 02.08.2006 – 2 Ss [B] 38/04 -, in: NJW 2006, XIV; NJW 2007, 391).

– 1. Die Verurteilung wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes erfordert die Feststellung, dass der Fahrer das Rotlicht nach einer Rotlichtphase von mehr als 1 Sekunde missachtet hat. Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie; ist diese nicht vorhanden, ist das Einfahren in den Kreuzungsbereich von Bedeutung. 2. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Überprüfung des Verstoßes zu ermöglichen, hat das Tatgericht nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Ablauf des Rotlichtverstoßes zu treffen (Vorhandensein einer Haltelinie, Abstand des Betroffenen zur Haltelinie oder Lichtzeichenanlage, Geschwindigkeit, Art der Überwachung, Dauer der Rotlichtphase) (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2008 – 2 Ss OWi 423/07 -; in: NZV-aktuell 5/2008, VI; NZV 2008, 309).

– 1. Trotz qualifizierten Rotlichtverstoßes ist die Verhängung eines Fahrverbots dann nicht angezeigt, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die zur Verneinung einer groben Pflichtwidrigkeit führen (hier: Bezug auf das falsche Lichtzeichen). 2. Ein Pizzalieferant wird in seiner Berufsausübung durch ein Fahrverbot besonders hart getroffen (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.11.2007 – 912 B-OWi 37451/07 -; in: NZV 2008, 371).

– Der Führer eines Fahrzeugs mit einem längeren Bremsweg (hier: Gefahrguttransport) hat seine Fahrweise so auf die Dauer der Gelbphase von 3 Sekunden innerörtlich einzurichten, dass er in der Geldphase zum Halten kommen kann. Dazu muss er gegebenenfalls bereits in der Grünphase seine Geschwindigkeit unter die zulässige Höchstgeschwindigkeit reduzieren (OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.05.2008 – SS 205/08 -; in: NZV 2008, 471).

– Die mittels geeichter Stoppuhr ermittelte Rotlichtdauer ist um Toleranzwerte für Gangungenauigkeiten der Uhr und Reaktionsverzögerungen bei deren Bedienung zu ermäßigen. Zum Ausgleich von, und Reaktionsverzögerungen sind vom Messwert 0,3 Sekunden zum Ausgleich etwaiger Gangungenauigkeiten ist das Doppelte der Eichfehlergrenze (§ 33 III, IV EichO) abzuziehen (KG, Beschluss vom 23.05.2008 – 2 Ss 117/08 – Ws (B) 133/08 -; in: NZV 2008, 587).

– 1. Bei der Verwendung eines stationären standardisierten Messverfahrens zum Beleg eine innerörtlichen qualifizierten Rotlichtverstoßes reicht es grundsätzlich aus, dass das Urteil neben dem Hinweis, dass die Messung auf einem stationären standardisierten Verfahren beruht, die Nettorotlichtzeit mitteilt und dass die Fluchtlinie der Kreuzung überfahren wurde. 2. Der Mitteilung der konkreten Messtoleranz bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn ausgeschlossen werden kann, dass von der gemessenen und mitgeteilten Bruttorotlichtzeit unter Abzug des für den Betroffenen günstigsten Abschlages von 0,4 Sekunden die maßgebliche Nettorotlichtzeit unter einer Sekunde liegt. 3. Die Verweisung im Urteil auf „die Lichtbilder“ (§§ 267 I 3 stopp, 71 I OWiG) reicht auch ohne konkrete Verweisung auf Blattzahlen dann aus, wenn eine Verwechslung ausgeschlossen ist und die „Lichtbilder“ die im Urteil genannten Feststellungen eindeutig belegen (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 06.08.2008 – 2 Ss-OWi 366/08 -; in: NZV 2008, 588).

– Unwirksamkeit eines Bußgeldbescheides bei nicht hinreichender Konkretisierung dadurch, dass mehrere Verkehrsampeln für den vorgeworfenen Verstoß infrage kommen (AG Kiel, Urteil vom 6.2.2006 – 39 OWi 551 Js OWi 58372/05 (60/05) -; in: DV 2009, 39).

– 1. Es muss den Urteilsgründen bei einem dem Betr. zur Last gelegten Rotlichtverstoß zu entnehmen sein, ob der Betr. nach Aufleuchten des Gelblichts vor der Ampelanlage das von ihm gesteuerte Fahrzeug ohne Gefährdung hätte zum Stehen bringen können. 2. Zu den Darlegungsanforderungen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.11.2008 – 3 Ss 220/08 -; in: NZV 2009, 201).

– Wird nach einem „geblitzten Rotlichtverstoß gegen die Halterin ermittelt, die sich anschließend selbst als Fahrerin bezichtigt, und wird dann von der Tochter der Halterin in einem Anhörungsbogen angegeben, nicht sie, sondern ihre Mutter sei gefahren (was nicht stimmt), fehlt es an einem Verhalten, welches für eine falsche Verdächtigung im Sinne von § 164 II StGB geeignet ist, sofern mit dem Foto der Überwachungskamera ein aussagekräftiges Beweismittel vorliegt. Die im Anhörungsbogen der Tochter vermittelte (vorgebliche) Überzeugung von der Tatbegehung durch die Mutter ist kein tatsächlicher Anhaltspunkt, der den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit gegen die Mutter verstärken könnte (OLG Celle, Urteil vom 23.04.2009 – 32 Ss 15/09 -; in: NZV 2009, 517).

– Allein der Umstand, dass der Betroffene das für ihn geltende Rotlicht zunächst beachtet, dann jedoch auf Grund einer momentanen Fehlentscheidung als so genannter „Frühstarter“ seine Fahrt bei anhaltender Rotlichtphase fortgesetzt hat, rechtfertigt ohne das Hinzutreten sonstiger besonderer Umstände grundsätzlich keine Ausnahme vom Fahrverbot wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes. Über ein bloßes Augenblicksversagen des Betroffenen als so genannter „Frühstarter“ hinaus gehende besondere Umstände können jedoch auch bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß ein Absehen vom Regelfahrverbot ausnahmsweise rechtfertigen. Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn das missachtete Rotlicht gerade nicht dem Schutz des Querverkehrs dient, sondern ausschließlich eine den Verkehrsfluss regelnde Funktion erfüllt und deshalb eine auch abstrakte Gefährdung des Querverkehrs oder anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 29.06.2009 – 2 Ss OWi 573/09 -; in: NJW-aktuell 45/2009, X und NZV 2009, 616).

– 1. Bei Verwendung eines stationären standardisierten Messverfahrens (hier: Traffipax Traffiphot III) zum Belegen eines innerörtlichen qualifizierten Rotlichtverstoßes reicht es grundsätzlich aus, dass das Urteil – neben dem Hinweis auf das standardisierte Verfahren – die Nettorotlichtzeit mitteilt und Feststellungen zum Überfahren der Fluchtlinie der Kreuzung trifft. Zum Beleg dieser Feststellungen reicht in der Regel ein Hinweis auf in der Akte befindliche Lichtbilder aus. 2. Für die Bestimmung der Rotlichtzeit ist grundsätzlich das Überfahren der vor dem Lichtsignal befindlichen Haltelinie maßgebend; nur wenn eine solche fehlt, kommt es auf den Beginn des Einfahrens in den durch die Ampel geschützten Bereich an. 3. Die Verwirklichung eines Regelbeispiels der BKatV (hier: qualifizierter Rotlichtverstoß) indiziert das Vorliegen einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers, so dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf. Wegen dieser (auch subjektiven) Indizfunktion ist das Vorliegen eines Ausnahmefalls nur dann zu prüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen oder der Betroffene dies einwendet (Hanseatisches OLG Bremen, Beschluss vom 19.10.2009 – 2 SsBs 38/09 -; in: NZV 2010, 42).

– Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Gericht auf Grund einer Schätzung auf der Basis eines gedanklichen Zählens („einundzwanzig, zweiundzwanzig“) des im Rahmen einer gezielten Rotlichtüberwachung eingesetzten Polizeibeamten zur Überzeugung vom Vorliegen eines sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes kommt (Abweichung von OLG Hamm, NZV 2001, 177) (OLG Hamm, Beschluss vom 12.03.2009 – 3 Ss OWi 55/09 -; in: NZV 2010, 44).

– Das (volle und pfeilförmige) Rotlicht für die Linksabbiegerspur verbietet nicht nur die Einfahrt in die Kreuzung auf ihr; es untersagt auch die (teilweise) Benutzung dieser Spur im gesamten Kreuzungsbereich. Hiergegen verstößt der Fahrzeugführer, der erst nach der Einfahrt in den Kreuzungsbereich von der freigegebenen Geradeausspur aus nach links abbiegt (KG, Beschluss vom 07.04.2010 – 3 Ws (B) 115/10-2 Ss 40/10 -; in: NZV 2010, 361).

Hält ein Kraftfahrer an einer Rotlicht zeigenden LZA zunächst ordnungsgemäß an, fährt dann aber wegen eines Wahrnehmungsfehlers (Verwechslung der zu beachtenden LZA infolge Mitzieheffekts) an und in den geschützten Bereich ein, so begeht er keine grobe Pflichtverletzung. In diesem all fehlt es an dem durch § 25 StVG vorausgesetzten und durch groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit gekennzeichneten Handlungsunwert. Der Regeltatbestand der BKatV ist daher auch dann nicht erfüllt, wenn es aufgrund des Rotlichtverstoßes zu einem Verkehrsunfall kommt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2009 – 2 (6) SsBs 558/09 – AK 243/09 -; in: NZV 2010, 412).

– Für eine Erhöhung der Regelgeldbuße und des Regelfahrverbotes bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß wegen besonders lang anhaltender Dauer der Rotlichtphase (hier: 7 Sekunden) ist kein Raum (KG, Beschluss vom 13.01.2010 – 2 Ss 267/09 – 3 Ws (B) 714/09 -; in: NZV 2010, 584).

– Eine Lichtzeichenanlage, die für den Betroffenen Rotlicht zeigt, verbietet nicht, vor der Ampelanlage auf einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich (hier: ein Tankstellengelände) abzubiegen und nach Durchfahren dieses Geländes hinter der Lichtzeichenanlage wieder in den durch sie geschützten Verkehrsraum einzufahren. Das gilt auch dann, wenn dieser Fahrvorgang der Umfahrung der Lichtzeichenanlage dient. Es liegt dann kein Rotlichtverstoß vor (OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2013 – 1 RBs 98/13 -; in: NZV 2013, 512).

– Für die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 37 II Nr. 1 S. 7 StVO genügt beim Einsatz eines standardisierten Messverfahrens (hier: Traffiphot III) die Angabe des konkret verwendeten Gerätetyps, des gewonnenen Messergebnisses und eines etwa zu beachtenden Toleranzwertes. Ferner ist der Abstand zwischen Haltelinie und erster sowie zweiter Induktionsschleife und der Rotlichtzeiten bei Überfahren der ersten und der zweiten Induktionsschleife darzustellen. Ist die Induktionsschleife in der Haltelinie selbst angebracht, sind die Messzeit und der Lageort der Sensorschleife im Urteil darzulegen (OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04.2014 – 1 Ss OWi 59/14 (52/14) -; in: NZV 2015, 45).

– Für die Frage, ob ein (qualifizierter) Rotlichtverstoß vorliegt, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie an, sofern eine solche vorhanden ist. ( KG, Beschluss vom 14.03.2014 – 3 Ws (B) 124/14 – 122 Ss 42/14 -; in: NZV 4/2015, 203).

1. Zwar sind an die Feststellung von so genannten qualifizierten Rotlichtverstößen durch Polizeibeamte gerade bei längeren Beobachtungszeiten nicht zu hohe Anforderungen zu stellen und insbesondere keine echten Messungen zu verlangen – bei einer nicht gezielte Feststellung eines Rotlichtverstoßes bei einfachen Zeitschätzungen muss das Gericht aber weitere Indizien feststellen können, anhand derer sich die Schätzung der bereits verstrichenen Rotlichtzeit zur Zeit des Verstoßes abschätzen oder zumindest plausibel abgleichen lässt. Denkbar sind hier etwa feststellbare Tatsachen, die nachträgliche Weg-Zeit-(Plausibilitäts-) Berechnungen ermöglichen. 2. Die bloße gefühlsmäßige Schätzung der Zeit eines dem Gericht als zuverlässig und erfahren bekannten Polizeibeamten kann so nicht allein als ausreichend angesehen werden, um einen qualifizierten Rotlichtverstoß feststellen zu können. (AG Lüdinghausen, Urteil vom 22.09.2014 – 19 Owi-89 Js 1024/14-97/14 -; in: NZV 5/2015, 255).

– Einen – jedenfalls objektiven –Rotlichtverstoß begeht nicht nur derjenige, der bei einer Fahrbahn mit mehreren durch Richtungspfeile gekennzeichneten Spuren mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und zum Zwecke der bewussten Umgehung nach Überfahren der Haltlinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt, sondern auch derjenige, der diesen Entschluss erst nach Passieren der Haltelinie fasst. (OLG Köln, Beschl. vom 07.08.2015 – III – 1 RBs 250/15 -; in: NZV 4/2016, 192).

– Ein sog. „qualifizierter“ Rotlichtverstoß kann schon dann als hinreichend festgestellt anzusehen sein, wenn sich die tatrichterliche Überzeugung und Schätzung einer länger als 1 Sekunde andauernden Rotphase auf die zuverlässige Beobachtung eines Zeugen stützen kann, wonach das Wechsellichtzeichen unmittelbar nach dem Überfahren durch den Betroffenen wieder auf Grün umschaltete. ( OLG Bamberg, Beschl. vom 29.10.2015 – 3 Ss Owi 1310/15 -; in: NZV 4/2016, 195).

– Eine Verwechselung der für den fließenden Verkehr maßgeblichen Lichtzeichenanlage mit dem Grünlicht der in gleiche Richtung führenden Fußgängerampel rchtfertigt regelmäßig nicht den Wegfall des wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes verwirkten Fahrverbots unter dem Gesichtspunkt eines sogenannten Augenblicksversagens. (OLG Bamberg, Beschl. vom 10.08.2015 – 3 Ss Owi 900/15 -; in: NZV 5/2016, 243).

1. Die Annahme eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes erfordert notwendige Angaben zur Geschwindigkeit des Betroffenen, mit der er sich der Lichtzeichenanlage näherte und zur Entfernung zur Haltelinie, von wo aus er das dem Rotlicht vorausgehende Gelblicht bemerkt hat. 2. Ist der Betr. nicht mit überhöhter, sondern eher mit einer geringen Geschwindigkeit (der Sachverständige ist in dem zu entscheidenden Fall von einer mittleren Geschwindigkeit von nur 16,8 km/h ausgegangen) in den geschützten Bereich eingefahren, gab es keinen Fußgänger- und Fahrradverkehr (im zu entscheidenden Falle handelte es sich um eine Autobahnzufahrt ohne den typischen Kfz-Querverkehr), fehlt es an der besonderen Gefährdungslage, die bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß überlicherweise das Verhängen eines Fahrverbotes erforderlich macht. Wenn aber aus diesem Grunde ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme eines „atypischen Rotlichtverstoßes“ vorliegen, ist der Tatrichter nicht von der Prüfung entbunden, ob die Regelsanktion eines Fahrverbotes ausnahmsweise unangemessen erscheint. (KG, Beschluss vom 17.02.2015 – 3 Ws (B) 24/15 – 122 Ss 171/14 -; in: NZV 9/2016, 442).

Unfallflucht

– Das Nichterkennen eines Fremdschadens infolge nachlässiger Nachschau schließt die Annahme bedingten Vorsatzes nicht aus. Es können Umstände vorliegen (z.B. heftiger Anprall, Schaden am eigenen Fahrzeug), die beim Täter trotz eines solchen Nichterkennens die Vorstellung begründen, es sei möglicherweise ein nicht ganz unerheblicher Schaden entstanden (OLG Köln, Beschluss vom 04.09.2001 – Ss 356/01 -, in: NZV 2001, 526).

– In Fällen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist ein bedeutender Schaden erst ab 1.300,00 € anzunehmen (LG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2002 – X Qs 144/02 JS 4763/02 -, in: NZV 2003, 103).

– In Fällen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) ist ein „bedeutender Schaden“ i.S. des § 69 II Nr. 3 StGB angesichts der allgemeinen Preis- und Kostenentwicklung auch in den neuen Bundesländern erst ab 1.300 Euro anzunehmen (OLG Dresden, Beschluss vom 12.05.2005 – 2 Ss 278/05 – in: NZV 2006, 104).

– Wenn nach einem nächtlichen Bagatell-Unfall der Geschädigte und die eigene Versicherung sofort am nächsten Morgen informiert werden, liegt kein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vor (OLG Hamm, Urteil vom 09.04.2003 – 20 U 212/02).

– 1. Ein unfallbeteiligter Taxifahrer genügt seiner nach § 142 I Nr. 1 StGB bestehenden Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des Unfalls regelmäßig nicht, wenn er dem Unfallgegner gegenüber nur die Taxinummer verbunden mit der Aufforderung angibt, sich mit dem Taxiunternehmer wegen der Schadensregulierung in Verbindung zu setzen. 2. Beim subjektiven Tatbestand der Fahrerflucht reicht es aus, wenn das Gericht in seiner Beweiswürdigung bei Annahme des zumindest bedingten Vorsatzes des Angeklagten feststellt, diesem sei bekannt gewesen, dass der durch die Kollision entstandene Fahrzeugschaden erhebliche Beseitigungskosten verursachen könnte. 3. Schäden, die ganz unbedeutend sind, unterfallen nach dem Schutzzweck des § 142 I StGB, der den zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch des Geschädigten sichern soll, nicht dem Begriff des „Unfalls“. 4. Mit Rücksicht auf die allgemeine Preissteigerung und insbesondere die Verteuerung von Autoreparaturen ist diese Bagatellgrenze derzeit bei 50 € anzusiedeln (OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.01.2007 – 2 St OLG Ss 300/06 -, in: NZV 2007, 535;).

– Bei einem Unfall ist ein „bedeutender“ Schaden an fremden Sachen ab einem Gesamtschaden von 1.100 Euro anzunehmen (LG Berlin, Beschluss vom 22.03.2005 – 501 Qs 50/05 -, in: NZV 2006, 106).

– Ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 II Nr. 3 StGB ist ab 1.300 € gegeben. Hierzu gehören auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens im Falle der fiktiven Schadensberechnung (LG Berlin, Beschluss vom 12.03.2007 – 536 Qs 40/05 -, in: NZV 2007, 537).

– 1. Das vorsatzlose Sich-Entfernen vom Unfallort begründet nicht die Pflichten gem. § 142 II und III StGB. 2. Den Straftatbestand des § 142 I Nr. 1 StGB verwirklicht auch der Unfallbeteiligte, der den Unfall nicht bemerkt, deshalb seine Fahrt zunächst fortsetzt, aber noch innerhalb eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfallgeschehen von diesem erfährt. 3. Ein solcher räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht nicht mehr, wenn der Unfallbeteiligte nach dem Unfall innerorts fünf bis zehn Minuten weitergefahren ist und in dieser Zeit etwa drei Kilometer zurückgelegt hat, ehe er von dem Unfallgeschehen Kenntnis erlangt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2007 – III-2 Ss 142/07-69/07 III -, in: NZV-aktuell 1/2008, VI; NZV 2008, 107).

– Die Wertgrenze für die Bestimmung des bedeutenden Fremdschadens i. S. d. § 69 VII Nr. 3 StGB bemisst sich auf 1400,00 € (Aufgabe der früheren Grenze von 1000,00 €) (LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 13.05.2008 – 5/9 a Qs 5/08 – 332 Js 1558/08 -; in: NZV-aktuell 9/2008, VIII).

– Die Wertgrenze für die Bestimmung des bedeutenden Fremdschadens bemisst sich auf 1.400,00 € (LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 13./16.05.2008 – 5/9a Qs 5/08 – 332 Js 1558/08 -; in: DV 2008, 145).

– Es liegt keine Verkehrsunfall im Sinne des § 142 I StGB vor, wenn im stehenden Verkehr beim (noch nicht beendeten) Be- oder Entladen ein Gegenstand von einem Lkw auf einen daneben stehenden Pkw fällt, da sich in diesem Geschehen in keiner Weise irgendein typisches Unfallrisiko gerade des Straßenverkehrs verwirklicht hat (AG Tiergarten, Beschluss vom 16.07.2008 – 290 Cs 145/08 -; in: NZV aktuell 11/2008, VI und NZV 2009, 94).

– Verzichtet eine über 80jährige nicht vorbelastete Angeklagte nach einer Unfallflucht bei einem Unfallschaden von 302 Euro freiwillig auf ihre Fahrerlaubnis, so kann das Strafverfahren nach § 153 stopp eingestellt werden (AG Lüdinghausen, Beschluss vom 22.4.2009 – 9 Ds 81 Js 38/09-54/09 -; in: NZV aktuell 5/2009, VI und NZV 2009, 305).

– Es fehlt an dringenden Gründen für die Annahme, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, wenn es im Rahmen des subjektiven Tatbestandes des § 142 BGB zweifelhaft erscheint, ob der beschuldigte LKW-Fahrer bei einer Fahrzeuglänge von mehr als 18 m die Streifkollision mit einem Pkw bemerkt hat (LG Braunschweig, Beschluss vom 26.03.2008 – 1 Qs 70/08 -; in: NZA 2009, 253).

– Nach § 142 I StGB macht sich nicht strafbar, wer erst nach Verlassen des Unfallorts von seiner Beteiligung am Unfall Kenntnis erlangt und sich gleichwohl (weiter) vom Unfallort entfernt (gegen OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2008, 88 = NZV 2008, 107) (OLG Hamburg, Beschluss vom 27.3.2009 – 3-13/09 -; in: NZV 2009, 301 und NJW 2009, 2074).

– Auch wenn ein Fremdschaden von 1220,- € unterhalb des Grenzwertes eines bedeutenden Schadens im Sinne von § 69 II Nr. 3 StGB liegt, ein Regelbeispiel somit nicht verwirklicht wurde, kann sich die Ungeeignetheit des Beschuldigten zum Führen von Kraftfahrzeugen aus der Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit ergeben, zumal die Schadenshöhe oft vom Zufall abhängt und vom Verkehrsteilnehmer nur eingeschränkt beeinflussbar ist. Belegt das konkrete Verhalten des Beschuldigten ein hohes Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen und Rechtsgütern anderer, kann er als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sein (LG Berlin, Beschluss vom 31.03.2010 – 534 Qs 40/10 -; in: NZV 2010, 476).

– 1. Ob ein „bedeutender Schaden“ vorliegt, bemisst sich nach wirtschaftlichen Kriterien und beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls vermindert wird. 2. Zielrichtung des § 142 StGB ist die Feststellung und Sicherung der durch den Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche sowie der Schutz vor unberechtigten Ansprüchen. Deshalb sind im Rahmen der Frage, ob die Höhe des eingetretenen Fremdschadens als „bedeutend“ anzusehen ist, nur zivilrechtlich erstattungsfähige Schadenspositionen von Bedeutung (OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010 – III 3 RVs 72/10 -; in: NZV 2011, 356).

– 1. Die Schwere des Unfalls und seiner Folgen können bei der Strafzumessung zum Nachteil des Täters berücksichtigt werden. 2. Die frühere Rechtsprechung, dass bei einem Unfall, bei dem ein Mensch schwer oder gar tödlich verletzt worden war, regelmäßig ein besonders schwerer Fall im Sinne des § 142 III StGB a. F. vorlag, ist für die Strafzumessung nach der Neufassung des § 142 StGB durch das 13. Strafrechtsänderungsgesetz vom 13.06.1975 (BGBI I, S. 1349) weiterhin von Bedeutung (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.11.2011 – 3 Ss 356/11 -; in: NZV 2012, 349).

– 1. Ein Unfall im Straßenverkehr im Sinne des § 142 I StGB liegt nur dann vor, wenn sich in dem „Unfallgeschehen“ gerade die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verwirklicht haben (straßenverkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang). 2. Dies ist anzunehmen, wenn auf einem Parkplatz ein Einkaufswagen infolge Unachtsamkeit wegrollt und mit einem geparkten Fahrzeug kollidiert (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2011 – 111-1 RVS 62/11 -; in: NZV 2012, 350).

– Hat sich der Betroffene nicht unverzüglich sondern erst 40 Minuten später bei der Polizei gemeldet und die erforderlichen Angaben gemacht, so ist der Tatbestand des § 142 I Nr. 2 StGB zwar erfüllt, es liegt aber kein Regelfall des § 69 II Nr. 3 StGB vor (LG Aurich, Beschluss vom 06.07.2012, 12 Qs 81/12 -; in: NZV 2013, 53).

– Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass, wer beim Einparken gegen ein anderes Fahrzeug stößt und unter Aufgabe seines ursprünglichen Vorhabens die eben aufgesuchte Parklücke sofort wieder verlässt, dies in der Vorstellung tut, einen seine Feststellungspflicht auslösenden Schaden verusacht zu haben (KG, Beschluss vom 21.12.2011 – (3) 1 Ss 389/11 (127/11 -); in: NZV 2012, 497).

– Das Verlassen der Unfallstelle kann gerechtfertigt sein, wenn der Unfallbeteiligte vorher eine eigene Verletzung (hier stark blutenden Hand) bemerkt und die Unfallstelle zumindest auch deshalb verlässt, um die Wunde ärztlich versorgen zu lassen (BGH, Beschluss vom 27.08.2014 – 4 StR 259/14 -; in: NZV 2014, 534).

"Handy"-Verstöße

– Ein Autofahrer, der im Straßenverkehr ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nimmt in Kauf, dadurch so abgelenkt zu sein, dass es zu Verkehrsverstößen kommt. Das Nichtbeachten eines Rotlichtes wird dann i.d.R. als vorsätzlich begangen bewertet, was zur Erhöhung der Geldbuße und evtl. zur Verhängung eines Fahrverbotes führt (OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2001 – 333 Ss 38/01 (Owi) -, in: NZV 2001, 354).

– Das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der Fahrt wird regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden können. Eine Erhöhung des Regelbußgeldes wegen vorsätzlicher Begehungsweise kommt deshalb nicht in Betracht (OLG Jena, Beschluss vom 06.09.2004 – 1 Ss 138/04 -, in: NZV 2005, 108).

– Die Pflicht zum Anlegen des Sicherheitsgurtes nach § 21 a I 1 StVO entfällt nicht bei einem kurzfristigen, verkehrsbedingten Anhalten. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Verbots des Benutzens eines Mobiltelefons nach Maßgabe von § 23 I a 1 StVO (OLG Celle, Beschluss vom 24.11.2005 – 211 Ss 111/05 -, in NJW, 10/2006, 710; in: NZV 2006, 164).

– Der Verstoß gegen § 23 I a StVO (Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch Fahrzeugführer) wird regelmäßig vorsätzlich verwirklicht. Da dies bereits in der Regelbuße von 40 Euro entsprechende Berücksichtigung gefunden hat, ist es rechtsfehlerhaft, die Geldbuße wegen der vorsätzlichen Begehungsweise zu erhöhen (KG, Beschluss vom 30.11.2005 – 2 Ss 272/05 – 3 Ws (B) 600/05 -, in: NJW 2006, 3080, NZV 2006, 609).

– Die Benutzung eines Handys i.S. von § 23 I a StVO liegt auch dann vor, wenn der Fahrer das Handy während der Fahrt in die Hand nimmt, um aus diesem eine dort gespeicherte Telefonnummer auszulesen (OLG Hamm, Beschluss vom 12.07.2006 – 2 Ss OWi 402/06 -, in: NZV 2006, 555, NZV 2007, 51).

– Eine „Benutzung eines Mobiltelefons“ i.S. des § 23 Ia StVO liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung, insbesondere – wie hier – beim Gebrauch als Diktiergerät (OLG Jena, Beschluss vom 31.05.2006 – 1 Ss 82/06 -, in: NZV 2006, 664, NJW 2006, 3734).

– Die Auslegung, wonach ein Kraftfahrzeugführer auch dann den Tatbestand der unerlaubten Nutzung eines Mobiltelefons gem. §§ 23 I a, 49 I Nr. 22 StVO erfüllt, wenn er während der Handynutzung bei ausgeschaltetem Motor vor einer Rotlicht anzeigenden Lichtzeichenanlage steht, stellt eine mit Art. 103 II GG nicht vereinbare Ausdehnung der Bußgeldbewehrung zu Lasten des Betroffenen dar (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.09.2006 – 3 Ss OWi 1050/06 -, in: NJW 2006, 3732, NZV 2007, 49).

– Ein mit Mobiltelefonfunktion und Mobilfunkkarte versehener „Palm-Organizer“ ist ein „Mobiltelefon“ i.S. des § 23 I a StVO. Das Tatbestandsmerkmal der „Benutzung eines Mobiltelefons“ ist auch dann erfüllt, wenn dieses Gerät bei eingeführter, sei es auch deaktivierter Mobilfunkkarte zum Abfragen gespeicherter Daten in der Hand gehalten wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.11.2006 – 3 Ss 219/05 -, in: NZV 2007, 48, NJW 2007, 240).

– Das bloße Aufheben oder Umlagern eines Mobiltelefons während der Fahrt erfüllt nicht den Tatbestand der verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons nach § 23 I a StVO (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2006 – IV-2 (OWi) 134 (OWi) 70/06 III -, in: NZV 2007, 95).

– 1. Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er „hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält“. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich eine Telefonverbindung hergestellt wird. Deshalb liegt „Benutzung“ bereits dann vor, wenn das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird, um gegebenenfalls nur einen Kommunikationsvorgang vorzubereiten. 2. Das Halten eines Mobiltelefons an das Ohr lässt den eindeutigen Schluss zu, dass es sich nicht nur um ein – nicht strafbewehrtes – reines Umlegen des Mobiltelefons gehandelt hat. 3. Der Verstoß gegen § 23 Ia StVO wird regelmäßig vorsätzlich verwirklicht; eine Verurteilung wegen Fahrlässigkeit bildet deshalb die Ausnahme (OLG Hamm, Beschluss vom 20.04.2007 – 2 Ss OWi 227/07 -, in: NZV-aktuell 8/2007, IV; NZV 2007, 483).

– Wenn ein Autofahrer vor einer roten Ampel den Motor ausschaltet und mit dem Mobiltelefon telefoniert, liegt kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO vor (OLG Hamm, Beschluss 14.09.2007 – 2 Ss OWi 190/07 -).

– Aus einem einmaligen Verstoß gegen das Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons (§ 23 I a StVO) kann bei der Beurteilung einer (wiederholten) Geschwindigkeitsüberschreitung als „beharrlich“ i.S. von § 25 I 1 StVG i.V. mit § 4 II 2 BkatV nicht ohne Weiteres auf den für einen beharrlichen Pflichtenverstoß unabdingbaren inneren Zusammenhang im Sinne einer auf mangelnder Verkehrsdisziplin beruhenden Unrechtskontinuität geschlossen werden (OLG Bamberg, Beschluss vom 04.10.2007 – 3 Ss OWi 1364/07 -, in: NJW 2007, 3655; NZV 2008, 48).

– Eine Verurteilung wegen unerlaubter Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons scheidet aus, wenn der Betroffene gar kein Mobiltelefon oder den Hörer eines Autotelefons, sondern ein anderes Gerät aufnimmt oder hält, wobei es gleichgültig ist, ob mit der Aufnahme des anderen Geräts, etwa einer Freisprecheinrichtung, letztlich gerade die funktionsspezifische Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons bewirkt werden soll oder tatsächlich realisiert wird. Nach dem möglichen Wortsinn der Norm verbietet sich auch eine Auslegung dahin, die Freisprecheinrichtung lediglich als (unselbständigen) Funktionsteil des Mobil- oder Autotelefons aufzufassen (OLG Bamberg, Beschluss vom 05.11.2007 – 3 Ss OWi 744/07 -, in: NJW-aktuell 6/2008, XII; NJW 2008, 599; NZV 2008, 212).

– Um Benutzung eines Mobiltelefons handelt es sich auch, wenn das Handy vom Betroffenen an sein Ohr gehalten wird, um einen Signalton abzuhören, um dadurch zu kontrollieren, ob das Handy ausgeschaltet ist (OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2006 – 2 Ss OWi 805/06 -, in: NZV 2008, 49).

– Um „Nutzung“ eines Autotelefons i.S.v. § 23 I a StVO handelt es sich auch dann, wenn der Fahrer während der Fahrt den Telefonhörer seines Autotelefons aufnimmt und die Telefonkarte hin und her schiebt, um das Autotelefon funktionsfähig zu machen (OLG Hamm, Beschluss vom 23.01.2007 – 2 Ss OWi 25/07 -, in: NZV 3/2007, VI; NJW-aktuell 12/2007, XII; NZV 2007, 249).

– Aus einem einmaligen Verstoß gegen das Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons (§ 23 I a StVO) kann bei der Beurteilung einer (wiederholten) Geschwindigkeitsüberschreitung als „beharrlich“ i.S. von § 25 I 1 StVG i.V. mit § 4 II 2 BkatV nicht ohne Weiteres auf den für einen beharrlichen Pflichtenverstoß unabdingbaren inneren Zusammenhang im Sinne einer auf mangelnder Verkehrsdisziplin beruhenden Unrechtskontinuität geschlossen werden (OLG Bamberg, Beschluss vom 04.10.2007 – 3 Ss OWi 1364/07 -, in: NJW 2007, 3655; NZV 2008, 48).

– Das Verbot der Benutzung eines Mobil oder Autotelefons nach § 23 I a StVO gilt auch für den Einsatz eines Mobiltelefons als Navigationshilfe (OLG Köln, Beschluss vom 26.06.2008 – 81 Ss-OWi 49/08 -; in: NZV 2008, 466).

– Das Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons nach § 23 Ia StVO gilt auch für den Einsatz eines Mobiltelefons als Navigationshilfe (OLG Köln, Beschluss vom 26.06.2008 – 81 Ss-OWi 49/08 -; in: NZV-aktuell 9/2008, VI und NJW 2008, 3368).

– Ein Fahrzeugführer verstößt nicht nur gegen §§ 18 VIII StVO, sondern tateinheitlich auch gegen § 23 I a StVO, wenn er sein Kraftfahrzeug mit laufendem Motor auf dem Seitenstreifen einer Autobahn oder Kraftfahrstraße anhält und während der Standzeit ein Telefonat mit dem Mobiltelefon führt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2008 – IV – 2 Ss (OWi) 84/08 – (OWi) 39/08 III -; in: NZV-aktuell 9/2008, VI).

– Eine Verurteilung wegen unerlaubter Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons scheidet aus, wenn der Betr. gar kein Mobiltelefon oder den Hörer eines Autotelefons sondern ein anderes Gerät aufnimmt oder hält, wobei es gleichgültig ist, ob mit der Aufnahme des anderen Geräts, etwa einer Freisprecheinrichtung, letztlich gerade die funktionsspezifische Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons bewirkt werden soll oder tatsächlich realisiert wird. Nach dem möglichen Wortsinn der Norm verbietet sich auch eine Auslegung dahin, die Freisprecheinrichtung lediglich als (unselbständigen) Funktionsteil des Mobil- oder Autotelefons aufzufassen (OLG Bamberg, Beschluss vom 05.11.2007 – 3 S OWi 744/07 -; in: NZV aktuell 10/2008, VI).

– Das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der Fahrt wird regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden. Daher wird eine Erhöhung der Regelgeldbuße wegen vorsätzlicher Begehungsweise nicht in Betracht kommen (OLG Hamm, Beschluss vom 31.07.2008 – 2 Ss OWi 580/08 (92/08) -; in: NZV aktuell 10/2008, VI).

– Die Verwendung eines Mobiltelefons, das in einer Handy-Vorrichtung des Kraftfahrzeugs abgelegt worden ist, unter Benutzung eines Headsets/Earsets, welches über eine Bluetooth-Verbindung mit dem Mobiltelefon verbunden ist, erfüllt nicht den Tatbestand des § 23 I a StVO. Dies gilt auch dann, wenn zur Verbesserung der Hörqualität das über eine Spange am Ohr gehaltene Headset mit der Hand gegen das Ohr gedrückt wird (OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.06.2008 – 1 Ss 187/08 -; in: NZV aktuell 11/2008, IV und NZV 2009, 95).

– Das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der fahrt wird regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden: Daher wird eine Erhöhung der Regelgeldbuße wegen vorsätzlicher Begehungsweise nicht in Betracht kommen (OLG Hamm, Beschluss vom 31.07.2008 – 2 Ss OWi 580/08 (92/08) -; in: NZV 2008, 583).

– Ein Fahrzeugführer verstößt nicht nur gegen §§ 18 VIII StVO, sondern tateinheitlich auch gegen § 23 I a StVO, wenn er sein Kraftfahrzeug mit laufendem Motor auf dem Seitenstreifen einer Autobahn oder Kraftfahrstraße anhält und während der Standzeit ein Telefonat mit einem Mobiltelefon führt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2008 – IV-2Ss (OWi) 84/08 – (OWi) 39/08 III -; in: NZV 2008, 584).

– Eine Verurteilung wegen unerlaubter Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons scheidet aus, wen der Betroffene gar kein Mobiltelefon oder den Hörer eines Autotelefons sondern ein anderes Gerät aufnimmt oder hält, wobei es gleichgültig ist, ob mit der Aufnahme des anderen Geräts, etwa einer Freisprecheinrichtung, letztlich gerade die funktionsspezifische Benutzung eines Mobil- und Autotelefons bewirkt werden soll oder tatsächlich realisiert wird. Nach dem möglichen Wortsinn der Norm verbietet sich auch eine Auslegung dahin, die Freisprecheinrichtung lediglich als (unselbständigen) Funktionsteil des Mobil- oder Autotelefons aufzufassen (OLG Bamberg, Beschluss vom 5.11.2007 – 3 Ss OWi 744/07 -).

– Da ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO regelmäßig nur vorsätzlich verwirklicht werden kann, und dies bereits in der Regelgeldbuße von 40 Euro entsprechende Berücksichtigung gefunden hat, ist es rechtsfehlerhaft, die Geldbuße wegen vorsätzlicher Begehungsweise zu erhöhen (KG Berlin, Beschluss vom 30.11.2005 – 2 Ss 272/05, 3 Ws (B) 600/05 -).

– Der Ordnungswidrigkeitentatbestand der unerlaubten Nutzung eines Mobiltelefons bzw. Handys (§§ 23 Abs. 1a Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO) setzt voraus, dass das Gerät zu diesem Zweck aufgenommen oder gehalten wird. Erforderlich ist deshalb, dass die Handhabung einen Bezug zu einer der Funktionen des Gerätes aufweist (im Anschluss u. a. an OLG Hamm, 25.11.2002, 2 Ss OWi 1005/02, NJW 2003, 912 f.; OLG Hamm 6.7.2005, 2 Ss OWi 177/05, NJW 2005, 2469 f. sowie OLG Köln, 23.08.2005 – 83 Ss-OWi 19/05 -, NZV 2005, 547 f.). (Rn.8) (Rn.9) (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.04.2007 – 3 Ss OWi 452/2007).

– Ein verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons liegt auch dann vor, wenn der Fahrzeugführer das Gerät aufnimmt, um diese zum Telefonieren einzuschalten, das Einschalten aber am entladenen Akku scheitert (OLG Köln, Beschluss vom 14.4.2009 – 83 Ss-Owi 32/09 -; in: NZV aktuell 5/2009, VI und NZV 2009, 304).

– 1. Ein Funkgerät ist ein Mobil- oder Autotelefon im Sinne des § 23 I a StVO, wenn hiermit auch eine Kommunikation im öffentlichen Fernsprechnetz möglich ist. 2. Ein Fahrzeugführer verstößt gegen das Verbot nach § 23 I a StVO, wenn er zur Benutzung ein solches Funkgerät aufnimmt oder hält. Die tatsächliche Verwendung des Gerätes zur Kommunikation im öffentlichen Fernsprechnetz im konkreten Fall ist hierbei nicht erforderlich (OLG Celle, Beschluss vom 17.6.2009 – 311 SsRs 29/09 -; in: NZV aktuell 7/2009, VI; NZV 2009, 467).

– Der Fahrlehrer, der sich während einer Fahrschulübungsfahrt lediglich auf dem Beifahrersitz befindet, gilt – neben dem das Fahrzeug lenkenden Fahrschüler – als Fahrzeugführer i.S. des § 23 I a StVO und begeht daher eine Ordnungswidrigkeit, wenn er während der Fahrt ein Mobiltelefon benutzt (OLG Bamberg, Beschluss vom 24.03.2009 – 2 Ss OWi 127/2009 -; in: NZV 2009, 517).

– Das Mobilteil des – zu einem Festnetzanschluss gehörenden – schnurlosen Telefons ist kein Mobiltelefon im Sinne des § 23 I a StVO (OLG Köln, Beschluss vom 22.10.2009 – 82 Ss-OWi 93/09 -; in: NZV 2010, 268).

– Der Verbotstatbestand des § 23 Ia StVO ist erfüllt, wenn ein Fahrzeugführer während der Fahrt ein Mobiltelefon in die Hand nimmt und auf dem Gerät gespeicherte Musikdateien abhört (OLG Köln, Beschluss vom 12.08.2009 – 83 Ss-OWi 63/09 -; in: NZV 2010, 270).

– Bei einem Walkie-Talkie handelt es sich um ein Mobiltelefon i. S. des § 23 I a StVO (AG Sonthofen, Beschluss vom 01.09.2010 – 144 Js 5270/10 -; in: NZV 2011, 214).

– Das Zurückweisen („Wegdrücken“) eines ankommenden Anrufs wird vom Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons umfasst (OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2012 – III-1 RBs 39/12 -; in: NZV 2012, 450).

– Unter dem Begriff der „Benutzung“ eines Mobiltelefons i. S. d. § 23 Ia StVO ist auch die Nutzung als Navigationsgerät zu verstehen (OLG Hamm, Beschluss vom 18.02.2013 – III-5 RBs 11/13 -; in: NZV 2014, 53).

– Die wiederholte verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons ist geeignet, die Anordnung eines Fahrverbots wegen einer beharrlichen Pflichtverletzung zu rechtfertigen (OLG Hamm, Beschluss vom 24.10.2013 – 3 RBs 256/13 -; in: NZV 2014, 188).

– Ein zur Tatzeit nich aktiv in das Fahrgeschehen eingreifender telefonierender Fahrlehrer führt kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 23 Ia 1 StVO (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2013 – IV-1 RBs 80/13 -; in: NZV 2014, 328).

– Ein Verstoß gegen § 23 Ia StVO liegt auch vor, wenn der Betroffene ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegendes Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku aufgeladen werden muss wegen der Blendung beim Fahren in die Hand nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt um eine weitere Blendung zu vermeiden (AG Lüdinghausen, Urteil vom 17.02.2014 – 19 OWi-89 Js 86/14-14/14; in: NZV 2014, 332).

– Wer als Fahrzeugführer während der Fahrt ein Mobiltelefon lediglich annimmt, um es andernorts wieder abzulegen, erfüllt nicht den Tatbestand der verbotswidrigen Benutzung i. S. d. § 23 I a StVO. Entsprechenden gilt bei einer Ortsveränderung des Geräts durch Weiterreichen an den Beifahrer (OLG Köln, Beschluss vom 07.11.2014 – III-1 RBs 284/14 -; in: NZV aktuell 2015).

Eine verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons durch einen Fahrzeugführer liegt nicht vor, wenn das Fahrzeug steht und der Motor in Folge eines automatischen Ausschlten des Motors (Start-Stopp-Funktion) ausgeschaltet ist. Das Gesetz differenziert insoweit nicht zwischen einer manuellen oder automatischen Abschaltung des Motors (OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.2014 – NZV aktuell 2015).

Bei der Beurteilung, ob der Betroffene verbotwidrig ein Mobiltelefon benutzt hat, darf der Tatrichter zu dessen Lasten sich nicht damit begnügen, dass der Polizeibeamte, der sich an den Vorfall nicht mehr erinnert, auf die von ihm erstattete Anzeige einfach Bezug nimmt. Vielmehr muss der Tatrichter klären, ob der Polizeibeamte die volle Verantwortung für den Inhalt der Anzeige übernimmt, in welcher Weise er bei der Anzeigenerstattung beteiligt gewesen und ob und inwieweit ein Irrtum ausgeschlossen ist, und warum es verständlich erscheint, dass der Polizeibeamte den Vorfall nicht mehr in Erinnerung hat, falls insoweit Zweifel einsetzen können. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2014 – IV – 2 RBs 37/14 -; in: NZV 4/2015, 203).

Wird das Mobiltelefon aufgenommen, um die Uhrzeit abzulesen, liegt ein Verstoß gegen § 23 I a StVO vor. (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.01.2014 – 1 SsRs 1/14 -; in: NZV 4/2015, 203).

Wer als Fahrzeugführer während der Fahrt ein Mobiltelefon lediglich aufnimmt, um es andernorts wieder abzulegen, erfüllt nicht den Tatbestand der verbotswidrigen Benutzung im Sinne des § 23 I a StVO. Entsprechendes gilt bei einer Ortsveränderung des Geräts durch Weiterreichen an einen Beifahrer. (OLG Köln, Beschluss vom 07.11.2014 – III-1 RBs 284/14 -; in: NZV 5/2015, 252).

Unter dem Begriff der „Benutzung“ eines Mobiltelefons i.S. des § 23 I a StVO ist auch die Nutzung als Navigationsgerät bzw. zur Internetabfrage zu verstehen. (OLG Hamm, Beschluss vom 15.01.2015 – 1 RBs 232/14 -; in NZV 6/2015, 310).

Zur Nutzung des Mobiltelefons durch einen Kraftfahrzeugführer als Navigationshilfe bzw. zur Internetabfrage. (OLG Hamm, Beschluss vom 15.01.2015 – 1 RBs 232/14 -; in: NZV 7/2015, 354).

– Eine verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons durch einen Fahrzeugführer liegt nicht vor, wenn das Fahrzeug steht und der Motor in Folge eines automatischen Ausschaltens des Motors (Start-Stopp-Funktion) ausgeschaltet ist. Das Gesetz differenziert insoweit nicht zwischen einer manuellen oder automatischen Abschaltung des Motors. (OLG Hamm, Beschl. vom 09.09.2014 – 1 RBs 1/14 -; in: NZV 12/2015, 609).

1. Der Verbotstatbestand des § 23 Ib 1 StVO ist erfüllt, wenn ein Fahrzeugführer während der Fahrt ein Mobiltelefon betriebsbereit mit sich führt, auf dem eine so genannte „Blitzer-App“ installiert und diese App während der Fahrt aufgerufen ist. 2. „Blitzer-Apps“ dienen dazu, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen und vor mobilen und/oder stationären Geschwindigkeitsmessungen zu warnen. Wenn der Fahrzeugführer eine solche App während der Fahrt aufgerufen hat, ist auch sein Smartphone dazu bestimmt, Geschwindigkeitsmessungen anzuzeigen. (OLG Celle, Beschl. vom 03.11.2015 – 2 Ss (Owi) 313/15 -; in: NZV: 4/2016, 192).

– Der Begriff des Benutzens (§ 23 Ia StVO) umfasst auch die Nutzung der Kamerafunktion eines Mobiltelefons (OLG Hamburg, Beschluss vom 28.12.2015 – 2-86/15 (RB) -; in: NVZ 6/2016, 294).

– Das Halten eines Mobiltelefons, um es mit einem Ladekabel im Fahrzeug zum Laden anzuschließen, ist tatbestandsmäßig i. S. des § 23 Ia StVO (OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.12.2015 – 2 Ss OWi 290/15 -; in: NZV 6/2016, 294).

Sonstige Ordnungswidrigkeiten/Straftaten

– 1. Ein rechts neben dem Signalgeber einer Lichtzeichenanlage angebrachtes grünes Pfeilschild berechtigt nur Fahrzeuge auf dem rechten Fahrstreifen zum Abbiegen bei Rot. 2. Befindet sich die Lichtzeichenanlage vor einem Kreisverkehr, erlaubt die Grünpfeilregelung nur das sofortige Ausfahren bei der ersten Möglichkeit, nicht aber die Weiterfahrt im Kreis (KG, Beschluss vom 20.08.2001 – 2 Ss 143/01 – 3 Ws (B) 353/01 -, in: NZV 2002, 49).

– Lässt sich ein Linksabbieger auf Grund momentaner Unaufmerksamkeit vom anfahrenden Geradeausverkehr mitziehen, kann nicht ohne weiteres Rücksichts-, Verantwortungslosigkeit oder grobe Nachlässigkeit unterstellt werden (KG, Beschluss vom 05.09.2001 – 3 Ws (B) 420/01 -, in: NZV 2002, 50).

– Für den Führer eines Kraftfahrzeuges, der unbefugt einen Sonderfahrstreifen i. S. des § 41 II Nr. 5 (Zeichen 245) StVO mit einer für diesen Streifen gesondert installierten Anlage entsprechend Anlage 4 BOStrab benutzt, gelten die Lichtzeichen einer daneben für den Allgemeinen Verkehr auf den übrigen Fahrstreifen eingerichteten Verkehrsampel (OLG Hamburg, Beschluss vom 07.02.2001 – 2 Ss 135/00 -, in: NZV 2001, 389).

– Ist die Einfahrt aus einer Bushaltebucht in die sich anschließende Kreuzung für Linienomnibusse mit besonderen Lichtzeichen geregelt, so gelten diese nicht für einen Lkw-Führer, der an der Bushaltestelle anhält. Fährt er in die Kreuzung ein, muss er die für den allgemeinen Verkehr eingerichtete Verkehrsampel beachten (BayObLG, Beschluss vom 07.02.2005 – 1 ObOWi 637/04 – , in: NZV 2005, 208).

– Auf „Verteilerfahrbahnen“ besteht nach der gegenwärtigen Rechtslage keine Vorfahrtsregelung, sondern es gilt nur die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Verständigung nach § 1 II StVO (OLG Köln, Urteil vom 30.11.2006 – 14 U 10/06-, in: NZV 1/2007, IV).

– Den auf einem Tankstellengelände an einer Tanksäule rückwärts fahrenden Pkw-Fahrer trifft gegenüber dem hinter ihm stehenden Fahrzeug nur die sich aus § 1 II StVO ergebende allgemeine Rücksichtnahmepflicht, nicht jedoch die erhöhte Sorgfaltspflicht aus § 9 V StVO (OLG Dresden, Beschluss vom 11.12.2006 – Ss (OWi) 650/06 -, in: NZV 2007, 152).

– Wer bei unklarer Verkehrslage überholt und dabei die Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295 StVO) überfährt, verwirklicht nicht die Tatbestände der Nr. 19.1 und 19.1.1 des Bußgeldkatalogs (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.06.2007 – 4 Ss 132/07 -, in: NJW 2007, 2649; NZV 2007, 533).

– Die Radwegbenutzungspflicht gilt auch für Liegefahrräder. Deren bauartbedingte Besonderheiten stehen nicht entgegen (BVerwG, Beschluss vom 31.05.2001 – 3 B 183/00 -, in: NZV 2001, 493).

– Der Tatbestand der Nötigung im Straßenverkehr kann auch erfüllt sein, wenn ein Fahrer einen nachfolgenden Fahrer durch eine massive Verminderung seines Tempos zu einer „unangemessenen niedrigen Geschwindigkeit“ veranlasst, ohne dass der Betroffene ausweichen oder überholen kann (BayObLG vom 06.07.01 – 1 St RR 57/01).

– Auch im innerstädtischen Straßenverkehr kann ein dichtes und bedrängendes Auffahren von solcher Intensität sein, dass sich die Fahrweise des Dränglers als Gewaltanwendung im Sinne des § 240 I StGB darstellt (OLG Köln, Beschluss vom 14.03.2006 – 83 Ss 6/06 -, in: NZV 2006, 386).

– 1. Dichtes, bedrängendes Auffahren eines Kraftverkehrsteilnehmers auf den Vordermann kann – insbesondere bei gleichzeitigem Betätigen von Lichthupe und Signalhorn – Gewalt im Sinne des § 240 StGB sein. 2. Dies gilt auch dann, wenn das bedrängliche Auffahren im innerörtlichen Verkehr erfolgt (BVerfG, Beschluss vom 29.03.2007 – 2 BvR 932/06 -, in: NJW 2007, 1669; NZV 2007, 370).

– Der „bloß“ rücksichtslose Überholer macht sich in aller Regel nicht nach § 240 StGB wegen Nötigung strafbar, denn die Einwirkung seines Fahrverhaltens auf andere Verkehrsteilnehmer ist im Zweifel nicht der Zweck, sondern nur die in Kauf genommene Folge seiner Fahrweise (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.08.2007 – III-5 Ss 130/07 – 61/07 I -, in: NZV-aktuell 10/2007, VIII; NJW-aktuell 41/07, XII; NZV 2008, 46).

– Im fließenden Straßenverkehr wird ein Verkehrsvorgang nur dann zu einem Eingriff in den Straßenverkehr i. S. des § 315 b I StGB „pervertiert“, wenn zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommt, dass es mit (mindestens bedingtem) Schädigungsvorsatz – etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug – missbraucht wird (BGH, Urteil vom 20.02.2003 – 4 StR 229/02 – , in: NZV 2004, 488).

– Bei der Überprüfung eines zwischen vorausfahrenden Fahrzeugen eingehaltenen geringen Abstands kann eine zuverlässige Einschätzung aus dem folgenden Messfahrzeug nur erfolgen, wenn dieses schräg versetzt zu den anderen (auf demselben Fahrstreifen befindlichen) Fahrzeugen geführt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2002 – 2 a Ss (Owi) 107/02 – (Owi) 30/02 II -, in: NZV 2002, 519).

– Das Anbringen von Reflektoren, mit denen die von der Kamera einer Verkehrsüberwachungsanlage gefertigte Aufnahme unbrauchbar gemacht wird, erfüllt nicht den Tatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 III StGB). Es kommt jedoch eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB in Betracht (OLG München, Urteil vom 15.05.2006 – 4St RR 53/06 -, in: NJW 2006, 2132).

– Die Verwendung eines im ausgedruckten Parkzeitende abgeänderten Parkscheins erfüllt den Tatbestand der Urkundenfälschung, nicht aber denjenigen des (versuchten) Betrugs (OLG Köln, Beschluss vom 10.08.201 – Ss 264/01 -, in: NJW 2002, 527).

– 1. Ein Parkscheinautomat ist nicht bereits dann als ein nicht funktionsfähiger i.S. des § 13 I 2 StVO zu beurteilen, wenn das Gerät eine Münze, die ein gesetzliches Zahlungsmittel darstellt und ihrer Art nach (hier: 50-Cent-Stück) geeignet ist, die Parkscheinerteilung auszulösen nicht akzeptiert. 2. Der Verkehrsteilnehmer ist vielmehr gehalten, so viele Versuche mit verschiedenen Münzen zu tätigen, bis die Produktion des Parkscheins ausgelöst ist, soweit das Gerät grundsätzlich funktionsfähig ist (OLG Hamm, Beschluss vom 29.08.2005 – 3 Ss OWi 576/05 -, in: NZV 2006, 323).

– Der Bußgeldtatbestand des § 10 I Nr. 1 ABMG ist auch im Falle einer manuellen Einbuchung und Mautzahlung erfüllt, wenn die Benutzung der mautpflichtigen Autobahnstrecke erst nach Ablauf des Gültigkeitszeitraums erfolgt, der im Einbuchungsbeleg ausgewiesen ist (OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2006 – 82 Ss-OWi 45/06 -, in: NZV 2006, 555).

– Eine zwischen Parkmarkierungen liegende „Restfläche“ wird vom Regelungsgehalt eines Halteverbotsschildes mit dem Zusatzschild „außerhalb gekennzeichneter Flächen“ nicht erfasst ( OLG Hamm, Beschluss vom 27.01.2005 – 3 Ss OWi 49/05 -, in: NZV 2006, 324, NJW 2006, 1607).

– 1. Wird in einen Pkw-Motor ein leistungssteigernder Chip zur Steuerung der Motorelektronik eingebaut („Chip-Tuning“), der das Abgasverhalten des Motors verändert, so erlischt die Betriebserlaubnis, wenn der Einbau des Chips nicht unverzüglich durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen abgenommen (§ 19 III 1 Nr. 4 c StVZO) und eine Bestätigung nach § 22 I 5 StVZO erteilt wird. Das gilt auch dann, wenn für den Chip das Gutachten eines Technischen Dienstes nach § 19 III 1 Nr. 4 a StVZO vorliegt. 2. Wird der Chip wieder ausgebaut, lebt die erloschene Betriebserlaubnis dadurch nicht automatisch wieder auf (OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2006 – 1 U 181/05 -, in: NZV 2007, 44; NJW 2007, 443).

– 1. Ein schuldhafter Verstoß gegen die Führerscheinklausel in § 2 b Nr. 1 lit.c AKB durch technische Eingriffe, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit eines Motorrades erhöhen, führt bereits dann zur Leistungsfreiheit des Versicherers nach erfolgter Kündigung, wenn der Unfall nicht ausschließbar auf Risiken zurückzuführen ist, deren Eintritt durch die zulässige geringere Höchstgeschwindigkeit ausgeschlossen werden solle (wechselseitiges gefährliches Überholen von Motorrad und Pkw). 2. Die Beweislast für den fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang obliegt nach § 6 II VVG dem Versicherungsnehmer (OLG Nürnberg, Urteil vom 25.07.2002 – 8 U 3687/01 -, in: NZV 2003, 41).

– Die Pflichtverletzung eines Kfz-Halters kann nicht schon allein auf Grund der Mängel am Fahrzeug angenommen werden; vielmehr sind die konkreten Umstände darzulegen, die in der Person des Betroffenen die Missachtung der Sorgfaltspflichten ergeben (hier verneint beim Betreiber eines Fuhrbetriebs mit 45 Fahrzeugen) (KG, Beschluss vom 31.07.2007 – 2 Ss 289/06 – 3 WS (B) 60/07 -, in: NZV-aktuell 12/2007, IV; NZV 2008, 51).

– Wird einem Kraftfahrzeughalter mit behördlicher Verfügung die Beseitigung von Mängeln seines Kraftfahrzeugs für den Fall, dass diese jetzt noch vorhanden sind, sowie die Mitteilung über die Mängelbeseitigung auferlegt, so stellt diese Verfügung auch dann eine rechtmäßige Amtshandlung – und damit Grundlage für eine Gebührenerhebung – dar, wenn die Mängel bei Erlass der Verfügung zwar beseitigt waren, der Kraftfahrzeughalter dies aber noch nicht mitgeteilt hatte (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.08.2006 – 10 S 2249/05 -, in: NZV 2007, 51).

– 1. Der Begriff „Fuhrparkleiter“ besagt nichts darüber, ob dem Betroffenen vom Betriebsinhaber oder einem sonst Befugten ausdrücklich der Auftrag erteilt worden ist, die dem Unternehmer obliegenden Verpflichtungen aus dem Fahrpersonalgesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen. 2. Die bloße tatsächliche Wahrnehmung der den Betriebsinhaber treffenden Pflichten reicht für eine Verantwortlichkeit i.S.d. § 9 II Nr. 2 OWiG nicht aus (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2006 – IV – 2 Ss (OWi) 124/06 – (OWi) 67/06 III -, in: NZV 2007, 322).

– Obwohl seit dem 1.12.1999 geltendes Recht, wissen immer noch viele Kraftfahrer nicht, dass – wie der Bericht zum Abgastest – der TÜV-Untersuchungsbericht immer bei sich geführt werden muss.

– Allein der Umstand, dass mit einem mit sog. „roten Kennzeichen“ versehenen Kraftfahrzeug keine Probe- oder Überführungsfahrt durchgeführt wird, sondern eine Einkaufsfahrt, führt nicht zur Verwirklichung des Straftatbestandes der §§ 1, 6 PflVG (OLG Hamm, Beschluss vom 18.12.2006 – 2 Ss OWi 533/06 -, in: NZV 3/2007, VI; NZV 2007, 375; NJW 2007, 2133).

– Das Führen eines Kraftfahrzeugs ohne Schuhe oder mit hierfür ungeeignetem Schuhwerk erfüllt nicht den Tatbestand des § 23 I 2 i.V. mit § 49 I Nr. 22 StVO. Allerdings können in diesen Fällen Ordnungswidrigkeiten nach § 1 II i.V. mit § 49 I Nr. 1 StVO oder § 209 I Nr. 1 SGB VII in Verbindung mit den Unfallverhütungsvorschriften „Fahrzeuge“ in Betracht kommen (OLG Bamberg, Beschluss vom 15.11.2006 – 2 Ss OWi 577/06 -, in: NJW 2007, 1014).

– Das bloße Fahren ohne geeignetes Schuhwerk ist – jedenfalls bei einer nicht dem Anwendungsbereich des § 209 SGB VII unterfallenden Fahrt und ohne zusätzliche Herbeiführung eines von der Rechtsordnung missbilligten Erfolgs – weder nach §3 23 I 2, 49 I Nr. 22 StVO noch nach anderweitigen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts mit Bußgeld sanktioniert (OLG Celle, Beschluss vom 13.03.2007 – 322 Ss 46/07 –, in: NZV 2007, 532).

– 1 Werden Kraftfahrzeuge oder Anhänger als Werbeträger auf öffentlichen Wegen abgestellt, ist es für die Annahme einer erlaubnispflichtigen Sondernutzung erforderlich, dass die Vorrangigkeit des Werbezwecks gegenüber der Absicht eines Abstellens zur anschließenden Wiederinbetriebnahme durch objektive Anhaltspunkte hinreichend deutlich wird. 2. Solche Anhaltspunkte können sich vor allem aus der Gestaltung der Fahrzeuge, der Dauer der Abstellung, der Wahl des Abstellorts oder der Art und Weise der konkreten Aufstellung ergeben (OVG Hamburg, Beschluss vom 13.06.2003 – 2 Bs 181/03 – , in: NZV 2004, 544).

– Das Abstellen eines Kraftfahrzeuganhängers mit Werbeschildern im öffentlichen Verkehrsraum, ohne im Besitz einer Sondernutzungserlaubnis zu sein, erfüllt nicht den Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG (BGH, Urteil vom 11.05.2006 – I ZR 250/03 – (OLG Frankfurt am Main), in: NZV 2006, 649).

– Ein Verbotsirrtum kann unvermeidbar sein, wenn gleichrangige Obergerichte eine Unrechtsfrage unterschiedlich entschieden haben, und es für den Angeklagten nicht zumutbar ist, das möglicherweise verbotene Verhalten bis zur Klärung der Rechtsfrage zu unterlassen. Für den Inhaber der Fahrerlaubnis eines anderen EU-Mitgliedstaats, die während des Laufs einer Sperrfrist gem. § 69 a StGB erteilt wurde, kann es dann unzumutbar sein, von dieser nach Ablauf der Sperrfrist in Deutschland keinen Gebrauch zu machen, wenn die Klärung der Rechtsfrage, ob § 29 IV Nr. 4 FeV seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland entgegensteht, noch nicht absehbar ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.11.2007 – 2 Ss 597/07 -; in: NZV 2008, 101).

– 1. Sofern dem Angeklagten nicht zu widerlegen ist, dass er dachte, er werde bei einem Vorbeifahren an der Radaranlage nicht gefilmt, scheidet eine Beleidigung durch den ausgestreckten Mittelfinger gegen die Radaranlage aus. 2. Die Auffassung, man werde nur bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung aufgezeichnet und „geblitzt“, entspricht der Überzeugung breiter Bevölkerungskreise (LG Kassel, Urteil vom 30.11.2007 – 9012 Js 44909/06 7 Ns -; in: NZV-aktuell 3/2008, VI).

– Gegenüber Fahrern, die trotz eindringlicher Belehrungen die Lenk- und Ruhezeiten nicht einhalten, muss der Unternehmer rechtzeitig angemessene arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnung und nötigenfalls Kündigung ergreifen, um seine Verpflichtung, für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu sorgen, zu erfüllen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2007 – IV-2 Ss (OWi) 83/07 – (OWi) 64/07 III -; in: NZV 2008, 161).

– Das Zeichen 283 (§ 41 II Nr. 8 StVO) verbietet (nur) das Halten auf der Fahrbahn. Das Verbot richtet sich nur an den Fahrverkehr und kann (allerdings nur durch das entsprechende Zusatzschild) auf einen ganz bestimmten, nach § 2 I 2 StVO nicht zur Fahrbahn gehörenden Bereich, nämlich den Seitenstreifen, erweitert oder begrenzt werden. Anders als ein Zonenhalteverbot gilt es nicht auch für sonstige Flächen außerhalb der Fahrbahn, wie Parkstreifen, Park- und Ladebuchten und frei Plätze (OLG Jena, Beschluss vom 29.05.2007 – 1 Ss 361/06 -; in: NZV 2008, 215).

– Für den Begriff „Öffentlichkeit“ im Sinne des Verkehrsstrafrechts kommt es darauf an, ob der Bereich, in dem sich die Tat ereignet haben soll, der Allgemeinheit zugänglich ist, d.h. ob er von einem zufälligen Personenkreis genutzt werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 04.03.2008 – 2 Ss 33/08 -; in: NZV-aktuell 5/2008, VI).

– Wer nach einem Verkehrsunfall auf der Autobahn auf der Überholspur zum Stehen gekommen ist, muss grundsätzlich sein Fahrzeug sofort entfernen und auf dem rechten Seitenstreifen oder notfalls auf dem Mittelstreifen abstellen. § 34 I Nr. 2 StVO erlaubt es in einem solchen Fall nicht, zunächst nur die Unfallstelle abzusichern und die polizeiliche Unfallaufnahme abzuwarten (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.03.2001 – 1 Ws 83/01 -, in: NZV 2001, 387).

-1. Im fließenden Verkehr stellt ein Verkehrsvorgang nur dann einen Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne von § 315 b I StGB dar, wenn zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommt, dass es mit (mindestens bedingtem) Schädigungsvorsatz – etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug – missbraucht wird. 2. Verdeckungsabsicht im Sinne von §§ 315 b III, 315 III StGB liegt nicht schon darin, dass der Täter einen zeitlichen Vorsprung erhalten will, um fliehen zu können (OLG Hamm, Beschluss vom 08.01.2008 – 3 Ss 528/07 -; in: NZV 2008, 261).

– 1. Eine verwertbare Abstandsmessung aus dem vorausfahrenden Polizeifahrzeug durch Beobachtung mittels Rückspiegel kann durch Fahrer allein nicht stattfinden. 2. Auch eine Abstandsbestimmung mittels Nachstellen des Abstands auf einem Autobahnparkplatz reicht allein nicht zum Nachweis des Abstandsverstoßes aus (AG Lüdinghausen, Urteil vom 25.8.2008 – 19 OWi-89 Js 780/08-83/08 -; in: NZV 2009, 159).

– 1. Das sogenannte „Ausbremsen“ eines Verkehrsteilnehmers durch einen anderen Kraftfahrer kann sich als Gewalt i. S. v. § 240 StGB darstellen. Neben den Fällen einer den nachfolgenden Kraftfahrer zum Anhalten zwingenden Vollbremsung ist Nötigung durch Anwendung von Gewalt auch dann anzunehmen, wenn der Täter seine Geschwindigkeit ohne verkehrsbedingten Grund stark reduziert und dadurch den Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs zu einer unangemessen niedrigen Geschwindigkeit zwingt, sofern dieser das ihm aufgezwungene Verhalten nicht durch ausweichen oder Überholen vermeiden kann. 2. Kann der nachfolgende Fahrer die Reduktion seiner Geschwindigkeit durch Ausweichen oder Überholen vermeiden, ist der vom Täterfahrzeug ausgehende Zwang nicht physischer, sondern regelmäßig allein psychisch vermittelter Natur. Dies genügt nicht für die Annahme von Gewalt im Rahmen von § 240 StGB (OLG Celle, Beschluss vom 3.12.2008 – 32 Ss 172/08 -; in: NZV 2009, 199).

– Das Verkehrszeichen 260 verbietet weder das Schieben von Krafträdern im gesperrten Verkehrsbereich, noch deren Halten oder Parken (OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.2.2009 – 1 Ss 65/08 -; in: NZV aktuell 5/2009, VI; NZV 2009, 521).

– Als Faustregel für einen noch regelkonformen Überholvorgang geht der Senat von einer Dauer von maximal 45 Sekunden aus. Unter Berücksichtigung der Länge eines zu überholenden Fahrzeugs von knapp 25 m und den vor und nach dem Überholen vorgeschriebenen Sicherheitsabständen von jeweils 50 gem. § 4 III StVO entspräche dies einer Geschwindigkeit von 80 km/h für das überholende und einer solchen von 70 km/h für das zu überholende Fahrzeug (OLG Hamm, Beschluss vom 29.10.2008 – 4 Ss OWi 629/08 -; in: NZV 2009, 302).

– 1. Die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis wegen nachträglicher Veränderungen erloschen ist, stellt keine Inbetriebnahme ohne Zulassung i. S. der §§ 48 Nr. 1 a, 3 Abs. 1 FZV dar. Der Fortfall der Betriebserlaubnis lässt die Zulassung nicht entfallen. 2. Eie Ahndung als Ordnungswidrigkeit ist nach §§ 69 a III Nr. 1, 30 StVZO, 24 StVG möglich, wenn die Veränderung die Verkehrssicherheit beeinträchtigt oder Gefahren oder Belästigungen entstehen lässt (OLG Jena, Urteil vom 21.1.2009 – 1 Ss 46/08 -; in: NJW 2009, 2393).

– Ein Schwerbehinderter mit außergewöhnlicher Gebehinderung („aG“) ist nur dann berechtigt, einen Sonderparkplatz für Schwerbehinderte zu benutzen, wenn er seinen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde ausgestellten besonderen Parkausweis gut lesbar im geparkten Fahrzeug auslegt (OVG NRW, Beschluss vom 17.02.2009 – 5 A 3413/07 -; in: NZV 2009, 412).

– Durch § 41 II Nr. 6 (Z 270.1) wird das Parken von nicht mit einer Feinstaubplakette ausgestatteten Fahrzeugen in Umweltzonen nicht verboten, so dass der Halter des Fahrzeugs bei Nichtfeststellung der Person, die den Verstoß begangen hat, nicht die Kosten des Verfahrens gemäß § 25 a StVG zu tragen hat (AG Frankfurt a. M., Beschluss vom 15.07.2009 – 994 OWi 5/09 – 2017; in: NZV aktuell 9/2009, VI; NZV 2009, 516).

– Der Führer eins Lastkraftfahrzeuges ist nicht verpflichtet, jeweils vor Fahrtantritt die gesamten Bremsscheiben durch gezielten Blick durch die Löcher in den Felgen auf Mängel zu überprüfen (OLG Celle, Beschluss vom 03.02.2009 – 311 SsRs 138/08 -; in: NZV 2009, 617).

– Ein erlaubtes Überholen mit „wesentlich höherer Geschwindigkeit als der zu Überholende“ liegt zwischen Lkws auf zweispuriger Autobahn grundsätzlich dann noch vor, wenn die Differenz mindestens 10 km/h beträgt (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.11.2009 – 1 SsRs 45/09 -; in: NZV 2010, 163).

– Ein erlaubtes Überholen mit „wesentlichen höherer Geschwindigkeit als der zu Überholende“ liegt zwischen Lkw auf einer zweispurigen Autobahn grundsätzlich auch dann noch vor, wenn die Differenz mindestens 10 km/h beträgt (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.11.2009 – 1 SsRs 45/09 -; in: NJW 2010, 885).

– Das Videobrückenmesssystem VibrAM begegnet im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung keine Bedenken, solange keine verdachtsunabhängige Speicherung von individuellen Merkmalen erfolgt (OLD Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2010 – IV-4 RBs 143/09 -; in: NZV 2010, 474).

– Gemäß § 21 I Nr. 1 StVG, § 28 IV Nr. 4 FeV fährt ohne Fahrerlaubnis auch, wer sich während des Laufs einer isolierten Sperre (§ 69a I 3 StGB) einer zuvor erworbenen (hier: bulgarischen) EU-Fahrerlaubnis bedient (OLG Köln, Beschluss vom 09.06.2010 – 2 Ws 361/10 -; in: NZV 2010, 633).

– Durch § 41 II Nr. 6 (Z 270.1) wird das Parken von nicht mit einer Feinstaubplakette ausgestatteten Fahrzeugen in Umweltzonen nicht verboten, so dass der Halter des Fahrzeugs bei Nichtermittelbarkeit der Person, die den Verstoß begangen hat, nicht die Kosten des Verfahrens gemäß § 25 a StVG zu tragen hat (AG Hannover, Beschluss vom 23.08.2010 – 210 OWi 301/10 -; in: NZV 2011, 53).

– 1. Für die Wirksamkeit von Verkehrszeichen gilt der Sichtbarkeitsgrundsatz. Der Verkehrsteilnehmer muss die Anordnung des Verkehrszeichens ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen können. 2. Werden Verkehrsregelungen aufgrund von Abnutzung oder Witterungsbedingungen derart unkenntlich, dass diese Erkennbarkeit nicht mehr vorhanden ist, so verlieren sie ihre Wirksamkeit (OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010 – III 3 RBs 336/09 -; in: NZV 2011, 94).

– 1. Bei der Abstandsmessungen mit dem Video-Brücken-Abstandsmessverfahren Vibram-Bamas besteht kein Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot. 2. Trotz entgegenstehender Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (NJW 2010, 1216) besteht keine Pflicht zur Divergenzvorlage (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.10.2010 – 2 (6) SsBs 404/10 -; in: NZV 2011, 213).

– 1. Verkehrseinrichtungen müssen so gestaltet sein, dass sie für einen Verkehrsteilnehmer mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit durch einen beiläufigen Blick deutlich erkennbar sind und eine möglichst gefahrlose Abwicklung des Verkehrs ermöglichen; sie dürfen weder irreführend noch undeutlich sein. Verkehrszeichen müssen deshalb so angebracht und – bei Schilderkombinationen – gestaltet sein, dass auch ein ortsunkundiger Verkehrsteilnehmer Sinn und Tragweite der getroffenen Regelung ohne Weiteres erkennen kann, ohne nähere Überlegungen hierüber anstellen zu müssen. 2. Eine zweckmäßige oder irreführende Gestaltung von Verkehrszeichen kann je nach Sachlage entweder das Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, der im Sinn des Zeichens missversteht, mindern und ein Mitverschulden des für die Gestaltung Verantwortlichen begründen oder aber zur Folge haben, dass dem Verkehrsteilnehmer aus der Fehldeutung des Zeichens überhaupt kein Schuldvorwurf zu machen ist (Thüringer OLG, Beschluss vom 06.05.2010 – 1 Ss 20/10 -; in: NZV 2011, 313).

– Das Betreiben von Xenonscheinwerfern ohne Scheinwerferreinigunganlage und ohne automatische Leuchtweiteregelung (Höhenregelung) stellt einen Verstoß nach § 50 X Nr. 1 und 2 StVZO dar und ist nach § 69 a III Nr. 18a StVZO i. V. mit Nr. 214 der Anlage zum BKatV zu ahnden (OLG Jena, Beschluss vom 13.01.2012 – 1 Ss Rs 185/11 -; in: NZV 2012, 605).

– Zur erforderlichen Fahrstrecke für die Feststellung einer Abstandsunterschreitung (hier: mindestens 150 m) (OLG Hamm, Beschluss vom 30.08.2012 – III-1 RBs 122/12 -; in: NZV 2013, 203).

– Entscheidet sich ein Kraftfahrer, eine Fahrspur entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu nutzen, muss er insbesondere in Kreuzungs- und Einmündungsbereichen jederzeit damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer – auch Fußgänger – sich darauf verlassen, dass ihnen keine Gefahren von Kraftfahrzeugen infolge straßenverkehrsrechtswidriger Nutzung durch Fahren entgegen der Fahrtrichtung drohen. Passt er seine Geschwindigkeit dabei nicht angemessen an, stellt dies ein zu schnelles Fahren an einer Straßenkreuzung bzw. -einmündung im Sinne des § 315c I Nr. 2d StGB dar (OLG Celle, Beschluss vom 03.01.2013 – 31 Ss 50/12 -; in: NZV 2013, 252).

– Kann eine Abstandsunterschreitung auf einer Strecke von nur 110 bis 120 m festgestellt werden, so reicht dies nicht aus, einen vorwerfbaren Abstandsverstoß feststellen zu können (AG Lüdinghausen, Urteil vom 28.01.2013 – 19 OWi-89 Js 1772/12-216/12 -; in: NZV 2013, 355).

– Der Tatbestand der Nötigung ist durch eine bedrängende Fahrweise nicht erfüllt, wenn deren Dauer unerheblich ist oder diese sich lediglich in einem einmaligen, kurzzeitigen Näherkommen an den anderen Verkehrsteilnehmer erschöpft (OLG Köln, Beschluss vom 18.06.2013 – III-1 RVs 111/13 -; in: NZV 2013, 454).

– 1. Nach § 5 I und II StVO darf nur überholen, wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Das ist nur dann der Fall, wenn der Überholende einen Abschnitt der Gegenfahrbahn einsehen kann, der zumindest so lang ist, wie die für den Überholvorgang benötigte Strecke, zuzüglich des Weges, den ein entgegenkommendes, mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit fahrendes Fahrzeug während des Überholens zurücklegt, es sei denn, die Breite der Straße lässt ein gefahrloses Überholfen auch bei Gegenverkehr zu. 2. Der Abschnitt, den der Überholende einsehen können muss, ist von der Stelle aus zu messen, an der der Überholvorgang noch gefahrlos abgebrochen werden kann. Dies kann auch möglich sein, wenn der Überholende bereits vollständig auf der Gegenfahrbahn fährt, aber noch auf die rechte Spur zurückwechseln kann, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu behindern. 3. Um nachträglich beurteilen zu können, ob ein Überholvorgang diesen Voraussetzungen entspreochen hat, sind demnach neben der Mitteilung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und Straßenbreite Feststellungen dazu erforderlich, an welcher Stell der Überholvorgang noch gefahrlos abgebrochen werden konnte, wie weit der Überholende von dort aus die Gegenfahrbahn einsehen konnte und wie lang die Strecke war, die er noch zum Überholen benötigte. Wenn diese Strecke nicht abgemessen worden ist, ist die Kenntnis der Geschwindigkeiten des Überholenden und des Überholten sowie die Längen beider Fahrzeuge erforderlich, um die Überholstrecke errechnen zu können (OLG Hamm, Beschluss vom 12.02.2013 – III-1 RBs 8/13 -; in: NZV 2013, 460).

– Die mit dem Verkehrszeichen 274 (Nr. 49 der Anl. 2 zu § 41 I StVO) mit Zusatzzeichen „Mo-Fr, 6-18 h“ (§ 39 II StVO) angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gilt auch, wenn auf den betreffenden Wochentag ein gesetzlicher Feiertag fällt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.05.2013 – (2 Z) 53 Ss-OWi 103/13 (50/13) -; in: NZV 2014, 101).

– Der subjektive Tatbestand der Nötigung (§ 240 I StGB) setzt bei Behinderungen im Straßenverkehr voraus, dass die Einwirkung auf einen anderen nicht bloße Folge, sondern er Zweck des verbotswidrigen Verhaltens ist. Gegen den allein rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer, der seine Ziele auf Kosten anderer eigensüchtig durchsetzt und die für diese eintretenden Folgen dabei lediglich billigend in Kauf nimmt, scheidet ein Schuldspruch wegen Nötigung regelmäßig aus (OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.10.2012 – (2) 53 Ss 131/12 -; in: NZV 2014, 102).

– 1. Das zur Abstandsmessung eingesetzte sog. Brücken-Abstandsmessverfahren (VAMA) erfüllt alle Kriterien für die Einordnung als standardisiertes Messverfahren. Als ’standardisiert‘ ist nicht nur der mit Hilfe der Messanlage erfolgende Messvorgang selbst, sondern auch die anschließende Auswertung der gewonnenen Messaufnahmen zu qualifizieren, wobei unerheblich ist, ob diese Auswertung automatisiert oder auf sonstige Weise stattfindet (OLG Bamberg, Beschluss vom 12.12.2012 – 3 Ss OWi 450/12 -; in: NZV 2014, 140).

– Ein sog. „Pocketbike“ stellt – in Abgrenzung zum motorbetriebenen Spielzeug – wegen seiner baurtbedingten Bestimmung zur Personenbeförderung ein „Kraftfahrzeug“ i. S. des § 2 Nr. 1 FZV dar. Damit unterliegt der Fahrer eines solchen Gefährts, sofern es auf öffentlichem Verkehrsgrund betrieben werden soll, der Fahrerlaubnispflicht nach § 2 StVG und § 4 FeV, mindestens Klasse M (§ 6 I FeV). Der Fahrzeughalter ist für diesen Fall – in Ermangelung eines Ausnahmetatbestands nach § 2 PflVG – zum Abschluss eines entsprechenden Haftpflichtversicherungsvertrages verpflichtet, § 1 PflVG (OLG Dresden, Beschluss vom 11.9.2013 – 2 OLG 21 SS 652/13 -; in: NZV 2014, 236).

Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315 b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat. (BGH, Beschluss vom 09.09.2014 – 4 StR 251/14 (LG Essen) -; in: NZV 6/2015, 308).

– Der gegen die Vorwerfbarkeit einer auf einer Autobahn festgestellten Unterschreitung des nach § 4 I 1 StVO gebotenen Sicherheitsabstands vorgebrachte Einwand, die Abstandsunterschreitung sei durch das gefahrvolle Auffahren des Führers des nachfolgenden Fahzeugs verursacht worden, ist regelmäßig unbeachtlich, wenn auf der so genannten Beobachtungsstrecke ein plötzliches Abbremsen oder ein unerwarteter Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugführers auszuschließen ist. (OLG Baumberg, Beschluss vom 25.02.2015 – 3 Ss Owi 160/15 -; in: NZV 6/2015, 309).

1. Für die Ahndung eines Abstandsverstoßes ist es erforderlich, dass die Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend ist. 2. Bei einer Messstrecke von 100 m, einem Abstand zum Vorderfahrzeug von 20 m, bei Unklarheiten bezüglich vor und hinter dem Fahrzeug des Fahrverhaltens beeinflussender Fahrzeuge und unklarer Geschwindigkeit bestehen erhebliche Zweifel am Vorliegen einer vorwerfbaren Abstandsunterschreitung. (OLG Rostock, Beschluss vom 18.08.2014 – 21 Ss Owi 144/14 B -; in: NZV 8/2015, 405).

– Einen bloßen Bei- und Mitfahrer in einem Kraftfahrzeug trifft während der Fahrt grundsätzlich keine Pflicht, hinsichtlich der Beschilderung Aufmerksamkeit walten zu lassen. Eine Erkundigungspflicht nach einem Fahrerwechsel hinsichtlich etwaiger geltender durch Beschilderung gesetzter Geschwindigkeitsbeschränkungen trifft ihn im Regelfall nicht. (OLG Hamm, Beschluss vom 18.06.2014 – 1 RBs 89/14 -; in: NZV 9/2015, 457).

Auch ein Bordstein, der auf einer eine Fahrzeuglänge überschreitenden Strecke abgesenkt ist (hier: etwa 20 Meter), kann ein Parkverbot nach § 12 III Nr. 5 StVO begründen (entgegen OLG Köln, DAR 1997, 79). (KG, Beschluss vom 22.06.2015 – 3 Ws (B) 291/15 – 122 Ss 88/15 -; in: NZV 9/2016, 439).

– 1. Von der Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, das nachfolgende Fahrzeug sei auf der Beobachtungsstrecke gefahrvoll auf den Betroffenen aufgefahren, wenn dieser bereits zuvor den Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in pflichtwidriger Weise unterschritten hat (Fortführung von OLG Bamberg, NJW 2015, 1320 = DAR 2015, 396). 2. Der gegen die Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes vorgebrachte Einwand eines unerwarteten Spurwechsels des vorausfahrenden Fahrzeugs vor der Beobachtungsstrecke bei gleichzeitigem gefahrvollen Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs ist nur beachtlich, wenn es dem Betroffenen bis zur Messung weder möglich war, die durch das Ausscheren des vorausfahrenden Fahrzeugs geschaffene Lücke auf der benachbarten Fahrspur zu nutzen, noch durch behutsame Verringerung der eigenen Geschwindigkeit den Abstand zum Vordermann signifikant zu steigern. (OLG Bamberg, Beschluss vom 17.09.2015 – 3 Ss Owi 1048/15 -; in: NZV 9/2016, 445).

Die vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315 c I StGB erfordert – anders als in § 315 c III Nr. 1 StGB – hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz. Der Vorsatz des Täters muss deshalb nicht nur die Fahrunsicherheit, sondern auch die konkrete Gefahr umfassen. Der Täter muss insoweit die Umstände kennen, die den Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen und sich mit dem Eintritt dieser Gefahrenlage zumindest abfinden (BGH, Beschluss vom 13.01.2016 – 4 StR 532/15 -; in: NZV 6/2016, 288).

Geldbuße/Strafe/Sperrfrist

– 1. Uneinsichtigkeit ist kein hinreichender Grund zur Erhöhung der Geldbuße. 2. Der Vorwurf einer beharrlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ist bei der ersten Wiederholung nicht gerechtfertigt, wenn das Verschulden bei der früheren Begehung gering war. Liegt die wegen eines früher begangenen Verkehrsverstoßes verhängte Geldbuße unter dem Regelsatz, so spricht alles dafür, dass das damals erkennende Gericht nur ein geringes Verschulden des Betroffenen festgestellt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2001 – 2 b Ss (Owi) 348/00 – (Owi) 122/00 I -, in: NZV 2001, 488).

– 1. Wer innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um fast 100 % überschreitet, handelt regelmäßig vorsätzlich. Um noch von fahrlässigem Handeln ausgehen zu können, bedarf es der Darlegung besonderer Umstände. 2. Eine Geldbuße von 250 Euro und ein Fahrverbot von 2 Monaten sind in einem solchen Fall angemessen (KG, Beschluss vom 21.04.2004 – 3 Ws (B) 83/04 – , in: NZV 2005, 159).

– Ein Autofahrer, der im Straßenverkehr ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nimmt in Kauf, dadurch so abgelenkt zu sein, dass es zu Verkehrsverstößen kommt. Das Nichtbeachten eines Rotlichtes wird dann i.d.R. als vorsätzlich begangen bewertet, was zur Erhöhung der Geldbuße und evtl. zur Verhängung eines Fahrverbotes führt (OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2001 – 333 Ss 38/01 (Owi) -, in: NZV 2001, 354).

– Das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der Fahrt wird regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden können. Eine Erhöhung des Regelbußgeldes wegen vorsätzlicher Begehungsweise kommt deshalb nicht in Betracht (OLG Jena, Beschluss vom 06.09.2004 – 1 Ss 138/04 -, in: NZV 2005, 108).

– Der Verstoß gegen § 23 I a StVO (Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch Fahrzeugführer) wird regelmäßig vorsätzlich verwirklicht. Da dies bereits in der Regelbuße von 40 Euro entsprechende Berücksichtigung gefunden hat, ist es rechtsfehlerhaft, die Geldbuße wegen der vorsätzlichen Begehungsweise zu erhöhen (KG, Beschluss vom 30.11.2005 – 2 Ss 272/05 – 3 Ws (B) 600/05 -, in: NJW 2006, 3080, NZV 2006, 609).

– Bei Vorliegen mehrerer, auch einfacher Milderungsgründe kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn dafür die Geldbuße erheblich erhöht wird (OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.05.2002 – Ss 112/01 -, in: NZV 2002, 414).

– Die Regelsätze im Bußgeldkatalog gehen von unvorbelasteten Ersttätern aus (Abs. 2 Satz 2 BkatV); dass der Betroffene nicht vorbelastet ist, ist mithin kein strafmildernder Umstand, der eine Herabsetzung der Regelgeldbuße rechtfertigte (KG, Urteil vom 07.06.2002 – 3 Ws (B) 130/02 -).

– Bei einem nicht vorbestraften Busfahrer mit befristetem Arbeitsverhältnis, dem bei Verhängung eines Fahrverbotes der Verlust des Arbeitsplatzes droht, kommt ein Absehen vom Fahrverbot unter Erhöhung der Geldbuße in Betracht (AG Gelnhausen, Urteil vom 02.12.2005 – 44 OWi 2955 Js 16571/05 -, in: NZV 2006, 327).

– Die in der Bußgeldkatalog-Verordnung vorgesehenen Regelsätze können unterschritten werden, wenn ein Festhalten dazu führen würde, dass gegen den Betroffenen eine unverhältnismäßige, da von ihm nicht leistbare, Sanktion festgesetzt wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.10.2006 – 1 Ss 82/06 -, in: NJW 2007, 166; NZV 2007, 98).

– 1. Nach einem Rechtsbeschwerdeverfahren steht das Verschlechterungsverbot der Erhöhung einer Geldbuße bei gleichzeitigem Absehen vom Fahrverbot nicht entgegen. 2. Eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitablaufs zwischen der Tat und deren Ahndung (hier: zweieinhalb Jahre) nicht mehr bedarf (OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2007 – 3 Ss OWi 360/07 -, in: NZV-aktuell 2007, VI).

– Wird der TÜV-Prüftermin um bis zu zwei Monate überschritten, dann ist ein Bußgeld fällig, bei Überschreitung des Termins um mehr als zwei Monate, erfolgt überdies die Eintragung von zwei Punkten in das Verkehrszentralregister.

§ 111 OwiG begründet keine selbstständige Auskunftspflicht. Das Verhalten des Betroffenen ist nur dann bußgeldbewehrt, wenn die Zusendung des Anhörungsbogens zumindest auch der Identitätsfeststellung gedient hat, weil notwendige Personalien fehlten (OLG Dresden, Beschluss vom 23.06.2005 – Ss (Owi) 18/05 -, in: NZV 2005, 653).

– 1. Die Verwarnung nach § 56 I 1 OWiG wird bei verspäteter Zahlung unwirksam. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumung gibt es nicht. 2. Bei der Banküberweisung trägt der Betroffene das Risiko des rechtzeitigen Eingangs (AG Saalfeld, Beschluss vom 15.07.2005 – OWi 23/04 -, in: NZV 2006, 49).

– 1. Eine Beschränkung des Einspruchs auf die Anordnung des Fahrverbots ist in der Regel unwirksam, weil diese Rechtsfolge in einer so engen Beziehung zur festgesetzten Geldbuße steht, dass beide nicht losgelöst von einander beurteilt werden können. 2. Eine Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist trotz Fehlens von Angaben zur Schuldform im Bußgeldbescheid dann wirksam, wenn der Bußgeldbescheid die Regelgeldbuße nach der Bußgeldkatalogverordnung anordnet, weil dann auf fahrlässige Begehungsweise und gewöhnliche Tatumstände zu schließen ist (OLG Jena, Beschluss vom 04.03.2005 – 1 Ss 27/05 -, in: NZV 2006, 168).

– Die Berufung kann innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs allein auf die Frage der Maßregel nach § 69 StGB beschränkt werden, wenn der Rechtsmittelführer die die Entscheidung nach § 69 StGB tragenden Feststellungen nicht in Frage stellt, sondern selbst von ihnen ausgeht und nur der Rechtsmeinung ist, sie trügen die Maßregelentscheidung nicht. Denn in diesen Fällen sind weder doppelrelevante Tatsachen, die sowohl für die Maßregelentscheidung als auch für die Strafzumessung gleichermaßen von Bedeutung sind, in Frage gestellt, noch ist die Wechselwirkung zwischen Höhe der zuerkannten Strafe und der Maßregel betroffen (OLG Dresden, Urteil vom 09.07.2005 – 2 Ss 130/05 -, in: NZV 2006, 168).

– 1. Der Tatrichter kann von der Verhängung eines nach dem Bußgeldkatalog indizierten Fahrverbots absehen, wenn der Sachverhalt zu Gunsten des Betroffenen wesentliche Besonderheiten mit Ausnahmecharakter und Abweichungen vom Normalfall aufweist und er die Überzeugung gewinnt, dass trotz eines Regelfalles die Verhängung eines Fahrverbotes unangemessen ist und der notwendige Warneffekt schon allein unter angemessener Erhöhung der Regelgeldbuße erreicht werden kann. 2. Ein solches Absehen ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die Verhängung eines Fahrverbotes zwar zu einer erheblichen Belastung des Betroffenen, nicht aber zu einer „existenzvernichtenden“ außergewöhnlichen Härte führen würde. Erforderlich hierfür ist aber, dass der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände umfassend in seine Erwägung mit einstellt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.08.2005 – 1 Ss 84/05 -, in: NZV 2006, 326, NJW 2006, 3080).

– 1. Von einem Regelfahrverbot ist abzusehen, wenn der Betroffene eine anerkannte verkehrspsychologische Intensivberatung in Anspruch genommen hat. 2. Die Teilnahme an der Maßnahme avanti-Fahrverbot des Nord-Kurses erfüllt diese Voraussetzung. 3. Von einer Erhöhung der Geldbuße gemäß § 4 IV BKatV ist wegen der bereits erbrachten Kosten für die verkehrspsychologische Intensivberatung abzusehen (AG Rendsburg, Beschluss vom 01.12.2005 – 17 OWi 555 Js OWi 20236/05 -, in: NZV 2006, 611).

– Für die Wirksamkeit eines Bußgeldbescheides ist dessen Zustellung nicht erforderlich (OLG Hamm, Beschluss vom 12.12.2006 – 2 Ss OWi 716/06 -, in: NZV 3/2007, VI).

– Die fehlerhafte Eingabe von Fahrzeugdaten bei der Einbuchung über die On-Board-Unit (OBU) begründet nicht nur einen Verstoß gegen § 4 III ABMG, der nicht mit Geldbuße bedroht ist, sondern erfüllt zugleich den Tatbestand des § 10 I Nr. 1 ABMG (OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2006 – 82 Ss-OWi 30/06 -, in: NZV 2007, 151).

– Das bloße Fahren ohne geeignetes Schuhwerk ist – jedenfalls bei einer nicht dem Anwendungsbereich des § 209 SGB VII unterfallenden Fahrt und ohne zusätzliche Herbeiführung eines von der Rechtsordnung missbilligten Erfolgs – weder nach §3 23 I 2, 49 I Nr. 22 StVO noch nach anderweitigen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts mit Bußgeld sanktioniert (OLG Celle, Beschluss vom 13.03.2007 – 322 Ss 46/07 –, in: NZV 2007, 532).

– Das Bußgeldverfahren ist einzustellen, wenn die den Bußgeldbescheid erlassende Bußgeldbehörde offenkundig örtlich unzuständig war. Entscheidend für die Zuständigkeit ist der Ort, an dem die Ordnungswidrigkeit begangen wurde, nicht das Land, dem die den Verkehrsverstoß aufnehmenden Beamten angehören (AG Magdeburg, Urteil vom 23.4.1999 – 779 Js 29597/98a).

– 1. Die Abkürzung der Sperrfrist gem. § 69 a Abs. 7 StPO ist nur dann begründet, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Fahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist und diese abweichende Würdigung auf neuen Tatsachen beruht. 2. Der bloße Zeitablauf genügt nicht. Auch Nachteile, die nicht nur den Verurteilten, sondern auch dessen Familie hart treffen, reichen nicht aus. 3. Als neue Tatsachen können keine nunmehr detailliert vorgebrachten privaten und beruflichen Belange gewertet werden, die bereits bei Erlass der Entscheidung vorhersehbar waren (LG Koblenz, Beschluss vom 19.11.2007 – 1 Qs 277/07 -; in: NZV 2008, 103).

– Vor einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise ist ein rechtlicher Hinweis i.S.d. § 265 Abs. 1 StPO erforderlich, wenn der entsprechende Bußgeldbescheid für Vorsatz und Fahrlässigkeit Geldbuße androht und im Bußgeldbescheid die Angabe der Schuldform fehlt (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.11.2007 – 2 Ss OWi 441/07 -; in: DV 2008, 28).

– Bei leichter Fahrlässigkeit und vorbildlichem Nachtatverhalten kann die Regelgeldbuße herabgesetzt werden (AG Kiel, Urteil vom 30.10.2007 – 10 OWi 555 Js-OWi 51235/07 (46/07) -; in: DV 2008, 33).

– Eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis kann vorzeitig aufgehoben werden, sofern anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch eine erfolgreiche Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht mehr als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist (LG Leipzig, Beschluss vom 12.08.2009 – 1 Qs 210/09 -; in: NZV 2010, 105).

Fahrverbot

Allein aus der Höhe der in einer Autobahnbaustelle begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung kann nicht auf einen groben Verstoß geschlossen und ein Fahrverbot verhängt werden (OLG Saarbrücken, in: NZV 1993, 38).

– Wird eine Messung unmittelbar hinter dem Ortseingangsschild durchgeführt, kann nicht ohne weiteres ein grober Verstoß bejaht und ein Fahrverbot verhängt werden BayerOBLG, in: ZFS 1995, 43).

– Erfolgt die Geschwindigkeitsmessung unmittelbar (hier: 50 bis 60 m) vor der das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit markierenden Ortstafel (Zeichen 311), so ist dies ein besonderer Tatumstand, der die Annahme eines Ausnahmefalls rechtfertigen kann. Will der Tatrichter dennoch ein Regelfahrverbot verhängen, muss er in den Urteilsgründen darlegen, welche Umstände ein Unterschreiten des Mindestabstands von ca. 200 m rechtfertigen oder warum trotz Nichteinhaltens der Richtlinien für die polizeiliche Verkehrsüberwachung die Verhängung eines Fahrverbots gerechtfertigt ist (BayObLG, Beschluss vom 27.06.2002 – 1 ObOWi 221/02 -, in: NZV 2002, 576).

– Einem Kfz-Führer kann das für die Verhängung eines Fahrverbots erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten nicht vorgeworfen werden, wenn der Grund einer von ihm begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung darin liegt, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen infolge eines „Augenblickversagens“ nicht wahrgenommen hat und ihm insofern allenfalls einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt (hier: Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit zur Nachzeit und bei fehlender Straßenbeleuchtung nach Passieren eines Ortsausgangsschilds auf der linken Straßenseite und des auf gleicher Höhe auf der rechten Seite der Fahrbahn aufgestellten Ortseingangsschildes einer sich unmittelbar anschließenden Ortschaft) (OLG Rostock, Beschluss vom 21.06.2004 – 2 Ss (Owi) 117/04 I 90/04 – , in: NJW 2004, 2320).

– 1. Wer innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um fast 100 % überschreitet, handelt regelmäßig vorsätzlich. Um noch von fahrlässigem Handeln ausgehen zu können, bedarf es der Darlegung besonderer Umstände. 2. Eine Geldbuße von 250 Euro und ein Fahrverbot von 2 Monaten sind in einem solchen Fall angemessen (KG, Beschluss vom 21.04.2004 – 3 Ws (B) 83/04 – , in: NZV 2005, 159).

– 1. Übersieht der Betroffene im Rahmen eines lange andauernden Überholvorganges mehrere geschwindigkeitsbeschränkende Schilder infolge eines Verdeckens der Schilder durch das überholte Fahrzeug, so rechtfertigt dies nicht das Absehen von der Anordnung eines Regelfahrverbotes aus dem Gesichtspunkt sogenannten Augenblicksversagens, wenn der Überholvorgang deshalb so lange gedauert hat, weil das Fahrzeug des Betroffenen an einem ihm bekannten technischen Defekt leidet. 2. Ein Absehen von der Anordnung eines Regelfahrverbotes aus beruflichen Gründen kommt bei einem selbständigen Fleischermeister nicht in Betracht, wenn der Fleischereibetrieb weitere zwei Angestellte hat, die über eine Fahrerlaubnis verfügen und lediglich zwei Mal pro Woche Fahrten zum Schlachthof von dem Betroffenen zu erledigen sind (AG Lüdinghausen, Urteil vom 04.03.2005 – 10 Owi 82 Js 8256/04 – 234/04 -, in: NZV 2006, 103).

– Die Anordnung eines Fahrverbots gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers kommt auch bei einer die Voraussetzungen des § 4 II 2 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, auf Grund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen musste (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 26.10.2006 – 903 OWi – 434 Js 13759/06 -, in: NZV 2007, 379).

– 1. Ein grober Pflichtenverstoß liegt auch dann vor, wenn ein Betroffener infolge greller Sonne und gleißenden Schnees eine geschwindigkeitsbeschränkende Beschilderung nicht wahrnimmt. 2. Zur groben Pflichtwidrigkeit bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung wegen eines defekten Tempomaten. 3. Erfüllt ein Verhalten mehrere in der Bußgeldkatalogverordnung aufgeführte Tatbestände, die ein Fahrverbot indizieren, so sind die in der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Verbotsfristen im Regelfall nicht zu addieren. 4. Bei mehreren einschlägigen Vorbelastungen in kurzer Zeit steigen die mit einem Fahrverbot verbundenen Belastungen, die ein Betroffener hinzunehmen hat (OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2006 – 4 Ss OWi 758/06 -, in: NJW 2007, 2198).

– War die Ampel schon mindestens eine Sekunde rot („Qualifizierter Rotlichtverstoß“), dann ist im Regelfall ein Fahrverbot fällig. Dies gilt jedoch nicht bei einem sogenannten Augenblicksversagen, auch dann nicht, wenn die Ampelsituation für einen Laien verwirrend ist (z.B mehrere Ampeln nebeneinander und nur für ein Fahrstreifen ist rot). Nach der Rechtsprechung gibt es noch andere Möglichkeiten, bei denen von einem Fahrverbot abgesehen werden kann.

– Das in Nr. 34.2 BKat vorgesehene Fahrverbot von 1 Monat ist nicht bereits bei jedem Rotlichtverstoß indiziert, denn die Regelung will den Kraftfahrer erfassen, der das Lichtzeichen missachtet und die Haltelinie passiert, obwohl sich bereits Querverkehr in dem durch Rotlicht gesperrten Fahrbahnbereich befindet. Eine abstrakte Gefährdung ist ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Rotlichtverstoßes andere Verkehrsteilnehmer ebenfalls nicht in den geschützten Bereich der Kreuzung eindringen durften, weil die Fahrspuren für den Querverkehr bzw. auch die Fußgängerfurten gesperrt waren (KG, Urteil v. 22.11.2000 – 3 Ws B 559/00).

– Ein Rotlichtverstoß muss dann nicht zu einem Fahrverbot führen, wenn z.B. eine Baustellenampel bei rot passiert wird (OLG Oldenburg, in: ZFS 1995, 75) oder bei einem im Schritttempo zur nächtlichen verkehrsarmen Zeit begangenen Verstoß (OLG Düsseldorf, in: ZFS 1995, 394).

– Missachtet ein Autofahrer ein Rotlicht und besteht dabei nicht einmal eine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, liegt kein besonders schwerwiegender Verkehrsverstoß vor; ein solcher Verstoß rechtfertigt kein Fahrverbot (OLG Dresden, in: DAR 2002, 522).

– 1. Der „qualifizierte“ Rotlichtverstoß nach § 2 I 1 Nr. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung, Nr. 34.2 Bußgeldkatalog indiziert zwar als Regelbeispiel eine grobe Pflichtverletzung i. S. des § 25 I 1 StVG. Ein die Verhängung eines Fahrverbots begründeter Regelfall ist aber gleichwohl zu verneinen, wenn die gesamten Tatumstände so weit von dem typischen, vom Verordnungsgeber ins Auge gefassten Fall des Verkehrsverstoßes abweichen, dass eine grobe Pflichtverletzung im Ergebnis nicht festgestellt werden kann (hier: Losfahren des zunächst ordnungsgemäß bei Rot haltenden Betroffenen nach 37 Sekunden Rotlichtdauer auf Grund eines Fehlschlusses, erneutes Stehenbleiben nach wenigen Metern, keine abstrakte Gefährdung des mit der Lichtzeichenanlage geschützten Quer- bzw. Fußgängerverkehrs). 2. Der subjektive Tatbestand einer beharrlichen Pflichtwidrigkeit i. S. des § 25 I StVG entfällt dann, wenn der dem Kraftfahrzeugführer vorgeworfene Verstoß, der die Beharrlichkeit begründen soll, auf eine so genanntes „Augenblicksversagen“ zurückgeht, das auch ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrer nicht immer vermeiden kann. Wie viele Wiederholungen von vergleichbaren Zuwiderhandlungen bereits vorliegen, ist demgegenüber für den subjektiven Tatbestand der Beharrlichkeit nicht entscheidend (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.06.2002 – 2 Ss 94/01 – , in: NZV 2004, 47).

– Ein Autofahrer, der im Straßenverkehr ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nimmt in Kauf, dadurch so abgelenkt zu sein, dass es zu Verkehrsverstößen kommt. Das Nichtbeachten eines Rotlichtes wird dann i.d.R. als vorsätzlich begangen bewertet, was zur Erhöhung der Geldbuße und evtl. zur Verhängung eines Fahrverbotes führt (OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2001 – 333 Ss 38/01 (Owi) -, in: NZV 2001, 354).

– Der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit beim Fahrer eines Elektrorollstuhls ist entsprechend dem Grenzwert bei einem Fahrradfahrer zu bestimmen. Auch gegenüber dem Fahrer eines Elektrorollstuhls kann ein Fahrverbot verhängt werden, jedoch nur dann, wenn er in der Lage ist, sich mit einem handbetriebenen Rollstuhl fortzubewegen (AG Löbau, Urteil vom 07.06.2007 – 5 Ds 430 Js 17736/06 -, in: NJW-aktuell 1-2/2008, XII; NJW 2008, 530).

– Bei offensichtlichen Wahrnehmungsfehlern kann von einem Fahrverbot abgesehen werden (OLG Hamm, in: NVZ 1996, 117).

– 1. Irrt ein Fahrzeugführer über die rechtliche Bedeutung eines optisch richtig wahrgenommenen Verkehrszeichens, so liegt ein Verbotsirrtum vor. Der Verbotsirrtum ist als vermeidbar zu bewerten, wenn er auf mangelnder Kenntnis der einschlägigen Straßenverkehrsvorschriften beruht. 2. Sind an einem Pfosten ein Zusatzschild und zwei Vorschriftszeichen übereinander angebracht und irrt ein Fahrzeugführer über die (objektiv) beschränkte Wirkung des Zusatzschildes auf das dicht über ihm angebrachte Vorschriftszeichen, so stellt dies einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar. Dieser kann dazu führen, dass trotz Vorliegens der Regelvoraussetzungen die Anordnung eines Fahrverbots entfällt (BayObLG, Beschluss vom 08.05.2003 – 2 ObOWi 43/03 -, in: NZV 2003, 430).

– 1. Als grob pflichtwidrig erweisen sich Verhaltensweisen, die objektiv von besonderem Gewicht sind, da sie immer wieder Ursache schwerer Unfälle sind (Erfolgsunwert), und subjektiv durch ein besonders verantwortungsloses, auf besonders großem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruhenden Handeln gekennzeichnet sind (Handlungsunwert). 2. Ein Irrtum über die (objektiv) beschränkte Wirkung von Zusatzschildern hinsichtlich der auf einer gemeinsamen Trägerplatte angebrachten Vorschriftszeichen 274 und 276 kann eine Ausnahme vom Fahrverbot nur dann rechtfertigen, wenn die – im Einzelfall als vermeidbarer Verbotsirrtum zu wertende – Fehlvorstellung des Betroffenen angesichts der festgestellten Beschilderung nicht als fernliegend anzusehen ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 11.07.2007 – 3 Ss OWi 924/07 -, in: NZV 2007, 633).

– Das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG kann seinen Sinn verloren haben, wenn die zu ahndende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt. Soll es verhängt werden, so müssen besondere Umstände vorliegen, die seine Festsetzung trotz des langen Zeitablaufs noch rechtfertigen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.05.2000 – 2 a Ss (OWi) 128/00 -, in: NZV 2001, 435).

– Ein Fahrverbot nach § 25 I 1 StVG kann seinen Sinn verloren haben, wenn die zu ahndende Tat längere Zeit (hier: ca. 2 ½ Jahre) zurückliegt, der Betroffene sich zwischenzeitlich verkehrsgerecht verhalten hat und die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen (BayObLG, Beschluss vom 23.01.2002 – 1 Ob Owi 671/01 -, in: NZV 2002, 280).

– Wenn die zu ahnende Tat längere Zeit (hier: ca. zwei Jahre zwei Monate) zurückliegt, der Betroffene sich zwischenzeitlich verkehrsgerecht verhalten hat und die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen, kann der langen Verfahrensdauer bei einem zweimonatigen Fahrverbot durch dessen angemessene Herabsetzung Rechnung getragen werden (BayObLG, Beschluss vom 09.10.2003 – 1 ObOWi 270/03 – , in: NZV 2004).

– Eine Verfahrensdauer von mehr als 2 Jahren rechtfertigt jedenfalls dann ein Absehen vom Fahrverbot, wenn zwischenzeitlich kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt wird und die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereiches des Betroffenen liegen (OLG Köln, Beschluss vom 08.06.2004 – Ss 247/04 (B)–132 B – , in: NZV 2004, 422).

– Ein erheblicher Zeitablauf seit der Tat kann dazu führen, dass es ausnahmsweise der Warn- und Denkzettelfunktion eines (Regel-)Fahrverbotes nicht mehr bedarf; dies gilt aber nur dann, wenn die zeitliche Verzögerung nicht dem Betroffenen anzulasten ist (OLG Hamm, Beschluss vom 14.10.2003 – 2 Ss Owi 219/03 – , in: NZV 2004, 600).

– Keine Entziehung der Fahrerlaubnis und auch kein Fahrverbot trotz Verurteilung nach § 315c Abs. 2 StGB, wenn der nicht vorbestrafte Täter Berufskraftfahrer ist, seit der Tat ein Jahr vergangen ist und er in der Zwischenzeit weitere 125 Tsd. Kilometer völlig beanstandungsfrei zurückgelegt hat (LG München I, Urteil vom 11.02.2004 – 26 Ns 497 Js 109 227/03 – , in: NZV 2005, 56).

– 1. Eine Dauer von einem Jahr zwischen Tat und Urteil führt noch nicht zu einer „fahrverbotsfeindlichen“ Verfahrensdauer. 2. Der bedeutende Schaden im Sinne des § 69 II Nr. 3 StGB ist bei 1.300,00 € noch nicht erreicht (AG Lüdinghausen, Urteil vom 10.02.2005 – 16 Cs 82 Js 441/04 – , in: NZV 2005, 213).

– Das Ausschöpfen von Rechtsmitteln und Rechten durch einen Betroffenen kann grundsätzlich nicht als unlauter angesehen werden. Die dadurch entstehende Verfahrensverzögerung muss bei der Beurteilung der Frage, ob langer Zeitablauf der Erforderlichkeit des Fahrverbotes entgegensteht, berücksichtigt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2005 – 2 Ss OWi 546/05 -, in: NZV 2006, 50).

– Liegt ein längerer Zeitraum (hier: 15 Monate) zwischen Tatzeitpunkt und Hauptverhandlung und hat der Angeklagte in dieser Zeit ohne weitere Beanstandungen am Straßenverkehr teilgenommen, kommt ein Absehen vom Regelverbot in Betracht (AG Bensheim, Urteil vom 04.04.2006 – 8220 Js 22 570/05 5 Ds IX -, in: NZV 2006, 442).

– Von der Anordnung eines Fahrverbots kann abgesehen werden, wenn zwischen der Tat und ihrer gerichtlichen Ahndung 23 Monate liegen, der Betroffene verkehrsrechtlich nicht mehr auffällig wurde und die lange Verfahrensdauer auch auf Gründen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen lagen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.06.2007 – 1 Ss 44/07 -, in: NJW 2007, 2936; NZV 2007, 592).

– 1. Auch wenn mehr als zwei Jahre zwischen der Tat und der Entscheidung liegen, ist nicht in jedem Fall von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen. 2. Auch wenn dem Fahrzeugführer seine Einlassung, er habe ein Geschwindigkeitszeichen schlicht übersehen, nicht widerlegt werden kann, scheidet ein Fahrverbot nicht in jedem Fall aus (z. B. bei „Geschwindigkeitsrichter“ oder mehrfacher Wiederholung des Zeichens) (Thüringer OLG, Beschluss vom 10.10.2007 – 1 Ss 356/06 -, in: NZV-aktuell 12 /2007, VI).

– Eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitablaufs zwischen der Tat und deren Ahndung (hier: zweieinhalb Jahre) nicht mehr bedarf (OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2007 – 3 Ss OWi 360/07 -, in: NZV 2007, 635).

– Bei Vorliegen mehrerer, auch einfacher Milderungsgründe kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn dafür die Geldbuße erheblich erhöht wird (OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.05.2002 – Ss 112/01 -, in: NZV 2002, 414).

– Bei einem nicht vorbestraften Busfahrer mit befristetem Arbeitsverhältnis, dem bei Verhängung eines Fahrverbotes der Verlust des Arbeitsplatzes droht, kommt ein Absehen vom Fahrverbot unter Erhöhung der Geldbuße in Betracht (AG Gelnhausen, Urteil vom 02.12.2005 – 44 OWi 2955 Js 16571/05 -, in: NZV 2006, 327).

– 1. Nach einem Rechtsbeschwerdeverfahren steht das Verschlechterungsverbot der Erhöhung einer Geldbuße bei gleichzeitigem Absehen vom Fahrverbot nicht entgegen. 2. Eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitablaufs zwischen der Tat und deren Ahndung (hier: zweieinhalb Jahre) nicht mehr bedarf (OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2007 – 3 Ss OWi 360/07 -, in: NZV-aktuell 2007, VI; NZV-aktuell 10/2007, VIII).

Bei Anordnung eines Fahrverbots müssen grundsätzlich Feststellungen zu den persönlichen, insbesondere den beruflichen Verhältnissen des Betroffenen getroffenen werden. Anderenfalls ist es dem Rechtsbeschwerdegericht nämlich nicht möglich zu prüfen, ob die Verhängung eines Fahrverbots, etwa wegen besonderer Umstände in den persönlichen Verhältnisses des Betroffenen, eine unverhältnismäßige Reaktion auf die Tat darstellt (OLG Hamm, Beschluss vom 22.05.2002 – 2 Ss Owi 200/02 -, in: NZV 2002, 413).

– Von der Verhängung eines Regelfahrverbotes gem. § 2 I 1 BkatV kann abgesehen werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Verhängung eines Fahrverbotes in Ansehung persönlicher und insbesondere beruflicher Umstände als außergewöhnliche Härte zur qualifizieren ist (AG Nauen, Urteil vom 17.12.1999 – 34 Owi 481 Js 28600/99 (304/99) -, in: NZV 2001, 488).

Erhebliche berufliche oder wirtschaftliche Nachteile genügen regelmäßig nicht, um ein Absehen von der Anordnung des Regelfahrverbots zu begründen; auch bei Selbständigen und Freiberuflern reicht dazu die berufliche Notwendigkeit der Benutzung des Kraftfahrzeugs nicht. Es müssen vielmehr wesentliche Besonderheiten zugunsten des Betroffenen vorliegen, z. B. erhebliche Härten durch Arbeits- oder Existenzverlust, die nicht vermeidbar sind, oder mehrere für sich betrachtet gewöhnliche Umstände, welche die Tat aus dem Rahmen der typischen Begehungsweise in gleicher Weise herausheben (OLG Köln, Beschluss vom 08.08.2000 – Ss 306/00 -, in: NZV 2001, 392).

– Für die Feststellung eines drohenden Arbeitsplatzverlustes eines Berufskraftfahrers infolge eines einmonatigen Fahrverbotes reicht ausnahmsweise dann allein die Verlesung einer sog. „Arbeitgeberbescheinigung“ aus, wenn der Arbeitgeber die Kündigung ohne Angabe von Gründen in der Probezeit jederzeit aussprechen kann. Hier bedarf es keiner Vernehmung des Arbeitgebers als Zeugen (AG Lüdinghausen, Beschluss vom 12.11.2007 – 10 OWi-89 Js 1767/07-183/07 -; in: NZV 2008, 105).

– Das Absehen von einem nach der BußgeldkatalogVO indizierten Fahrverbot ist nicht nur bei Vorliegen einer „Härte außergewöhnlicher Art“ möglich. Vielmehr reichen dazu schon „erhebliche Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände“ aus (OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.2003 – 2 Ss Owi 1148/02 -, in: NZV 2003, 398).

– 1. Der Tatrichter kann von der Verhängung eines nach dem Bußgeldkatalog indizierten Fahrverbots absehen, wenn der Sachverhalt zu Gunsten des Betroffenen wesentliche Besonderheiten mit Ausnahmecharakter und Abweichungen vom Normalfall aufweist und er die Überzeugung gewinnt, dass trotz eines Regelfalles die Verhängung eines Fahrverbotes unangemessen ist und der notwendige Warneffekt schon allein unter angemessener Erhöhung der Regelgeldbuße erreicht werden kann. 2. Ein solches Absehen ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die Verhängung eines Fahrverbotes zwar zu einer erheblichen Belastung des Betroffenen, nicht aber zu einer „existenzvernichtenden“ außergewöhnlichen Härte führen würde. Erforderlich hierfür ist aber, dass der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände umfassend in seine Erwägung mit einstellt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.08.2005 – 1 Ss 84/05 -, in: NZV 2006, 326, NJW 2006, 3080).

– Die Verhängung eines Regelfahrverbots kann bei Augenblicksversagen, außergewöhnlicher Härte für den Betroffenen oder überlanger Verfahrensdauer entfallen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 Ss 120/05 -, in: MittBl der Arge VerkR 2006, 79).

– Auswirkungen des Fahrverbots auf nahe stehende dritte Personen können u.a. dann für die Entscheidung über das Absehen vom Regelfahrverbot von Belang sein, wenn deren verstärkte Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit feststeht, keine sonstigen unentgeltlichen Betreuungspersonen aus der Familie vorhanden sind und die Einstellung einer professionellen Hilfe nicht zumutbar ist (OLG Hamm, Beschluss vom 16.03.2006 – 2 Ss OWi 96/06 -, in: NZV 2006, 664).

– 1. Von der Verhängung eines Fahrverbots kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden, wenn dieses zu einer beruflichen Härte ganz außergewöhnlicher Art (z.B. Existenzverlust bei einem Selbständigen, Verlust des Arbeitsplatzes bei einem Arbeitnehmer) führen würde. Bloße berufliche Folgen selbst schwerwiegender Art genügen nicht, da sie sehr häufig mit einem Fahrverbot verbunden sind. 2. Eine Kreditaufnahme zur Abwendung der aus einem Fahrverbot möglicherweise resultierenden finanziellen Mehrbelastungen ist nur dann ausnahmsweise angezeigt, wenn sie zumutbar ist. Bei abhängig Beschäftigten ist dies in der Regel nicht der Fall. Bei Selbständigen kann eine Kreditaufnahme dagegen in geeigneten Fällen ein zumutbares Mittel sein; hier sind genaue Feststellungen zu Einkommen und wirtschaftlichen Verhältnissen erforderlich (OLG Hamm, Beschluss vom 30.04.2007 – 2 Ss OWi 218/07 -, in: NZV aktuell 8/2007, IV; NZV 2007, 583).

– 1. Die Abkürzung der Sperrfrist gem. § 69a VII StPO ist nur dann begründet, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Fahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist und diese abweichende Würdigung auf neuen Tatsachen beruht. 2. Der bloße Zeitablauf genügt nicht. Auch Nachteile, die nicht nur den Verurteilten, sondern auch dessen Familie hart treffen, reichen nicht aus. 3. Als neue Tatsachen können keine nunmehr detailliert vorgebrachten privaten und beruflichen Belange gewertet werden, die bereits bei Erlass der Entscheidung vorhersehbar waren (LG Koblenz, Beschluss vom 19.11.2007 – 1 Qs 277/07 -, in: NZV-aktuell 1/2008, VI).

– 1. Trotz längerer Zeit zwischen Verstoß und Urteil (hier: 13 Monate) und verkehrsrechtlicher Unauffälligkeit liegt außergewöhnliche Härte nur vor, wenn das späte Urteil nicht vom Betroffenen zu vertreten ist. 2. Keine außergewöhnliche Härte bei Nebenbeschäftigung als Kraftfahrer (KG, Beschluss vom 23.11.2001 – 2 Ss 250/01 – 3 Ws (B) 566/01 -, in: NZV 2002, 281).

– 1. Eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen i.S.d. § 69 I 1 StGB liegt nur dann vor, wenn ohne Entziehung der Fahrerlaubnis in Zukunft weitere Verletzungen der Kraftfahrerpflichten und damit Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs zu befürchten sind. 2. Ein Fahren trotz Fahrverbots (§ 21 StVG) ist grundsätzlich keine den Katalogtaten des § 69 II StGB vergleichbare Tat, die allein ein hinreichend sicheres Indiz für die künftige Gefährlichkeit des Täters im Straßenverkehr wäre. 3. In solchen Fällen ist zur Beurteilung der Ungeeignetheit i.S.d. § 69 I 1 StGB eine zusätzliche Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit notwendig (LG Mühlhausen, Beschluss vom 30.12.2002 – 215 Js 53431/02 – 4 Ns jug. -, in: NZV 2003, 206).

– 1. Liegen die Anordnungsvoraussetzungen des § 25 a II 1 StVG vor, so steht dem Gericht kein Ermessen zu, ob es die Vorschrift anwendet oder nicht. 2. Trifft ein derartiges Fahrverbot mit dem durch eine Verwaltungsbehörde angeordneten vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis zusammen, so steht das Analogieverbot einer Anschlussvollstreckung des Fahrverbots nach § 25 II a 2 StVG entgegen. 3. In einem solchen Fall ist es für den Beginn der Verbotsfrist ausreichend, wenn der Betroffene der Vollstreckungsbehörde nach Eintritt der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung mitteilt, dass sich der Führerschein bei einer anderen Behörde in amtlicher Verwahrung befindet und ab welchem Zeitpunkt innerhalb der Viermonatsfrist das Fahrverbot wirksam werden soll (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2004 – 1 Ss 201/04 – , in: NZV 2005, 211).

– Mehrere gleichzeitig rechtskräftig werdende Fahrverbote sind nicht nebeneinander, sondern – auch bei Nichtvorliegen von § 25 II a StVG – stets nacheinander zu vollstrecken. Eine gleichzeitige Vollstreckung mehrerer Fahrverbote unterläuft den vom Gesetz angestrebten Zweck einer Denkzettel- bzw. Besinnungsmaßnahme (AG Stuttgart, Beschluss vom 16.02.2006 – 13 OWi 346/06 -, in: NZV 2006, 328).

– Von der Entziehung der Fahrerlaubnis kann abgesehen werden, wenn der – die Unfallstelle zunächst verlassende – Schädiger den Unfall am nächsten Tag polizeilich meldet, die Regulierung des Schadens veranlasst und sich beim Geschädigten entschuldigt mit der Folge, dass dieser kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung hat. Ein solches Verhalten ist mit einem Fahrverbot nach § 44 StGB ausreichend geahndet (LG Zweibrücken, Beschluss vom 11.03.2003 – Qs 31/03 -, in: NZV 2003, 439).

– Die falsche Rechtsauskunft eines Rechtsanwaltes kann zu einem unvermeidbaren Verbotsirrtum bei einem Angeklagten führen, der trotz bestehenden Fahrverbots ein Kraftfahrzeug führt (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.07.2003 – 3 Ss 114/03 – , in: SVR 2004, 33).

– Von der Anordnung eines Fahrverbotes kann gem. § 4 IV BkatV in Einzelfällen abgesehen werden, in denen der Sachverhalt zu Gunsten des Betr. so erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalles gerechtfertigt ist und die Verhängung des Fahrverbotes trotz der groben bzw. beharrlichen Pflichtverletzung unangemessen wäre (OLG Hamm, Beschluss vom 20.05.2005 – 2 Ss OWi 108/05 -, in: NZV 2006, 101).

– Eine Beschränkung der Berufung allein auf das Fahrverbot ist unzulässig (OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2005 – 2 Ss 207/05 -, in: NZV 2006, 167).

– Ein Rechtsmittel kann wirksam auf den Ausspruch eines Fahrverbots und die Gesamtstrafe beschränkt werden. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Fahrverbot und ausgeurteilten Einzelstrafen besteht nicht (OLG Jena, Beschluss vom 25.05.2005 – 1 Ss 244/04 -, in: NZV 2006, 167).

– 1. Eine Beschränkung des Einspruchs auf die Anordnung des Fahrverbots ist in der Regel unwirksam, weil diese Rechtsfolge in einer so engen Beziehung zur festgesetzten Geldbuße steht, dass beide nicht losgelöst von einander beurteilt werden können. 2. Eine Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist trotz Fehlens von Angaben zur Schuldform im Bußgeldbescheid dann wirksam, wenn der Bußgeldbescheid die Regelgeldbuße nach der Bußgeldkatalogverordnung anordnet, weil dann auf fahrlässige Begehungsweise und gewöhnliche Tatumstände zu schließen ist (OLG Jena, Beschluss vom 04.03.2005 – 1 Ss 27/05 -, in: NZV 2006, 168).

– Die Verhängung eines Fahrverbotes aufgrund Beharrlichkeit gem. §§ 24, 25 I 1, 2. Alt. StVG erfordert, – um dem Rechtsbeschwerdegericht eine uneingeschränkte Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen – die Feststellung der Zeitpunkte der Tatbegehung der Voreintragungen sowie die konkrete Mitteilung des jeweiligen Verstoßes (z.B. Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung/Ausmaß der Abstandsunterschreitung) sowie die Mitteilung der konkreten Tatahndungen und des jeweiligen Rechtskrafteintrittes (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.03.2007 – 3 Ss OWi 334/07 -, in: NZV 2007, 534).

– Kommt einem Betroffenen vor rechtskräftiger Entscheidung über ein Fahrverbot der Führerschein abhanden, so beginnt bei anschließender rechtskräftiger Entscheidung der Ablauf der Verbotsfrist bereits mit Mitteilung des Verlustes bei Gericht oder der Vollstreckungsbehörde (LG Essen, Beschluss vom 31.10.2005 – 23 Qs 160/05 -, in: MittBl der Arge VerkR 2006, 28; NZV 2006, 166).

– 1. Von einem Regelfahrverbot ist abzusehen, wenn der Betroffene eine anerkannte verkehrspsychologische Intensivberatung in Anspruch genommen hat. 2. Die Teilnahme an der Maßnahme avanti-Fahrverbot des Nord-Kurses erfüllt diese Voraussetzung. 3. Von einer Erhöhung der Geldbuße gemäß § 4 IV BKatV ist wegen der bereits erbrachten Kosten für die verkehrspsychologische Intensivberatung abzusehen (AG Rendsburg, Beschluss vom 01.12.2005 – 17 OWi 555 Js OWi 20236/05 -, in: NZV 2006, 611).

– Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenkraftwagen können als Kraftfahrzeuge „einer bestimmten Art“ gem. § 25 I 1 StVG von einem Fahrverbot ausgenommen werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2007 – VI-2 Ss (OWi) 118/07-(OWi) 50/07 III -, in: NZV-aktuell 1/2008, VI; NZV 2008, 104).

– Es liegt im Rahmen des dem Tatrichter zustehenden Ermessensspielraums, ein einmonatiges Regelfahrverbot bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG aufzuheben und durch eine Verdreifachung des Regel-Bußgeldsatzes gemäß § 4 Abs. 4 BkatV zu kompensieren, wenn zur Überzeugung des Tatrichters die Beweisaufnahme ergibt, dass dem Betroffenen als Handelsvertreter durch ein Fahrverbot der Verlust seiner beruflichen Existenz droht (AG Hof, Urteil vom 30.05.2006 – 11 OWi 261 Js 3895/06 -; in: Mitteilungsbl. der ARGE Verkehrsrecht 2006, 168).

– 1. Trotz qualifizierten Rotlichtverstoßes ist die Verhängung eines Fahrverbots dann nicht angezeigt, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die zur Verneinung einer groben Pflichtwidrigkeit führen (hier: Bezug auf das falsche Lichtzeichen). 2. Ein Pizzalieferant wird in seiner Berufsausübung durch ein Fahrverbot besonders hart getroffen (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.11.2007 – 912 B-OWi 37451/07 -; in: NZV 2008, 371).

– Nimmt ein Betroffener nach Begehung einer Ordnungswidrigkeit, die im Bußgeldbescheid noch zur Verhängung eines Beharrlichkeitsfahrverbotes nach § 25 abs. 1 StVG geführt hat, an einem Aufbauseminar für Kraftfahrer teil, welches zur Gewährung eines Punkteabzuges von 2 Punkten im Verkehrszentralregister gem. § 4 Abs. 4 StVG führt, rechtfertigt dies das Absehen vom Fahrverbot (AG Esslingen, Urteil vom 05.03.2008 – 5 OWi 75 Js 7057/08 -; in: DV 2008, 94).

– Ein Absehen vom Fahrverbot kommt dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene eine ggf. drohenden Arbeitsplatzverlust mit zumutbaren Mitteln abwenden kann. Es müssen dann aber auch ausreichende Feststellungen zu der Frage getroffen werden, wie viel Urlaub dem Betroffenen ggf. zur Abwicklung des Fahrverbots eingesetzt werden könnte (OLG Hamm, Beschluss vom 07.08.2008 – 2 Ss OWi 505/08 -; in: NZV aktuell 10/2008, VI).

– Für die Entscheidung über die Verhängung eines Fahrverbotes bedarf es regelmäßig eines persönlichen Eindrucks vom Betroffenen nicht (OLG Celle, Beschluss vom 20.08.2008 – 322 SsBs 187/08 -; in: NZV aktuell 10/2008, VI).

– 1. Die Geschwindigkeitsmessung mittels des Messgerätes ES 3.0 des Herstellers ist standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081. 2. Ein Absehen von einem Regelfahrverbot nach einem grob pflichtwidrigen Geschwindigkeitsverstoß ist selbst bei Vorliegen etwaiger Härten dann nicht möglich, wenn zugleich ein Fall der Beharrlichkeit vorlag (AG Lüdinghausen, Urteil vom 27.10.2008 – 19 OWi-89 Js 1585/08 – 146/08 -; in: NZV-aktuell 3/2009, VI).

– 1. Es erweist sich als rechtsfehlerhaft, wenn der Tatrichter ein Regelfahrverbot trotz einer als wahr unterstellten Existenzgefährdung wegen drohender Kündigung allein im Hinblick auf eine erhebliche Geschwindigkeitsübertretung „an der oberen Grenze der Fahrlässigkeit“ verhängt. 2. Ein Absehen von einem Regelfahrverbot kommt nur bei einer massiven Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Betroffenen, zu der in substanziierter Weise Tatsachen vorzutragen sind, in Betracht, wozu der Tatrichter im Rahmen der von ihm zu treffenden Entscheidung die Gefährdung des Arbeitsplatzes bzw. der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des Betroffenen positiv festzustellen und die seiner Einschätzung zu Grunde liegende Tatsache in den Urteilsgründen eingehend darzulegen hat. 3. Stellt der Tatrichter die tatsächliche Gefahr eines Arbeitsplatzverlustes durch Kündigung als unverhältnismäßige Härte fest, ist dem Betroffenen das Risiko, die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung einer Klärung durch die Arbeitsgerichte zuzuführen, grundsätzlich nicht zuzumuten. Nur bei einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigungsandrohung kann ein Härtefall außer Betracht bleiben (OLG Bamberg, Beschluss vom 22.1.2009 – 2 Ss OWi 5/09 -; in: NZV aktuell 7/2009, VI).

– Einem Geschäftsführer, der aus beruflichen Gründen nicht auf ein Fahrzeug verzichten kann, darf dennoch der Führerschein entzogen werden. Ihm ist zuzumuten, für die Zeit des Fahrverbots einen Fahrer einzustellen (AG Lüdinghausen – 19 OWi 89 JS 850/08-89/08 -).

– Ein langer Zeitraum zwischen Begehung der Ordnungswidrigkeit und Verurteilung rechtfertigt nicht, von der Gewährung der 4-Monatsfrist für die Verbüßung eines Fahrverbots abzusehen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.02.2009 – 2 Ss OWi 9, 11/09 -; in: NZV 2009, 519).

– Allein der Umstand, dass der Betroffene das für ihn geltende Rotlicht zunächst beachtet, dann jedoch auf Grund einer momentanen Fehlentscheidung als so genannter „Frühstarter“ seine Fahrt bei anhaltender Rotlichtphase fortgesetzt hat, rechtfertigt ohne das Hinzutreten sonstiger besonderer Umstände grundsätzlich keine Ausnahme vom Fahrverbot wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes. Über ein bloßes Augenblicksversagen des Betroffenen als so genannter „Frühstarter“ hinaus gehende besondere Umstände können jedoch auch bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß ein Absehen vom Regelfahrverbot ausnahmsweise rechtfertigen. Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn das missachtete Rotlicht gerade nicht dem Schutz des Querverkehrs dient, sondern ausschließlich eine den Verkehrsfluss regelnde Funktion erfüllt und deshalb eine auch abstrakte Gefährdung des Querverkehrs oder anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 29.06.2009 – 2 Ss OWi 573/09 -; in: NJW-aktuell 45/2009, X und NZV 2009, 616).

– 1. Es erweist sich als rechtfehlerhaft, wenn der Tatrichter ein Regelfahrverbot trotz einer als wahr unterstellten Existenzgefährdung wegen drohender Kündigung alleine im Hinblick auf eine erhebliche Geschwindigkeitsübertretung „an der oberen Grenze der Fahrlässigkeit“ verhängt. 2. ein Absehen von einem Regelfahrverbot kommt nur bei einer massiven Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Betroffenen, zu der in substantiierten Weise Tatsachen vorzutragen sind, in Betracht, wozu der Tatrichter im Rahmen der von ihm zu treffenden Entscheidung die Gefährdung des Arbeitsplatzes bzw. der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des betroffenen positiv festzustellen und die seiner Einschätzung zu Grunde liegenden Tatsachen in den Urteilsgründen eingehend darzulegen hat. 3. Stellt der Tatrichter die tatsächliche Gefahr eines Arbeitsplatzverlustes durch Kündigung als unverhältnismäßige Härte fest, ist dem Betroffenen das Risiko, die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung einer Klärung durch die Arbeitsgericht zuzuführen, grundsätzlich nicht zuzumuten. Nur bei einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigungsandrohung kann ein Härtefall außer Betracht bleiben (OLG Bamberg, Beschluss vom 22.01.2009 – 2 Ss OWi 5/2009 -; in: NZV 2010, 46).

– Wegen zwei in Tatmehrheit zueinander stehenden Ordnungswidrigkeiten kann in einem Urteil nur auf einheitliches Fahrverbot erkannt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.209 – 3 Ss OWi 451/09 -, in: NZV-aktuell 1/2010, VI).

– Wegen zweier tatmehrheitlich begangener Ordnungswidrigkeiten kann in einem Urteil nur auf einheitliches Fahrverbot erkannt werden. Dessen Dauer darf drei Monate nicht übersteigen (OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.2009 – 3 Ss OWi 451/09 -; in: NZV 2010, 159).

– 1. Ausschlaggebend für das Ausnehmen einer Fahrzeugart von der Sperre ist das Vorliegen einer Gefahrenabschirmung. 2. An einer ausreichenden Gefahrenabschirmung fehlt es, wenn keinerlei Kontrollen des Arbeitgebers vor Fahrtantritt mit der auszunehmenden Fahrzeugart stattfinden. 3. An einer Gefahrenabschirmung fehlt es auch, wenn bei einer hypothetischen BAK-Berechnung auf den Zeitpunkt des üblichen Fahrtantritts mit den auszunehmenden Fahrzeugarbeiten sich noch ein BAK-Wert von 0,7 Promille ergibt – allenfalls geringste Restalkoholmengen von weniger als 0,3 ‰ sind hier zur Zeit des üblichen Fahrtantritts tolorierbar (AG Lüdinghausen, Urteil vom 08.12.2009 – 9 Ds-82 Js 5515/09-156/09 -; in: NZV 2010, 164).

– Der Tatrichter ist gehindert, Voreintragungen zu verwerten, die sich zum Zeitpunkt der neuen Verurteilung in der sog. „Überliegefrist“ befinden (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 07.01.2010 – 2 Ss OWi 552/09 -; in: NZV 2010, 161).

Hält ein Kraftfahrer an einer Rotlicht zeigenden LZA zunächst ordnungsgemäß an, fährt dann aber wegen eines Wahrnehmungsfehlers (Verwechslung der zu beachtenden LZA infolge Mitzieheffekts) an und in den geschützten Bereich ein, so begeht er keine grobe Pflichtverletzung. In diesem Fall fehlt es an dem durch § 25 StVG vorausgesetzten und durch groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit gekennzeichneten Handlungsunwert. Der Regeltatbestand der BKatV ist daher auch dann nicht erfüllt, wenn es aufgrund des Rotlichtverstoßes zu einem Verkehrsunfall kommt (OLG Karlsruhe, Beschluss 21.12.2009 – 2 (6) SsBs 558/09 – AK 243/09 -; in: NZV-aktuell 5/2010, VI).

– 1. Von der Regelfahrerlaubnisentziehung nach einer Trunkenheitsfahrt kann jedenfalls dann abgesehen werden, wenn seit der Tat und der Führerscheinsicherstellung 10 Monate vergangen sind und er Angekl. in dieser Zeit durch intensive verkehrspsychologische Maßnahmen (hier: IVT-Hö) seine Fahreignung wiederhergestellt hat. 2. In einem solchen Fall ist jedoch ein „deklaratorisches“ Fahrverbot nach § 44 I 2 StGB festzusetzen (AG Lüdinghausen, Urteil vom 2.3.2010 – 9 Ds-82 Js 3375/09-111/09 -; in: NZV 2010, 272).

– Dem Betroffenen ist es grundsätzlich zuzumuten, durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen die Zeit des Fahrverbots zu überbrücken (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 30.10.2009 – 1 Ss OWi 239/09 -; in: NZV 2010, 311).

– 1. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 = NJW 1984, 419) steht der Anwendung des Video-Brücken-Abstandsmessverfahren ViBrAM-BA-MAS, welches die Polizei in Baden-Württemberg zur Überwachung des Sicherheitsabstands insbesondere auf Autobahnen verwendet, nicht entgegen. 2. Rechtsgrundlage für die Fertigung von Videobildern zur Identifizierung des Betroffenen ist § 100 h I 1 Nr. 1 StPO i. V. mit § 46 I OWiG (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.01.2010 – 4 Ss 1525, 09 -; in: NZV 2010, 317).

– Der in der Anordnung eines einmonatigen Regelfahrverbotes liegende erhöhte Sanktionsrahmen bei einem sog. qualifizierten Rotlichtverstoß ist nicht eröffnet, wenn es u einer abstrakten Gefährdung des Querverkehrs und insbesondere von Fußgängern von vornherein nicht kommen kann, weil diese deshalb zum Zeitpunkt des Rotlichtverstoßes ebenfalls nicht in den geschützten Bereich der Kreuzung eindringen konnten, weil die Fahrspuren für den Querverkehr bzw. auch die Fußgängerfurten gesperrt waren (KG, Beschluss vom 07.04.2010 – 3 Ws (B) 115/10-2 Ss 40/10 -; in: NZV 2010, 361).

Hält ein Kraftfahrer an einer Rotlicht zeigenden LZA zunächst ordnungsgemäß an, fährt dann aber wegen eines Wahrnehmungsfehlers (Verwechslung der zu beachtenden LZA infolge Mitzieheffekts) an und in den geschützten Bereich ein, so begeht er keine grobe Pflichtverletzung. In diesem all fehlt es an dem durch § 25 StVG vorausgesetzten und durch groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit gekennzeichneten Handlungsunwert. Der Regeltatbestand der BKatV ist daher auch dann nicht erfüllt, wenn es aufgrund des Rotlichtverstoßes zu einem Verkehrsunfall kommt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2009 – 2 (6) SsBs 558/09 – AK 243/09 -; in: NZV 2010, 412).

– 1. Ist gegen den Verurteilten ein Fahrverbot verhängt, so beginnt die Verbotsfrist bei tatsächlichem oder angeblichem Verlust des Führerscheins erst mit dem Zeitpunkt, zu dem ein Ersatzführerschein in amtliche Verwahrung gelangt. 2. Wird kein Ersatzführerschein in amtliche Verwahrung gegeben, wird die Verbotsfrist erst durch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über den Verbleib des Führerscheins im Verfahren nach § 463 b stopp in Lauf gesetzt (AG Bremen, Beschluss vom 28.07.2010 – 82 Cs 650 Js 443/09 (12/10) -; in: NZV 2011, 151).

– Tritt während der laufenden Vollstreckung eines Fahrverbots unter Gewährung der Viermonatsfrist nach § 25 IIa 1 StVG ein weiteres rechtkräftiges Fahrverbot nach § 25 II StVG oder nach § 44 I StGB hinzu, so werden ab Rechtskraft der zweiten Entscheidung beide Fahrverbote parallel vorstreckt (AG Bremen, Beschluss vom 20.08.2010 – 82 OWi 660 Js 292/09 (4/10) -; in: NZV 2011, 50).

– Für eine Erhöhung der Regelgeldbuße und des Regelfahrverbotes bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß wegen besonders lang anhaltender Dauer der Rotlichtphase (hier: 7 Sekunden) ist kein Raum (KG, Beschluss vom 13.01.2010 – 2 Ss 267/09 – 3 Ws (B) 714/09 -; in: NZV 2010, 584).

– Kein Fahrverbot wegen beharrlicher Pflichtverletzung bei fünf Voreintragungen, wenn der „Richtwert“ von 26 km/h in keinem Fall erreicht oder überschritten wurde, obgleich seit Rechtskrafteintritt der letzten Vorahndung im nunmehrigen Tatzeitpunkt gerade einmal 6 Monate vergangen waren (OLG Bamberg, Beschluss vom 30.03.2011 – 3 Ss OWi 384/11 -; in: NZV aktuell 6/2011, IV).

– Zur Frage, warum grundsätzlich keine Addition von Regelfahrverboten erfolgt, wenn dieselbe Handlung sowohl die Voraussetzungen einer groben als auch einer beharrlichen Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gem. § 25 I StVG, § 4 I und II BKatV erfüllt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.01.2011 – (2 B) 53 Ss-OWi 546/10 (257/10) -; in: NZV 2011, 358).

– 1. Das Verschlechterungsverbot nach Aufhebung des Bußgeldanspruchs und des Fahrverbots durch das Rechtsbeschwerdegericht steht der Erhöhung einer Geldbuße bei gleichzeitigem Absehen vom Fahrverbot nicht entgegen. 2. Eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot kommt aber dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitrablaubs zwischen der Tag und deren Ahndung nicht mehr bedarf (OLG Karlsfuhre, Beschluss vom 30.08.2010 – 1(8) SsRs 382/09 -; in: NZV 2012, 95).

– 1. Bei einem selbstständigen Betroffenen, der einen Netto-Monats-Ertrag zwischen 600,00 € und 700,00 € erwirtschaftet und der sein chronisch erkranktes sechsjähriges Kind regelmäßig zur Physiotherapie fahren muss, kann auch bei vier Voreintragungen im Verkehrszentralregister von der Verhängung eines Fahrverborts abgesehen werden, wenn die Regelgeldbuße von 80,00 € auf 250,00 € erhöht wird. 2. Bei dem Vorwurf eines beharrlichen Pflichtverstoßes gemäß § 4 II 2 BKatV ist erheblich, ob bei den relevanten Voreintragungen auf ein drohendes Regelfahrverbot hingewiesen wurde, sollte der Betroffene innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Voreintragung erneut eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 25 km/h begehen (AG Borna, Urteil vom 28.09.2011 – 6 OWi 151 Js 30642/11 -; in: NZV, 2012, 98).

– Ein Absehen vom Fahrverbot nach § 25 StVG kommt in Betracht, wenn zwischen Verkehrsverstoß und letzter tatrichterlicher Entscheidung mehr als 2 Jahre liegen. Grundsätzlich nicht maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtbeschwerdegerichts oder des – in den Fällen des § 25 II a 1 StVG hiervon zeitlich abweichenden – Wirksamwerden des Fahrverbotes (Oberlandesgerichts Oldenburg, Beschluss vom 03.08.2011 – 2 SsBs 172/11 -; in: NZV 2011, 564).

– 1. Bei der Bewertung eines mit einem Fahrverbot zu ahndenden Pflichtenverstoßes als ‚beharrlich‘ im Sinne von § 25 I 1 StVG darf das Tatgericht wegen der noch verwertbaren Vorahndungen des Betroffenen grundsätzlich von der Richtigkeit der Eintragungen im Verkehrszentralregister (VZR) ausgehen. 2. Die gegen die materielle Richtigkeit der VZR-Auskunft erhobene Einwendung des Betroffenen , nicht Täter einer früheren Ordnungswidrigkeit gewesen und wegen ihr deshalb zu Unricht geahndet worden zu sein, kann allenfalls ausnahmsweise eine Verpflichtung des Gerichts zu weiteren Feststellungen begründen. Die unsubstantiierte, auf die schlichte Behauptung beschränkte Einlassung, zur fraglichen Tatzeit nicht Führer des Tatfahrzeugs gewesen zu sein, reicht hierfür regelmäßig nicht aus (Festhaltung u. a. an BayObLGSt 2003, 119 = NZV 2004, 48 = DAR 2004, 36 = zfs 2004, 138 = VRS 106 [2004], 123 und BayObLGSt 2003, 132 = NZV 2004, 102 = DAR 2004, 163 = VM 2004, Nr. 18 = VRS 106, 216). 3. Macht der Betroffene als Folge eines wegen eines beharrlichen Pflichtverstoßes an sich verwirkten Fahrverbots unter Berufung auf das rechtsstaatliche Übermaßverbot eine besondere Härte geltend, ist er gehalten, dem Gericht diejenigen Tatsachen substantiiert darzulegen, die ein ausnahmsweises Absehen vom Fahrverbot aufgrund einer drohenden Existenzgefährdung greifbar erscheinen lassen. Nur dann ist das Tatgericht gehalten, den Behauptungen des Betroffenen im Einzelfall im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht weiter nachzugehen (Anschluss u. a. an KG, VRS 123 [2012], 64 und OLG Hamm, NZV 2011, 455 = NJOZ 2012, 270 = zfs 2011, 649) (OLG Bamberg, Beschluss vom 22.04.2013 – 2 Ss OWi 339/13 -; in: NZV 2014, 98).

– 1. Die mangelnde Trennung zwischen dem (gelegentlich) Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen leigt bei einem THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum vor. 2. Zum Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich der Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit oder der Verkehrssicherheit bei gelegentlichem Konsum von Cannabis (OVG München, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 -; in: NZV 2014, 102).

– Die Verbindung einer Verwarnung mit Strafvorbehalt mit der Anordnung eines Fahrverbots ist unzulässig. Sie verstößt gegen den Wortlaut des § 44 I 1 StGB sowie die Grundidee des Instituts der Verwarnung mit Strafvorbehalt (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 15.05.2013 – 2 Ss 139/13 -; in: NZV 2014, 136).

– Die wiederholte verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons ist geeignet, die Anordnung eines Fahrverbots wegen einer beharrlichen Pflichtverletzung zu rechtfertigen (OLG Hamm, Beschluss vom 24.10.2013 – 3 RBs 256/13 -; in: NZV 2014, 188).

– 1. Seine Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot nur erfüllen, wenn es sich in einem angemesenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. 2. Davon ist nicht auszugehen, wenn von der Tat bis zur Vorlage beim Rechtsbeschwerdegericht ein Jahr und 8 Monate vergangen sind und dem Betroffenen keine Verfahrensverzögerung anzulasten ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.05.2014 – 1 Ss Bs 41/13 -; in: NZV 2014, 479).

– 1. Ein einmmonatiges Regelfahrverbot kann auf „alle Fahrzeugarten mit Ausnahme von Fahrzeugen der Fahrerlaubnisklassen C und CE“ beschränkt werden. 2. Eine Beschränkung eines Fahrverbots auf einzelne Fahrzeugarten stellt keinen Fall des Absehens von einem Regelfahrverbot i. S. d. § 4 BKatV dar. Insbesondere enthält die Bußgeldkatalog-Verordnung keine Vorschrift, aus der sich ergibt, dass stets ein alle Fahrzeugarten betreffendes Fahrverbot als Regel festzusetzen wäre – vielmehr ist auf den Erziehungszweck des Fahrverbots abzustellen und der Umfang im Hinblick auf die betroffenen Fahrzeugarten hieran auszurichten (AG Lüdinghausen, Urteil vom 17.02.2014 – 19 OWi-89 Js 155/14-21/14 -; in: NZV 2014, 481).

– Das Doppelverwertungsverbot des § 46 III StGB gilt im Ordnungswidrigkeitenrecht auch bei der Entscheidung, ob von einem Regelsatz der BKatV abzuweichen ist, deshalb hindert eine Voreintragung, die nach BKatV eine erhöhte Dauer des Regelfahrverbots begründet, dessen Abkürzung wegen Existenzgefährdung nicht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.10.2013 – 5 Ss 337/13 -; in: NZV 2014, 535).

Von einen Regelfahrverbot kann unter Heraufsetzung der Geldbuße abgesehen werden, wenn der alleingeschäftsführende Gesellschafter einer GmbH die Fahrverbotsdauer nicht durch Fahrer aus dem Betrieb oder dritte Fahrer abwenden kann. (AG Lüdinghausen, Urteil vom 03.11.2014 – 19 Owi-89 Js 1403/14-131/14 -; in: NZV 10/2015, 512).

– Die in § 25 II StVG gesetzlich geregelte Dispositionsbefugnis eines Betroffenen lässt ein Fahrverbot dann nicht automatisch mit Eingang des Führerscheins bei der Vollstreckungsbehörde beginnen, wenn der Betroffene bei Versendung des Führerscheins ein konkretes Antrittsdatum bestimmt hat, welches innerhalb des in § 25 II StVG bestimmten Dispositionsrahmen (4 Monate ab Rechtskraft) liegt. Das so bestimmte Antrittsdatum ist dann für die Vollstreckungsbehörde bindend. (AG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.02.2015 – 973 Owi – 539 Js 27085/14 -; in: NZV 10/2015, 513).

Die in § 25 StVG gesetzlich geregelte Dispositionsbefugnis lässt ein Fahrverbot dann nicht automatisch mit Eingang des Führerscheins ein konkretes Antrittsdatum bestimmt hat, welches innerhalb des § 25 II StVG bestimmten Dispositionsrahmen (4 Monate ab Rechtskraft) liegt. Das so bestimmte Antrittsdatum ist dann für die Vollstreckungsbehörde bindend. (AG Bad Homburg, Beschluss vom 23.12.2014 – 7 a Owi 68/14 -; in: NZV 10/2015, 514).

1. Die Annahme eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes erfordert notwendige Angaben zur Geschwindigkeit des Betroffenen, mit der er sich der Lichtzeichenanlage näherte und zur Entfernung zur Haltelinie, von wo aus er das dem Rotlicht vorausgehende Gelblicht bemerkt hat. 2. Ist der Betr. Nicht mit überhöhter , sondern eher mit einer geringen Geschwindigkeit (der Sachverständige ist in dem zu entscheidenden Fall von einer mittleren Geschwindigkeit von nur 16,8 km/h ausgegangen) in den geschützten Bereich eingefahren, gab es keinen Fußgänger- und Fahrradverkehr (im zu entscheidenden Fall handelte es sich um eine Autobahnzufahrt ohne den typischen Kfz-Querverkehr), fehlt es an der besonderen Gefährdungslage, die bein einem qualifizierten Rotlichtverstoß üblicherweise das Verhängen eines Fahrverbots erforderlich macht. Wenn aber aus diesem Grunde ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme eines „atypischen Rotlichtverstoßes“ vorliegen, ist der Tatrichter nicht von der Prüfung entbunden, ob die Regelsanktion eines Fahrverbotes ausnahmsweise unangemessen erscheint. (KG, Beschluss vom 17.02.2015 – 3 Ws (B) 24/15 – 122 Ss 171/14 -; in: NZV 9/2016, 442).

– 1. Von der Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, das nachfolgende Fahrzeug sei auf der Beobachtungsstrecke gefahrvoll auf den Betroffenen aufgefahren, wenn dieser bereits zuvor den Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in pflichtwidriger Weise unterschritten hat (Fortführung von OLG Bamberg, NJW 2015, 1320 = DAR 2015, 396). 2. Der gegen die Anordnung eines Regelfhrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes vorgebrachte Einwand eines unerwarteten Spurwechsels des vorausfahrenden Fahrzeugs vor der Beobachtungsstrecke bei gleichzeitigem gefahrvollen Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs ist nur beachtlich, wenn es dem Betroffenen bis zur Messung weder möglich war, die durch das Ausscheren des vorausfahrenden Fahrzeugs geschaffene Lücke auf der benachbarten Fahrspur zu nutzen, noch durch behutsame Verringerung der eigenen Geschwindigkeit den Abstand zum Vordermann signifikant zu steigern. ( OLG Bamberg, Beschluss vom 17.09.2015 – 3 Ss Owi 1048/15 -; in: NZV 9/2016, 445).

Es erfolgt keine Addition der Regelfahrverbote, wenn der Tatrichter zwei Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung als erfüllt ansieht, die jeweils als Folge ein Regelfahrverbot vorsehen. (KG, Beschluss vom 12.12.2014 – 3 Ws (B) 601/14 – 122 Ss 143/14 -; in: NZV 11/2015, 566).

1. Ein angestellter Taxifahrer, der auf einen Führerschein beruflich angewiesen ist und diesen infolge mangelnder Verkehrsdisziplin leichtfertig riskiert, kann sich regelmäßig nicht auf das Angewiesensein berufen. 2. Im Rahmen der Prüfung eines Absehens vom Regelfahrverbot ist die Frage zu untersuchen, ob der Arbeitgeber von einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses Abstand nehmen würde, wenn der Betroffene die Dauer des Fahrverbotes durch eine Kombination von zweiwöchigem Urlaub und Beschaffung eines Ersatzfahrers auf eigene Kosten für die restliche Zeit überbrücken könnte. (KG, Beschluss vom 07.12.2015 – 162 Ss 122/15 -; in: NZV 11/2016).

Kein Absehen vom Fahrverbot bei einer Betroffenen mit zwei ausgeübten Berufen bei einem Familiennettoeinkommen von rund 5000 Euro, wenn weder Existenzgefährdung und noch Arbeitsplatzverlust konkret drohen. ( AG Lüdinghausen, Urteil vom 18.01.2016 – 19 OWI-89 Js 2283/15-214/15 -; in: NZV 11/2016, 537).

Fahreignungsregister/Verkehrszentralregister

– 1. Eine Voreintragung darf nur solange verwertet werden, wie sie nicht getilgt ist. Nach Tilgungsreife und während der Überliegefrist unterliegt die Voreintragung einem Verwertungsverbot. 2. Die Überliegefrist soll lediglich verhindern, dass eine Entscheidung aus dem Register gelöscht wird, obwohl eine weitere Entscheidung während der Überliegefrist ergangen, dem Verkehrszentralregister aber noch nicht übermittelt worden ist (OLG Hamm, Beschluss am 30.05.2006 – 3 Ss OWi 281/06 -, in: NZV 2006, 487).

– Die Überliegefrist des § 29 VII StVG verhindert nur die Löschung von Voreintragungen. Während der Überliegefrist besteht aber ein Verwertungsverbot (OLG Hamm, Beschluss vom 26.05.2006 – 2 Ss OWi 175/06 -, in: NZV 2007, 156).

– Die Verhängung eines Fahrverbotes aufgrund Beharrlichkeit gem. §§ 24, 25 I 1, 2. Alt. StVG erfordert, – um dem Rechtsbeschwerdegericht eine uneingeschränkte Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen – die Feststellung der Zeitpunkte der Tatbegehung der Voreintragungen sowie die konkrete Mitteilung des jeweiligen Verstoßes (z.B. Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung/Ausmaß der Abstandsunterschreitung) sowie die Mitteilung der konkreten Tatahndungen und des jeweiligen Rechtskrafteintrittes (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.03.2007 – 3 Ss OWi 334/07 -, in: NZV 2007, 534).

– Soweit § 4 V 1 StVG die Rechtsfolge der Punktestandsreduzierung auf 13 an das „Erreichen“ eines bestimmten Punktestands als den maßgeblichen Zeitpunkt für den Punkteabzug knüpft, ist nicht die Mitteilung nach § 4 VI StVG oder die Eintragung von Punkten entscheidend, sondern spätestens die Rechtskraft der zu Grunde liegenden Entscheidung (OVG Greifswald, Beschluss vom 28.12.2005 – 1 M 154/05 -, in: NJW 2006, 2569).

– Es erscheint ernstlich zweifelhaft, ob eine auf § 4 III 1 Nr. 3 StVG (18 Punkte) gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids noch rechtmäßig ist, wenn sich wegen zwischenzeitlich eingetretener Tilgungsreife der Punktestand auf weniger als 18 Punkte verringert hat (OVG Koblenz, Beschluss vom 19.07.2006 – 10 B 10750/06 -, in: NJW 2006, 2795).

– 1. Die in § 4 III 1 Nrn. 1 und 2 StVG bezeichneten Maßnahmen sind grundsätzlich auch dann (erneut) zu ergreifen, wenn sich die relevanten Punkteschwellen zum wiederholten Mal ergeben. Ausnahmsweise bedarf es keiner erneuten Anwendung des Maßnahmenkatalogs, wenn ein Punkteabzug „von oben“ – durch Tilgung oder Bonuspunkte – eintritt. 2. Für die Rechtsfolgen, die § 4 III und V StVG an das Erreichen oder Überschreiten der Punkteschwellen knüpft, kommt es auf den Tag der Begehung der zu bewertenden Taten an (sog. Tattagsprinzip) (OVG Bautzen, Beschluss vom 15.08.2006 – 3 BS 241/05 -, in: NJW 2007, 168).

– Eine auf § 4 III Nr. 2 StVG gestützte Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde, an einem Aufbauseminar teilzunehmen, ist nur rechtmäßig, wenn im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ein Punktestand zwischen 14 und 17 Punkten im Verkehrszentralregister eingetragen ist. Reduzierungen des Punktestandes, die während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, berühren die Rechtsmäßigkeit der behördlichen Anordnung (OVG Bremen, Beschluss vom 29.06.2006 – 1 B 167/06 -, in: NJW-aktuell 4/2007, XIV; NJW 2007, 394).

– Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs können sich aus der erheblichen oder wiederholten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergeben. Die Fahrerlaubnisbehörde kann in einem solchen Fall gem. § 11 III 1 Nr. 4 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen, auch wenn die Verkehrsverstöße mit (nur) sieben Punkten im Verkehrszentralregister eingetragen sind und deshalb Maßnahmen nach dem Punktsystem des § 4 III StVG (noch) nicht ergriffen werden können (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.11.2006 – 12 ME 354/06 -, in: NJW 2007, 313; NZV 2007, 327).

– Für das Erreichen eines bestimmten Punktestands im Rahmen des Punktsystems des § 4 StVG kommt es generell nicht auf den Zeitpunkt der Begehung des jeweiligen Verkehrsverstoßes, sondern auf den Eintritt der Rechtskraft seiner Ahndung an (OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.01.2007 – 12 ME 384/06 -, in: NJW-aktuell 13/2007, XII; NZV-aktuell 4/2007, VI; NJW 2007, 1300; NZV 2007, 265).

– Die Unterrichtung nach § 4 III 1 Nr. 1 StVG entfaltet im Hinblick auf den darin mitgeteilten Punktestand keine Bindungswirkung für nachfolgende Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde (BVerwG, Beschluss vom 15.12.2006 – 3 B 49/06 – (VGH Mannheim), in: NJW 2007, 1299).

– 1. Weder § 4 StVG noch § 41 FeV ist eine Anspruchsgrundlage auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts in Bezug auf den Punktestand eines Fahrerlaubnisinhabers oder in Bezug auf einen Teilaspekt, wie zum Beispiel den mit dem Besuch eines Aufbauseminars nach § 4 IV 1 StVG verbundenen Punkteabzug, zu entnehmen. 2. Im Bereich des § 4 StVG sind Feststellungsklagen eines Fahrerlaubnisinhabers auf verbindliche Feststellung seines Punktestands wegen der Möglichkeit des nachträglichen Rechtsschutzes gegen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 III 1 StVG und des danach fehlenden Feststellungsinteresses regelmäßig ausgeschlossen (VGH Mannheim, Urteil vom 09.01.2007 – 10 S 1386/06 -, in: NJW 2007, 1706).

– Für die Frage, zu welchem Zeitpunkt sich Punkte i.S. von § 4 III 1 Nrn. 1 bis 3 StVG „ergeben“ haben bzw. ein bestimmter Punktestand i.S. von § 4 V StVG „erreicht“ ist, kommt es nicht auf den Tag an, an dem die jeweilige Verkehrsübertretung begangen worden ist; entscheidend ist nach der Gesetzessystematik vielmehr grundsätzlich der Eintritt der Rechtskraft der die Verkehrsverstöße ahndenden behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen. Sinn und Zweck des Punktesystems erfordern es, dass die von der Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 III StVG zu treffenden Maßnahmen den Betroffenen erreichen und er sein Verkehrsverhalten entsprechend ausrichten kann, bevor er einen Verkehrsverstoß begangen hat, mit dem er auf Grund der Punktebewertung die nächste Stufe des Maßnahmekatalogs erreicht. Um dies sicherzustellen, muss für das „Sich-Ergeben“ oder „Erreichen“ eines Punktestandes ausnahmsweise auf den Tattag abgestellt werden. Die Herabstufung gemäß § 4 V StVG hat gegebenenfalls wiederholt zu erfolgen, bis die Fahrerlaubnisbehörde die auf der jeweils vorhergehenden Stufe erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Betroffenen ergriffen hat (OVG Münster, Beschluss vom 09.02.2007 – 16 B 2174/06 -, in: NJW-aktuell 21/2007, XII; NJW 2007, 1768).

– 1. Die Punktereduktion des § 4 V StVG hat – im Gegensatz zum Punkteabzug nach § 4 IV StVG – keine der Eigenschaften oder Voraussetzungen eines Rabatts, sondern soll sicherstellen, dass der Betroffene alle Chancen und Hilfestellungen des Punktsystems wahrnehmen kann, um aufgetretene Eignungsmängel zu beseitigen und seinen Punktestand zu reduzieren. 2. Das Verwertungsverbot des § 29 VIII 1 StVG hat zur Folge, dass die tilgungsreifen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die nach § 4 II 1 StVG für die Anwendung des Punktsystems im Verkehrszentralregister erfasst und bewertet sind, keine Punkte mehr ergeben; nach Tilgungsreife dürfen mit Punkten belastete Entscheidungen nicht mehr berücksichtigt werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.07.2007 – 5 S 13/07 -, in: NZV-aktuell 2007, VIII; NZV 2007, 645).

– Sind die im Verkehrszentralregister eingetragenen Punkte gemäß § 4 V 2 StVG auf 17 zu reduzieren, kann bei hinreichend begründeten Eignungszweifeln vom Fahrerlaubnisinhaber die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert werden. Will die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis ohne vorherige Gutachtenanforderung entziehen, fordert dies eine sorgfältige Würdigung der Umstände des Einzelfalls (OVG NRW, Beschluss vom 02.08.2007 – 16 B 1071/07 -, in: NZV-aktuell 2007, VIII; NZV 2007, 590).

– Die Unterrichtung nach § 4 III 1 Nr. 1 StVG entfaltet im Hinblick auf den darin mitgeteilten Punktestand keine Bindungswirkung für nachfolgende Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde (BVerwG, Beschluss vom 15.12.2006 – 3 B 49/06 – (VGH Mannheim), in: NZV 2007, 486).

– Die nach Eintritt der Tilgungsreife einer im Verkehrszentralregister verzeichneten punktebewehrten Ordnungswidrigkeit einsetzende sog. Überliegefrist nach § 29 VII 1 StVG hat ausschließlich die Funktion, eine Tilgungshemmung (§ 29 VI 1 u. 2 StVG) auch dann zu ermöglichen, wenn vor dem Eintritt der Tilgungsreife eine neue Verkehrsübertretung begangen, diese aber erst nach dem Eintritt der Tilgungsreife, aber vor dem Ablauf der Überliegefrist, rechtskräftig geahndet worden ist. Daher steht § 29 VII 1 StVG der sofortigen Löschung nicht entgegen, wenn die Tilgung ohne Rücksicht auf etwaige Neueintragungen wegen des Ablaufs der „absoluten“ Tilgungsfrist nach § 29 VI 4 StVG (Fünfjahresfrist für Ordnungswidrigkeiten) eintritt (OVG NRW, Beschluss vom 24.05.2007 – 16 B 377/07 -, in: NZV 2007, 486).

– Wird der TÜV-Prüftermin um bis zu zwei Monate überschritten, dann ist ein Bußgeld fällig, bei Überschreitung des Termins um mehr als zwei Monate, erfolgt überdies die Eintragung von zwei Punkten in das Verkehrszentralregister.

– Die in § 4 III 1 Nrn. 1 und 2 StVG bestimmten Maßnahmen sind erneut zu ergreifen, wenn sich die vorausgesetzten Punktstände zum wiederholten Mal durch das Hinzutreten weiterer Punkte ergeben. Werden die maßgeblichen Punktestände dagegen „von oben“ durch einen Abbau von Punkten infolge Tilgung oder gem. § 4 IV StVG abermals erreicht, bedarf es keiner erneuten Durchführung der Maßnahme auf der betreffenden Stufe. Im Falle einer Reduzierung des Punktestands gem. § 4 V StVG wird das Versäumnis der Fahrerlaubnisbehörde jedenfalls dann durch die Rückführung des Punktestands ausgeglichen – mit der Folge keiner weiteren Punktereduzierung nach dieser Bestimmung bei erneutem Punkteanstieg -, wenn lediglich die wegen eines „Punkterabatts“ gem. § 4 IV StVG oder der zwischenzeitlichen Tilgung einzelner Eintragungen erneut notwendige Maßnahme unterblieb. Die Frage, ob im Rahmen des § 4 III bis V StVG das so genannte Tattagprinzip oder das so genannte Rechtskraftprinzip gilt, bedarf noch keiner abschließenden Entscheidung (OVG Koblenz, Beschluss vom 15.04.2008 – 10 B 10206/08 -; in: NJW-aktuell 25/2008, XII und NZV 2009, 100).

– 1. Gegen die in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft gem. § 13 b II 2 StVZO an das Kraftfahrt-Bundesamt enthaltene Punktbewertung ist – nach vorangegangenem Beschwerdeverfahren – der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG eröffnet. 2. Sieht der Amtsrichter gem. § 77 b I OWiG von einer schriftlichen Urteilsbegründung ab, so sind, auch wenn die erkannte Geldbuße hinter der im Bußgeldbescheid festgesetzten zurückbleibt, für die Mitteilung an das Kraftfahrt-Bundesamt und die Bewertung des Vorfalls mit Punkten die Feststellungen im Bußgeldbescheid maßgebend. Eine hiervon abweichende Tatbestimmung ist nicht möglich (OLG Hamm, Beschluss vom 10.07.2007 – 1 VAs 48/07 -; in: NZV 2008, 365).

– Hat der Inhaber einer Fahrerlaubnis einen Punktestand erreicht, der nach § 4 III 1 Nr. 3 StVG die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Folge hat, ist eine danach eintretende Tilgung von Punkten im Verkehrszentralregister für die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung ohne Bedeutung (BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 – 3 C 21/07 (VG Karlsruhe)-; in: NJW-aktuell 4/2009, X und NJW 2009, 610).

– Die Maßnahmen, die die Fahrerlaubnisbehörden nach $ 4 III StVG beim Erreichen der dort genannten Punktezahlen zu treffen haben, setzen rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraus. Bei der Ermittlung des für einen Punktabzug und dessen Umfang nach § 4 IV StVG maßgeblichen Punktestands sind die Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die im Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung für das Aufbauseminar begangen waren, auch wenn sie erst später rechtskräftig geahndet wurden (so genanntes Tattagsprinzip) (BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 – 3 C 3/07 (VGH Mannheim) -; in: NJW 2009, 612 und NZV 2009, 96).

– Die Maßnahmen, die die Fahrerlaubnisbehörden nach § 4 III StVG beim Erreichen der dort genannten Punktezahlen zu treffen haben, setzen rechtkräftig geahndete Verkehrsverstöße voraus. Bei der Ermittlung des für einen Punkteabzug und dessen Umfang nach § 4 IV StVG maßgeblichen Punktestands sind die Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die im Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung für das Aufbauseminar begangen waren, auch wenn sie erst später rechtskräftig geahndet wurden (so genanntes Tattagsprinzip) (BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 – 3 C 3/07 -; in: NZV-aktuell 2/2009, VI).

– 1. Die Fahrerlaubnis ist im Rahmen des Punktesystems auch dann nicht nach § 4 III 1 Nr. 3 (i. V. m. § 3 I 1 StVG und § 46 I FeV), sondern nach § 4 VII 1 StVG zu entziehen, wenn der Punktestand des Betroffenen nach der Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar auf 18 oder mehr steigt. 2. Zum bestandskraftfähigen Inhalt einer Ordnungsverfügung, mit der im Rahmen des Punktesystems die Fahrerlaubnis entzogen wird, gehört auch die Angebe der Rechtsgrundlage für die Entziehung (KG, Beschluss vom 26.2.2009 – 16 B 1462/08 -; in: NZV aktuell 5/2009, VI).

– Eintragungen im Verkehrszentralregister, die gem. § 29 I Nr. 2 lit. a i. V. mit Nr. 3 StVG einer Tilgungsfrist von zehn Jahren unterliegen, dürfen gem. § 29 VIII 1 und 2 StVG bereits nach Ablauf einer fünfjährigen Tilgungsfrist in einem Bußgeldverfahren wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei der Rechtsfolgenentscheidung nicht mehr verwertet wird (KG, Beschluss vom 29.05.2008 – 3 WS (B) 106/08 -; in: NJW 2009, 1015).

– 1. Voreintragungen im Verkehrszentralregister unterliegen einem Verwertungsverbot, wenn zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils Tilgungsreife eingetreten ist. 2. Die Tilgungsfristen – insbesondere die absolute Frist des § 29 VI 4 StVG von 5 Jahren – sind von Amts wegen zu beachten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.11.2010 – IV-4 RBs 180/10 -; in: NZV 2011, 316).

– Die Ablehnung der Erteilung einer Fahrerlaubnis führt nicht zur Löschung von Punkten im Verkehrszentralregister in entsprechender Anwendung von § 4 II 3 StVG (BVerwG, Urteil vom 27.09.2012 – 3 C 33/11 -; in: NZV 2013, 206).

– Bei der Berechnung der Zwei-Jahres-Frist des § 25 IIa StVG dürfen tilgungsreife, noch nicht gelöschte Voreintragungen nicht berücksichtigt werden (OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2013 – 322 SsBs 54/13 -; in: NZV 2013, 352).

– 1. Rechtskräfige Bußgeldbescheide entfalten im Rahmen des Punktsystems nach § 4 StVG Bindungswirkung für die Fahrerlaubnisbehörden in gleicher Weise wie gerichtliche Entscheidungen auch dann, wenn sie selbst keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen wurden. Die Bindung besteht grundsätzlich unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit des Bußgeldbescheids; ob sie bei evidenter Unrichtigkeit entfallen kann, bleibt offen. 2. Das Suspensivinteresse des Fahrerlaubnisinhabers überwiegt nicht schon deshalb, weil die Erreichung von 18 Punkten überwiegnd aus Parkverstößen resultiert (VGH Mannheim, Beschluss vom 04.11.2013 – 10 S 1933/13 -; in: NZV 2014, 143).

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